Story
Ein verzweifelter Anruf alarmiert den Kieler Polizeinotruf: "Er ist in meiner Wohnung. Er kommt einfach durch die Wand". Doch für Carmen Kessler kommt jede Hilfe zu spät. Die junge Frau wird vom Sondereinsatzkommando in ihrer Wohnung brutal ermordet aufgefunden. Kommissar Borowski und seine Kollegin Sarah Brandt stehen vor einem Rätsel: Obwohl die Wohnungstür verriegelt ist und der Täter keinerlei Spuren am Tatort hinterlassen hat, scheint der Mörder bei dem Opfer ein- und ausgegangen zu sein. Er hat heimlich bei ihr gewohnt, ihr anonyme Geschenke gemacht und jede Gewohnheit seines Opfers studiert.
Für Kommissar Borowski beginnt ein nervenaufreibendes Katz-und-Maus-Spiel. Der stille Gast ist unauffindbar und er hat bereits das nächste Opfer im Visier: Sarah Brandt.
Darsteller
Axel Milberg («Doktor Martin») als Klaus Borowski
Sibel Kekilli («Game of Thrones») als Sarah Brandt
Thomas Kügel («Der Dicke») als Roland Schladitz
Jan Peter Heyne («Da kommt Kalle») als Ernst Klee
Samuel Finzi («Flemming») als Dr. Stormann
Lars Eidinger («Hell») als Kai Korthals
Peri Baumeister («Russendisko») als Roswitha
Kritik
Nach der dynamisch erzählten und schnell geschnitten Stürmung der Wohnung, aus der das erste Opfer des durchgeknallten Triebtäters noch einen letzten Hilferuf absenden konnte, kommt schon die erste Zäsur. Klaus Borowski fährt in seinem alten, klapperigen VW, dessen Innenspiegel er in der Hand hält, zum Tatort. Langsam, bieder, unspektakulär. Das ist zwar durchaus kontrastreich – doch es ist eben kontrastreich, um kontrastreich zu sein.
Genauso geht es dann die nächsten eineinhalb Stunden auch weiter: langsam, bieder, unspektakulär. Drehbuchautor Sascha Arango hat sich, wie in allen Borowski-«Tatorten», die er bisher verantwortet hat, dazu entschlossen, dem Zuschauer die Identität des Täters schon sehr früh im Filmverlauf preis zu geben. Das bringt es trivialerweise mit sich, dass der Spannungsbogen ein anderer sein muss als ein schnödes Whodunnit, und außerdem noch der Anspruch im Raum steht, ein tiefgreifendes und differenziertes Psychogramm des Täters entwerfen zu wollen.
Doch zumindest letzteres gelingt allenfalls bedingt. Zu berechnet wirkt der ganze Figurenaufbau, an manchen Stellen wird es fast schon lachhaft. Der betreffende Protagonist besteht aus wenig mehr als den üblichen Klischees, die die öffentlich-rechtliche Krimidramaturgie seit Jahrzehnten abgrast, und bietet somit wenig Neuerung oder Variation, wodurch das Resultat leider sehr platt wirkt. Verhältnismäßig albern fällt die Wirkung auch bei den diversen Traumsequenzen aus, die durch die sonderbare Ästhetik von Regisseur Christian Alvart somit nicht nur narrativ aus dem Gesamtkonstrukt reißen.
Insgesamt sind es vor allem die kleinen Dinge, die überdreht wirken. Etwa wenn Borowskis uraltes Auto mitten auf der Straße dampfend den Dienst quittiert, Borowski daraufhin aussteigt und mit seiner Pistole auf das Wrack seines Wagens feuert. Oder wenn er in einer kleinen Szene ausrasten darf, um eine Sackladung Charakterentwicklung zu platzieren, was sich nicht sonderlich passend in das Gesamtgebilde einfügt.
«Tatort: Borowski und der stille Gast» hat als Basis eine hoch spannende und dabei unheimlich gruselige Grundidee: die, dass ein fremder Irrer in der eigenen Wohnung ein- und ausgeht und sich am Leben anderer Leute aufgeilt, bevor er sie ermordet. Doch der «Tatort» am Sonntag macht aus dieser Prämisse leider nicht viel, sondern bleibt im recht behäbigen Borowski-Stil stecken, der der grundsätzlichen Erzählsituation nicht gerecht zu werden vermag.
Das Erste strahlt «Tatort: Borowski und der stille Gast» am Sonntag, den 9. September 2012, um 20.15 Uhr aus.