Herr Joha, RTL hat vor Kurzem gleich zwei neue action concept-Formate vorgestellt, dazu kommt bei RTL II nun das schon vor einiger Zeit abgedrehte «MEK 8» und eine neue «Alarm für Cobra 11»-Staffel. In welchem Projekt steckt besonders viel Herzblut?
Natürlich in «Alarm für Cobra 11», das ich damals ja selbst mit aus der Taufe gehoben habe. Logisch, dass ich daher auch heute noch die engste Verbindung dazu habe, weil das auch die Serie ist, die uns eben seit über 16 Jahren begleitet. Aber ich muss auch sagen, dass mich der Ableger «Turbo und Tacho» derzeit sehr erfreut. Axel Stein und Daniel Roesner haben in diesem wirklich gelungenen Film so viel Spielspaß – ohnehin hat das Publikum auf ihre zwei Auftritte in «Cobra 11» schon positiv reagiert. Also das ist schon auch eines meiner Lieblingsprojekte aktuell. Darüber hinaus ist in den kommenden zwei Jahren einiges von uns zu erwarten.
Nämlich?
Wir arbeiten gerade an zehn Serienentwürfen. Da wird es gewaltig rauschen. Natürlich dauert das noch ein bis zwei Jahre. Du hast ein dutzend Ideen für ein Format, schmeißt davon eine Vielzahl im Laufe einer Entwicklung wieder weg. Viele Leute haben gar keine Vorstellung, wie lang eine Entwicklung einer Serie von der ersten Idee bis zum Piloten wirklich dauert.
Das klingt vielversprechend. Lassen Sie uns aber zunächst über «Cobra 11» sprechen. Sie lassen Oliver Pochers Figur sterben …
Ja, nach bereits drei Auftritten haben wir den Autoren in die Wiege gelegt, da ein Ende zu finden. «Cobra 11» macht Comic-Reality und ich glaube mit der Figur von Oliver Pocher haben wir alles erzählt, was es zu erzählen gab. Ich finde es gut, dass diese Storyline nun in diesem Herbst ihr Ende finden wird.
Ein Ende gefunden hat auch die Figur Hotte – fast von Anfang an dabei starb sie kürzlich den Serientod. Haben Ihnen die Fans das übel genommen?
Sie waren traurig und enttäuscht, aber es gab keinen Aufschrei. Wir wussten einfach, dass Hotte gesundheitlich nicht mehr in der Lage war, in einer Action-Serie mitzuspielen. Wir sind da an die Grenzen der Verantwortbarkeit gestoßen. Aber die Entscheidung fiel uns sehr schwer. Ich habe sie, glaube ich, fünfmal nach hinten verschoben.
Sprechen wir über die Quoten: Die 26. Ausstrahlungsstaffel kam auf 22 Prozent Marktanteil, die 29. noch auf 17,6 Prozent. Ihr Statement zu diesen Werten?
Das liegt an der Fragmentierung des Fernsehens. Die Tatsache, dass es immer mehr digitale Sender gibt, geht an keiner Serie – übrigens auf der ganzen Welt – spurlos vorbei. Die 22 Prozent Marktanteil entstanden zudem zu einer Zeit, in der RTL einen absoluten Hype hatte. Schauen Sie sich doch einmal an, wie sich die Reichweiten in Amerika entwickeln. Die sind rückläufig und zwar deutlicher als hier in Deutschland. Wir müssen uns aber darauf einstellen, dass es bald eine Seltenheit sein wird, wenn ein Format auf über 20 Prozent Marktanteil kommt. Und dann muss man auch das Programm anschauen, gegen das «Cobra 11» sendet: Live-Fußball läuft mittlerweile bei kabel eins – das wäre früher undenkbar gewesen. ARD, ZDF und VOX senden Blockbuster gegen uns – ProSieben starke Casting-Shows.
Was erwartet die Zuschauer in der neuen Staffel?
Die neue HD-Technik bietet uns unglaubliche Möglichkeiten auch in der Nachbearbeitung – da werden die Zuschauer viel Freude daran haben. Wir haben in der Kölner Innenstadt mit einem Heli gedreht, haben ihn direkt vor den Kölner Dom fliegen lassen. Die Szene, die entstanden ist, hat es in dieser Form weltweit noch nie gegeben. Gefilmt mit den besten HD-Kameras, die absolute Kino-Optik erzeugen. Die Tatsache, dass wir wirklich direkt vor dem Dom drehen konnten, ist auch unserem guten Kontakt zu den Behörden zu verdanken. Wir haben noch nie etwas in Schutt und Asche gelegt, das wir nicht auch kaputt machen wollten: Dann haben wir mit Ralf Moeller einen richtig guten Gastdarsteller, der meiner Meinung nach den Action-Größen wie Schwarzenegger und Co. in Nichts nachsteht.
Im Oktober startet RTL nun «The Transporter»: Kennen Sie schon erste Ausschnitte und freuen Sie sich auf das Format? Mehr Action schadet dem deutschen TV sicherlich nicht.
Konkurrenz belebt das Geschäft. Aber nein, ich kenne noch nichts daraus. Ich weiß, dass der Start der Serie mehrfach verschoben wurde, weil sich der Hauptdarsteller beim Dreh verletzt hatte. Trailer habe ich gesehen – sie machen mich neugierig, was die Macher mit dem großen Budget, das zur Verfügung stand, auf die Beine gestellt haben.
