Die Kritiker

«Tatort: Borowski und der freie Fall»

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Vor 25 Jahren starb der schleswig-holsteinische Ministerpräsident Uwe Barschel in einem Hotel in Genf. Offenbar war Journalist Dirk Sauerland zur gleichen Zeit vor Ort - und ist jetzt ebenfalls tot.

Inhalt:


Der Kieler Autor Dirk Sauerland wird tot auf seiner Jacht aufgefunden. Sauerland war über die Grenzen von Kiel hinaus bekannt. In den letzten Monaten hatte er an einer spektakulären Enthüllungsgeschichte gearbeitet. Sauerlands Exfrau Ulla Jahn, die eine beliebte Talkshow moderiert, gibt Hauptkommissar Borowski und Kommissarin Sarah Brand einen Hinweis auf das schwule Doppelleben des Toten. Was hat Landespolitiker Karl Martin von Treunau für ein Interesse, seine Beziehung zu dem Toten zu verheimlichen? Ein Kontaktbogen mit Fotos aus den 80er Jahren bringt Borowski auf eine alte Spur. Vor 25 Jahren starb der schleswig-holsteinische Ministerpräsident Uwe Barschel in einem Hotel in Genf. Offenbar war Dirk Sauerland zur gleichen Zeit vor Ort. Was hatte er damals entdeckt, und warum musste Sauerland heute sterben? Sarah Brand stürzt sich voller Eifer in die Recherche des Barschel-Falls. Borowski bleibt lieber Realist. Dann taucht plötzlich ein Zeuge aus Genf auf.

Darsteller
Axel Milberg («Doktor Martin») als Klaus Borowski
Sibel Kekilli («Game of Thrones») als Sarah Brandt
Thomas Heinze («Bollywood lässt Alpen glühen») als Karl Martin v. Treunau
Marie-Lou Sellem («Notruf Hafenkante») als Ulla Jahn
Thomas Kügel («Heiter bis tödlich – Nordisch herb») als Roland Schladitz
Jan Peter Heyne («Da kommt Kalle») als Ernst Klee

Kritik
Durch die Thematisierung der mysteriösen Todesumstände um den ehemaligen schleswig-holsteinischen Landesvater Uwe Barschel erhält der neue Borowski-«Tatort» eine politisch relevante Tragweite, die die Kieler Reihe nicht oft vorweisen kann. Letztlich ist dieser Handlungsstrang jedoch wenig mehr als bloße Effekthascherei – den Mordfall um den verstorbenen Journalisten Dirk Sauerland hätte man auch mit dem ungeklärten Ableben nahezu jedweder anderen Person des öffentlichen Lebens dramaturgisch verknüpfen können. Die Affäre Barschel ist damit in dieser Folge, für die sich Drehbuchautor und Regisseur Eoin Moore verantwortlich zeichnet, vollkommen austauschbar.

Am Schluss sind erwartungsgemäß mehr Fragen offen als zuvor, während man auf eine realistische Darstellung verglichen mit anderen Folgen jedoch einen relativ großen Wert legt. Die Auflösung, auch wenn sie von Beginn an ziemlich vorhersehbar ist, ist dagegen nicht unklug, da sie einen Großteil der erzählerischen Bögen logisch schließen kann, wenn auch verständlicherweise ohne im Fall Barschel zu einer Conclusio kommen zu können.

Auch wenn das Vorhandensein der Causa Barschel in dieser Folge auf dramaturgischer Ebene sehr beliebig wirkt, so ist ihre Verknüpfung mit dem für Borowski und Brandt eigentlich zu lösenden Mordfall doch recht gelungen, ergeben die Handlungsverläufe und Logikketten schließlich durchwegs Sinn. Glaubwürdiger als sonst werden diesmal die Protagonisten geführt, auch wenn der Generationenkonflikt zwischen den beiden Ermittlerfiguren nach wie vor stellenweise arg überbetont wird. Brandt ist immer noch zu vorschnell, zu naseweis, zu naiv, während Borowski der gesetzte ältere Herr ist, den so schnell nichts aus der Grundstimmung bringt. Durch diese beiden sehr berechneten und wegen ihrer Überstilisierung auch klischeehaften Eigenschaften der beiden Charaktere lassen sich jedoch keine relevanten Plots entwickeln. Zu oft wurden diese Konflikte schon in fast allen «Tatorten» durchexerziert. In Münster und Dortmund geht man da klügere, weil innovativere Wege.

Damit einher geht auch der immer noch verhältnismäßig biedere Duktus, in dem die Charaktere oftmals interagieren. Einige Dialoge in der neuen Folge hätten durchaus schlagfertiger und dynamischer geschrieben werden können und auch so manche Längen im narrativen Konstrukt fallen negativ auf. Doch das sind, im Verhältnis zu anderen Produktionen gesehen, kleine Makel. Umso weniger fallen sie auf, da Axel Milberg und Sibel Kekilli sehr glaubwürdig und überzeugend spielen und Marie-Lou Sellem in ihrer sehr schwierigen Rolle der ambitionierten Polit-Talkerin glänzen kann.

Das Erste zeigt «Tatort: Borowski und der freie Fall» am Sonntag, 14. Oktober 2012, um 20.15 Uhr.

Kurz-URL: qmde.de/59695
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