Auf das umstrittene Format «Villa Germania» folgte bei RTL II im Juli der «Jugendknast». Produziert von AZ Media TV wartete das Format zwar Unterhaltung im typischen Senderstil auf, umschiffte allzu tiefe Niveauabgründe aber gekonnt. Gedreht im Jugendgefängnis in Regis-Breitingen, in dem rund 370 junge Männer einsitzen, wurden sowohl die Insassen und ihre oft lange Liste an Verbrechen vorgestellt, als auch das alltägliche wie unvorhersehbare Geschehen hinter schwedischen Gardinen. Haben die Zuschauer die Sendung angenommen, die zwischen Heroisierung ihrer Protagonisten und dem Abschreckungseffekt schwankte – oder bot der «Jugendknast» den potentiell Interessierten zu wenig Zündstoff?
Der «Jugendknast» wurde von RTL II auf dem Mittwochssendeplatz um 22.10 Uhr programmiert – ab Folge drei wurde die Ausstrahlung um fünf Minuten nach hinten verlegt und statt wie zuvor 50 Minuten eine volle Stunde gesendet. Die Premiere am 25. Juli erreichte im Gesamtpublikum hervorragende 1,07 Millionen Zuschauer und 5,0 Prozent. Auch die junge Zielgruppe zwischen 14- und 49-Jährige wurde von der Sendung angesprochen. Hier generierten 0,70 Millionen Interessierte 7,6 Prozent Marktanteil.
Mit der zweiten Episode am 1. August ging die absolute Zahl der Zuschauer um 0,7 Prozentpunkte zurück. Weiterhin verfolgt wurde der «Jugendknast» von 0,88 Millionen und 4,3 Prozent insgesamt. Bei den Werberelevanten war der zu verzeichnende Rückgang weniger ausgeprägt – offensichtlich interessierte sich die junge Zielgruppe mehr für ihre Altersgenossen hinter Gittern, als das beim älteren Publikum der Fall war. Nur 40.000 weniger schalteten ein, übrig blieben 0,66 Millionen, die mit 7,7 Prozent Marktanteil RTL II sogar ein besseres Resultat einbrachten, als die Eröffnungsfolge. Tatsächlich sollte letzterer Wert nicht noch einmal überboten werden, alle anderen gemessenen Kennzahlen erreichten ihren Höhepunkt schon beim Start des Formats.
Die anschließend am 8. und 15. August gezeigten Folgen liefen unter schlechten Voraussetzungen – parallel zur Ausstrahlung des Gefängnisformats kämpften während der dritten Folge die Athleten der Olympischen Spiele in den Arenen Londons, zur vierten Episode kickte die deutsche Fußball-Nationalmannschaft in einem Freundschaftsspiel gegen Argentinien. Beide Gegenprogramme sorgten bei ARD und ZDF für astronomische Quoten, die dem «Jugendknast» Zuschauer entzogen. So wurden nur 0,74 und 0,71 Millionen insgesamt erreicht, woraus 3,3 und 3,4 Prozent resultierten und damit Werte unter dem Senderschnitt von RTL II. Den erreichten auch die 14- bis 49-Jährigen nicht, von denen nur 0,52 und 0,50 Millionen den RTL-Tochtersender für ihre Abendunterhaltung wählten und für magere 5,5 und 5,7 Prozent Marktanteil sorgten.
So befand sich die Sendung zum Zeitpunkt der letzten beiden Ausstrahlungstermine, ohne erdrückende Konkurrenz von Seiten der Öffentlich-Rechtlichen, auch wieder deutlich im Aufwind. Am 22. August fanden sich 0,85 Millionen und 4,4 Prozent aller Fernsehenden ein, um die Aktivitäten der jungen Sträflinge zu verfolgen. Auch bei den Jungen wurden wieder Werte erzielt, die fast an die zwei Folgen zu Beginn herankamen. 7,2 Prozent der jugendlichen Fernsehzuschauer verfolgten an diesem Abend RTL II, in absoluten Zahlen saßen 0,63 Millionen Werberelevante vor der Mattscheibe um den «Jugendknast» anzusehen.
Das gute Gesamtergebnis mit Erfolg abrunden konnte die finale Folge, die, bezogen auf alle Zuschauer, sogar den zweitbesten Wert der gesamten Staffel einfuhr. Jedoch bedeuteten an diesem Abend 0,93 Millionen aus dem Gesamtpublikum „nur“ 4,1 Prozent Marktanteil. Gleichermaßen im Soll war die Doku-Soap bei der Riege der zielgruppenrelevanten Zuschauer. Von ihnen schalteten 0,63 Millionen und 6,7 Prozent ein.
Die durchschnittlichen Einschaltquoten sprechen eindeutig von einem Erfolg. Im Schnitt wurden 0,86 Millionen und 4,1 Prozent aller Fernsehenden angesprochen, bei den 14- bis 49-Jährigen waren es 0,60 Millionen und 6,7 Prozent. Den Senderschnitt von 3,8 Prozent beim Gesamtpublikum übertraf der «Jugendknast», deutlicher noch lag die Sendung über dem Üblichen im Bereich der werberelevanten Zielgruppe von 5,9 Prozent. Bedenkt man, dass den Ausstrahlungen am 8. und 15. August „unverschuldet“ durch die Olympischen Spiele bzw. den Fußball Zuschauer abhanden gekommen waren, fällt das Urteil sogar noch positiver aus. Aus Sicht der Verantwortlichen beim Sender dürfte einer Fortsetzung nichts im Wege stehen – wie die zuständigen Behörden der Justizvollzugsanstalt das sehen, ist natürlich nicht bekannt.