Sie haben erstmal den «Mallorca-Detektiv» auf die Beine gestellt. Die Balearen boomen derzeit im deutschen Fernsehen. Macht das Drehen dort einfach mehr Spaß?
Ja, das ist natürlich schon ein Grund, wenngleich nicht der Einzige. Unsere Producer sagen immer, "Deutschlands bleiche Flöte" – auf Mallorca sind ganz andere Bilder möglich. «CSI: Miami» lebt hauptsächlich von diesen Aufnahmen – und die sind eben auch auf Mallorca möglich. Was die Bilder von dort hergeben, ist schon gewaltig. Zudem waren mehr als die Hälfte aller Deutschen schon auf Mallorca, nicht umsonst gilt die Insel ja als unser 17. Bundesland. Was wir dort gemacht haben, ist wirklich pures Entertainment. Wir haben eine Komödie gedreht, die wirklich gut funktioniert. In manchen Komödien kommen die Gags auf dem Schirm nicht so herüber, wie sie vorher auf dem Papier funktioniert haben. Ich meine, dass das bei uns nun anders ist.
In der Hauptrolle ist Tobias Licht zu sehen. Ich kenne ihn hauptsächlich aus «Alles was zählt». Er war danach dann in RTL-Piloten dabei, die aber nicht in Serie gingen. Ist er einer der Schauspieler, die zum einen unterschätzt werden und zum anderen auch mal gern durchs Raster fallen?
So sehe ich das auch. Ich ziehe den Hut vor seiner Leistung in unserem Film. Wir hatten fünf Castings dazu – und er hat sich dort schon durch alle durchgebissen und jeden – von Anke Schäferkordt bis zu Hermann Joha – komplett überzeugt. Auch die bei uns für den Film verantwortlichen Stefan Retzbach und Heinz Dietz waren begeistert. Für mich war Tobias Licht immer die klare Nummer 1 für diese Rolle.
Vielleicht die Möglichkeit für einen Karrieresprung.
Die Menschen werden weiter in ihren Rastern denken. Schauen Sie mal uns an: Seit 20 Jahren erkläre ich Filmkritikern, dass sie uns mit falschen Augen sehen. Aber du kriegst das nicht in deren Birnen rein. Wer abends gerne ins Theater oder in der Oper geht, der ist der Liebling des Feuilletons. Was ist aber mit dem, der auf dem Rummel Spaß hat? Der erhält nicht die Bedeutung des Feuilletons. Wir sind auf dem Rummel unterwegs. Der Rummel macht unglaublich viel Spaß, aber im Grunde genommen ist dort kaum etwas wirklich logisch. Wir stehen für Entertainment.
Sprechen wir bitte noch kurz über das schon vor einer gefühlten Ewigkeit gedrehte und nun endlich gestartete «MEK 8»: RTL II zeigt es samstags um 23.00 Uhr. Sind Sie enttäuscht was den Slot angeht?
Programmdirektor Holger Andersen hat RTL II toll nach vorne gebracht – allen voran ist hier natürlich «Berlin – Tag & Nacht» zu nennen. Als wir den Auftrag für «MEK 8» bekamen, war Andersen noch in einer Orientierungsphase. Er hat sich dann für die „It’s Fun“-Ausrichtung entschieden und schon diese passt ja nicht 100 Prozent zu «MEK 8». Jetzt ist unser Format im August samstags um 23.00 Uhr gestartet und musste zur Premiere gegen einen ARD-Boxkampf antreten, der 17 Prozent geholt hat. Da kannst du auf kaum mehr als vier Prozent kommen. Ich glaube auch, dass unsere Serie nicht wirklich zum Vorlauf passt. «Zugriff» ist Scripted Reality, wir sind günstig produzierte Fiction. Und mit Fiction kannst du am Samstag um 23.00 Uhr nicht mehr so viel reißen.
Wie war Ihr Eindruck von «Zugriff», hinter dem übrigens der ehemalige Sat.1-Talker Franklin steht?
Es passt gut zu RTL II, das nun ja hauptsächlich auf Formate vom Schlage «Berlin – Tag & Nacht» setzt. «Zugriff» ist so eine Art bebildertes Hörspiel. Es ist bei Weitem kein Schrott, sondern eigentlich gut gemacht. Der liebe Herr Franklin kann sich auf die Schulter klopfen, die Sendung ist zudem unglaublich günstig zu produzieren. Du siehst ja in aller Regel auf den Bildern nicht einmal etwas. Die Kameras wühlen sich durch den Rauch und die Dunkelheit, dazu wird dir aus dem Off erklärt, was du eben nicht siehst. Im Hintergrund ist High-Score-schwere Musik zu hören, die auch bei absoluten Action-Krachern in Hollywood eingesetzt wird. Dass so etwas beim Publikum ankommt, zeigen ja auch die halbdokumentarischen Scripted-Reality-Fictiongeschichten auf anderen Sendern.
Noch mal zu «MEK 8»: Hat da vielleicht auch ein bisschen die Werbung gefehlt?
Wie gesagt, ich glaube, dass das nicht ganz so einfach ist. RTL II will jetzt eher auf Sendungen im Stile von «Berlin» setzen. Aber «MEK 8» liefert in den kommenden Wochen noch wirklich tolle Geschichten und ich bin gespannt, wie wir uns schlagen, wenn wir mal nicht gegen Boxen antreten müssen.
Vielen Dank, Herr Joha.