Seit 2005 stellt die mit mehreren Golden Globes prämierte US-Serie «Desperate Housewives» eines der Flaggschiffe von ProSieben dar. Mit der achten Staffel kommen die Drama, schwarzen Humor, seifenoperartige Romanzen und Kriminalgeschichten vereinenden Erzählungen aus der fiktiven Vorstadt Fairview zu einem Ende – welchem ProSieben hurtig entgegen schreitet. Startete der Sender am 29. August in die zweite Hälfte der Finalstaffel, steht bereits am 26. September die abschließende Doppelfolge auf dem Programm. Ein Blick auf die Quoten macht klar, weshalb ProSieben den Abschied von diesem Aushängeschild nicht weiter in die Länge zieht, sondern durch die Ausstrahlung von Doppelfolgen schnell hinter sich bringt: Was anfangs ein Massenphänomen geworden ist, lebt mittlerweile nur noch von einer überschaubaren Fangemeinde. Am 29. August holten die ersten Neuausstrahlungen seit der ausführlichen Sommerpause bloß Marktanteile im Bereich des Senderschnitts. 5,4 bis 6,2 Prozent bei allen Fernsehenden und 11,3 respektive 12,4 Prozent in der Zielgruppe lassen wahrlich keinen einstigen Übererfolg vermuten.
Dabei waren die Zahlen einst so überragend. Von einem aus den USA geschwappten, enormen Hype begleitet, erzielte die Serienpremiere am 12. April noch fantastische 10,9 Prozent bei den Zuschauern ab drei Jahren. Bei den Werberelevanten kratzte die von Marc Cherry erdachte Serie (damals noch dienstags um 21.15 Uhr) mit 19,9 Prozent an der 20-Prozent-Marke, die im Seriensegment sonst nur für große Erfolge des Marktführers RTL reserviert ist. War gleich zu Beginn mit 3,61 Millionen Menschen die höchste Gesamtreichweite erreicht, die der Serie bislang beschieden war, so gelang den verzweifelten Hausfrauen, wovon viele andere ProSieben-Serien nur träumen können – die Marktanteile sollten nach der Premiere noch ansteigen. Das Staffelhoch lag bei 12,1 Prozent insgesamt und 22,9 Prozent bei den Umworbenen. Sicherlich waren das Zuschauer- und Kritikerlob daran nicht unbeteiligt, bot die erste Staffel doch noch einen satirisch-pointierten sowie teils zynischen Blick hinter die strahlende Fassade des Spießbürgertums, der dank eines ausgefeilten roten Fadens Woche für Woche wieder zum Einschalten verführte.
Die zweite Staffel startete in Deutschland rund zehn Monate nach Beendigung der hoch gelobten ersten Season, hinzu kamen schwer enttäuschte Reviews aus den Staaten, die zumindest bei den informierten Fernsehzuschauern die Vorfreude getrübt haben sollten. Erreichte das Finale der ersten Staffel noch beeindruckende 9,0 und 18,4 Prozent Marktanteil, ging die zweite Runde der Serie mit 7,0 und 14,7 Prozent vom Stapel. Ein schleichender Quotenrückgang sorgte letztlich für einen Staffelschnitt von 2,01 Millionen Zuschauern und 6,4 respektive 13,0 Prozent Marktanteil – ein herber Rückschlag nach der immens populären Premierenstaffel, aus dem ProSieben allerdings gelernt hat. Derart lange Pausen zwischen zwei Staffeln sollten von nun an tabu sein, stattdessen schloss der Sender sofort mit der Ausstrahlung der dritten Season an, die dafür in zwei Hälften gesplittet wurde und in den Sommermonaten in Pause ging.
Offensichtlich eine weise Taktik, denn während die dritte Staffel in den USA, trotz positiver Kritiken für ihr Plus an dramatischer Schärfe und bissigem Humor sowie ihrem Verzicht auf die Melodramatik der Vorgängerstaffel, an Zuschauern verlor, ging es in Deutschland für die Dramedy rasch bergauf. Die erste Hälfte steigerte sich auf einen Schnitt von 6,6 und 13,3 Prozent Marktanteil und aus der Sommerpause kehrte die Serie im September 2007 auf einem neuen Sendeplatz zurück, und zwar dem seither gewohnten Mittwochabend um 20.15 Uhr. Änderte sich dort beim Gesamtpublikum nichts, kletterte die zweite Staffelhälfte bei den kommerziell wichtigen Zuschauern um respektable 0,6 Prozentpunkte nach oben.
