Hingeschaut

Innovatives mit alten Hasen

von

Servus TV und die Cable Guys feierten am Freitag Premiere - hat Eishockey weiter eine Spitzenübertragung?

Die Stimmen von Marc Hindelang und Michael Leopold und direkt vor dem Spiel ein Sky-Werbespot – ganz verzichten mussten Eishockeyfans am Freitagabend auf den bisher gewohnten Sender nicht. nicht. Und dennoch: Für die Deutsche Eishockey Liga (DEL) hat am Freitagabend mit dem Beginn der neuen Spielzeit eine neue Zeitrechnung begonnen. Weg vom Bezahlsender Sky werden ausgewählte Spiele (eins pro Woche in der Vorrunde) nun vom zum Red-Bull-Konzern gehörenden Free-TV-Sender Servus TV übertragen. Dieser überrannte die diesmal sehr kooperationswillige Liga mit allerlei Neuheiten und bot dennoch einige echte Dinos auf. Mit dem On Air-Team Gerald Leinauer, Experte Rick Goldmann und Sebastian "Basti" Schwele hatte der österreichische Sender echte Fachmänner vor Ort in Köln. Klar, dass da kaum etwas anbrennen konnte.

So mancher Eishockey-Fan wird den ehemaligen Sky-Experten Harald Birk und allen voran Hans Zach eine Träne hinterher weinen – aber wie es Moderator Leinauer direkt zu Beginn sagte: „Vieles wird neu sein, aber einiges auch Altbekannt.“ Und neue Besen kehren ja manchmal auch nicht schlecht, im Gegenteil: Was das Moderatoren-Duo Leinauer/Goldmann aus Köln ablieferte, war nicht nur solide, sondern für einen Auftakt wirklich gut.

Auch an dem ehemaligen Eishockey-Profi Schwele, der die 60 Minuten begleitete und zuvor schon unter anderem für Sport1 und Sky im Einsatz war, gab es beim besten Willen nichts zu Mäkeln. An seiner Seite saß Tobias Abstreiter als Co-Kommentator, ebenfalls ein über Jahre hinweg erfolgreicher Profi, der bei Sky zwar keinen festen Job hatte, in der vergangenen Saison aber unregelmäßig schon in dieser Funktion glänzte. So auch am Freitagabend zum Auftakt beim Spiel zwischen Köln und Krefeld.

Die bahnbrechenden Neuerungen bestanden aus anderen Dingen. Nicht aus den 15 HD-Kameras, die Servus TV in seinen Mitteilungen mehrfach betonte – Sky setzte 14 ein, weshalb ein Unterschied höchstens durch die ein oder andere Kameraposition erkennbar war. So fiel eine Hintertor/schräg/hoch positiv auf, mit der sich auch während des laufenden Spiels einige Laufwege sehr schön darstellen ließen.

Servus TV gelang es durch andere Dinge, die Zuschauer so nah an den Eishockeysport zu bringen wie noch kein anderer Sender zuvor. Schon aus Österreich bekannt, machten die Cable Guys auch in Deutschland richtig viel Spaß. Immerhin feierte Servus TV sein Element direkt bei Übertragungsbeginn. Je ein Spieler jeder Mannschaft lässt sich vom Sender mit einem kleinen Mirkofon verkabeln – geschulte Redakteure schalten live immer wieder rein, wenn der Spieler sich im Gespräch mit Mitspielern oder Schiedsrichtern befindet. Auf Seiten der Krefelder wurde Martin Schymainski verkabelt, bei den Kölnern nahm man John Tripp.

Fraglich natürlich, ob das zusätzliche Zuschauer vor die TV-Geräte lockt, die Qualität der Übertragung erhöht es deutlich. Über übliches „Hey ho, let’s go“ gab es auch Szenen vom Warm-Machen mit Sätzen wie „Warst du damit eigentlich schon beim Arzt?“ zu hören. John Tripp war auch im Gespräch über Laufwege zu hören - oder auch nicht, denn teilweise ist das Gesagte schwer zu verstehen. Für alle, deren Ohren nicht fein genug waren, half aber Kommentator Schwele aus.

Wie emotinoal Servus TV die DEL präsentieren möchte, wurde schon zu Beginn sichtbar. Ein Kameramann auf dem Eis schlittert auf die Fankurven zu, fängt die Massen von Wunderkerzen aus Sicht der Spieler ein – beim Einlaufen profitierte der neue Sender von der wunderbaren Choreografie des Fanblocks und erzeugte so erste Gänsehaut-Momente. Alles nur für Servus TV oder wirklich ein Trend zum Aufschwung in deutschen Eishallen? Der Eindruck verstärkte sich dann auch während des Spiels, als Servus TV wesentlich häufiger als Sky zuletzt Aufnahmen vom fröhlich feiernden Kölner Publikum zeigte.

Neu eingeführt wurde auch der 90 Sekunden lange Power Break, den Servus TV nicht nur für Reklame nutzt, sondern auch, um direkt auf der Bank Interviews mit den Verantwortlichen und Spielern zu führen. Hier kam mit Konstantin Klostermann ein relativ unbekannter Sportjournalist zum Einsatz, dem – anders als zu erwarten war – keine Nervosität konstatiert werden konnte.

Viel Positives also zum Saisonstart und zur Premiere des neuen Eishockey-Senders in Deutschland. Noch ausbaufähig ist aber der Einsatz des Analyse-Tools „Piero“, das Sportfans bereits aus Fußball-Analysen bei Sat.1 und Sport 1 kennen. Schon bei den österreichischen Übertragungen zeigte sich, dass es oftmals nur „gehighlightete“ Spieler bietet, nicht aber wirkliche 3D-Animationen. Hier war kein Vorteil gegenüber den früheren Sky-Übertragungen zu sehen. Aus qualitativer Sicht steht Servus TV seinem Vorgänger also in Nichts nach – die Probleme des deutschen Eishockeys (die ohnehin nicht am TV-Partner liegen) wird Servus TV aber wohl nicht lösen können. Möglicherweise hat man sich in der ersten Zeit eher noch ein Neues geschaffen. Wie hoch die Zuschauerzahlen nun sein werden, bleibt abzuwarten. Bei Sky waren es meistens um die 20.000, die zusahen. Ähnliche Werte sind aufgrund der nicht großen Bekanntheit von Servus TV in den ersten Monaten wohl auch zu erwarten. Vielleicht überrascht der Sender aber auch hier positiv.

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