Die vierte Staffel fiel dann aufgrund des US-Autorenstreiks etwas aus dem üblichen Rahmen. Nicht 23 oder gar 24, sondern nur 17 Episoden lang wurden neue Geschichten aus der Wisteria Lane erzählt, was sich als Glücksgriff erwies. Die Dramaturgie um das Staffelgeheimnis geriet straffer, Füllepisoden ohne große Relevanz für die Kernstorys mussten wegfallen – und zugleich stiegen in den USA und auch in Deutschland wieder die Zuschauerzahlen. Sahen im Schnitt 2,01 Millionen Menschen die dritte, schalteten hierzulande für die vierte Staffel 2,41 Millionen ein, in den USA stieg der Schnitt von 16,70 auf 17,52 Millionen Fans (wenngleich der Schnitt bei den Werberelevanten sank). Mit hervorragenden 7,6 Prozent bei allen und 15,8 Prozent bei den 14- bis 49-Jährigen hatte ProSieben wieder einen großen Hit auf der Hand. Zu verdanken war die neu gewonnene Popularität der Serie auch der letzten Episode vor der Sommerpause, der massiv beworbenen Katastrophenfolge "Tornado!", die mit 2,90 Millionen Zuschauern und 9,3 respektive 19,1 Prozent dem Hype gerecht wurde. Zudem hatte die viele Handlungsfäden durchwirbelnde Episode auch lang anhaltende Nachwirkungen: Nach der Sommerpause blieben die Werte für einige Wochen auf einem hohen Niveau, neu und zurück gewonnene Fans blieben am Ball, um die weiteren Entwicklungen zu verfolgen.
Rückblickend war die als innovativ und mutig gefeierte Idee der Autoren, in der Serie einen Zeitsprung von fünf Jahren vorzunehmen um so eine Erzähllücke und konsequenterweise auch Raum für neue Geheimnisse und Skandale im Leben der Hauptfiguren zu schaffen, insofern wohl eine klare Fehlentscheidung. Zwar erreichte die Staffelpremiere hervorragende 3,01 Millionen Fernsehende und starke 9,3 respektive 18,9 Prozent Marktanteil, konnte sich also mit "Tornado!" messen lassen, aber das Fallenlassen der alten Storyfäden und führte auch zu einem herben inhaltlichen Einschnitt. Dieser spiegelte sich in den Quoten wider, die zweite Episode der Staffel stürzte auf 6,5 und 13,8 Prozent ein, und nur sehr gemächlich erholte sich das Format von diesem Einbruch. Ein von vielen Fans kritisiertes Staffelgeheimnis und eine unter den Möglichkeiten bleibende Ausschröpfung des erzählerischen Zeitsprungs resultierten letztlich in 7,2 Prozent bei allen und 15,3 Prozent bei den umworbenen Fernsehnutzern. Die sechste Staffel legte um jeweils 0,1 Prozent in beiden Zielgruppen zu, in den USA hingegen ging der drastische Abwärtstrend weiter und von den durchschnittlich 15,66 Millionen Zuschauern blieben nur noch 12,83 Millionen übrig. In der Zielgruppe reduzierte sich das Publikum von 5,29 auf 4,25 Millionen.
Mit der siebten Staffel kehrten jedoch auch vermehrt deutsche Zuschauer den verzweifelten Hausfrauen den Rücken zu. Der erste Part der Staffel erreichte nur noch 14,6 Prozent in der Zielgruppe, nach der Sommerpause verblieben lediglich 13,5 Prozent der für die Werbewirtschaft wichtigen TV-Nutzer mit an Bord. Die Dramaserie schien sich totgelaufen zu haben, was sich auch am (für dieses Format) unterdurchschnittlichen Interesse an des Staffelfinales zeigte. 12,9 Prozent mögen für ProSieben noch gut sein, als Hinleitung zur Finalstaffel eines früheren Massenphänomens kann sich dies dagegen dem Prädikat "enttäuschend" nicht verwehren. In den USA schaffte es die Staffel nicht einmal den Sprung in die Top 25 der meist gesehenen Programme, was das oft diskutierte Ende der Dramedy endgültig besiegelte.
Die achte Staffel sah, wenigstens in Deutschland, einen kurzen Aufwind und konnte alte Serienfans mit ihrem alle Hauptfiguren zusammenschweißenden Mordkomplott neu mobilisieren, aber alsbald machte sich unter Kritikern und Fans Unmut breit, der Plot würde haarsträubend fortgeführt. Ob der Durchschnittszuschauer und -quotenboxbesitzer ähnlicher Ansicht war, lässt sich nur vermuten, doch mit der siebten Episode der Finalstaffel wurde der schlechteste Zielgruppenmarktanteil seit Januar 2007 generiert, was eine deutliche Sprach spricht, zumal auch in den zwei Folgewochen nicht einmal die 13-Prozent-Hürde genommen wurde. An dieser scheiterte auch die letzte Folge vor der Sommerpause – den Status als "Muss-Fernsehen" haben die Hausfrauen zweifelsohne verloren.
Deswegen ist ProSiebens Entscheidung, das Ende von «Desperate Housewives» nicht hinauszuzögern, sondern dorthin zu eilen, aus Quotensicht vollauf clever. Noch ist die Serie fähig, gute Marktanteile zu holen, der Gesamttrend zeigt aber nach unten. Da auch keine Highlightfolgen wie "Tornado!" mehr anstehen, wird sich vor dem Finale zudem keine vergrößerte Aufmerksamkeit für die Marc-Cherry-Produktion erzeugen lassen. Also ist es nur konsequent, zur Ziellinie zu spurten, so lange die Serie die Kraft dazu hat.