First Look

«Arrow»

von

Die USA hat die Superhelden-Serie schon erobert. Ab Montag soll das Format nun auch VOX glücklich machen.

„Der Name der Insel, auf der sie mich fanden, ist Lian Yu. Das ist chinesisch – und bedeutet Fegefeuer.“ Mit diesen Worten beginnt «Arrow», eine neue Superhelden-Serie auf dem Sender The CW, der bereits mit «Smallville» bewiesen hat, heroische Stoffe für das Fernsehen erfolgreich umsetzen zu können. «Arrow» ist deswegen ein interessanter Neustart, weil Superhelden im Fernsehen unterrepräsentiert scheinen – denn der Kino-Boom um Batman, Spider-Man und Co., der in diesem Jahr mit «The Avengers» einen neuen Höhepunkt erreichte, ist nie auf die heimischen Bildschirme übergesprungen. Formate wie «The Cape», «No Ordinary Family» und zum Teil «Heroes» sind nur die prominentesten Beispiele für inhaltliche und wirtschaftliche Genre-Flops der jüngeren Zeit.

«Arrow» soll ein neuer, ein besserer Ansatz für Superhelden-TV sein – mit dem mysteriösen Bogenschützen Oliver Queen, der laut Zitat durch das Fegefeuer gegangen ist: Ein Schiffsunglück vor Südkorea riss einst die gesamte Besatzung in den Tod, einziger Überlebender ist Oliver Queen, der auf einer mysteriösen und einsamen Insel strandet. Nach fünf Jahren wird er gefunden und kehrt in seine Heimatstadt Starling City zurück – allerdings nicht mehr als der Mensch, der er einst war: Früher als reicher Playboy der Unternehmerfamilie Queen auf vielen Partys unterwegs, ist der Geläuterte nun ein Kämpfer für das Gerechte geworden. Er will seine Stadt, die mittlerweile in Armut versinkt, von den skrupellosen Konzernbossen befreien, die auch das Unternehmen seines Vaters – Queen Industries – einst zerstörten. Die Mission hat begonnen.

Dieser Story-Hintergrund erinnert nicht zufällig an Charakteristika von Bruce Wayne alias Batman. Die Macher von «Arrow» haben sich dieses Superhelden-Typus klar bedient und zeigen Oliver Queen als einen Menschen, der zwar keine magischen Kräfte besitzt, durch seine Ausbildung aber bemerkenswerte physische Fähigkeiten erlangte. Er ist ein exzellenter Bogenschütze und ein kräftiger Kämpfer. Zudem baut er sich in den leer stehenden Fabrikgebäuden von Queen Industries seine eigene kleine Bathöhle light – Überwachungsbildschirme und Hacker-Tools inklusive. Auch Kameraeinstellungen und die visuelle Darstellung des Superhelden-Charakters erinnern an Christopher Nolans Batman-Saga.

Mit dem Dunklen Ritter verbindet Queen auch das lebensverändernde Ereignis, das die Superhelden-Mentalität entfacht: Bruce musste den Mord an seinen Eltern erleben und schwor sich Rache, Oliver verlor beim Schiffsunglück seinen Vater und eine Freundin. Doch genau hier beginnen die Probleme des «Arrow»-Pilotfilms: Die wahre Motivation, die Queen antreibt, um jetzt plötzlich böse Unternehmerbosse zur Strecke zu bringen, ist nicht ersichtlich – und schon gar nicht, warum er der Stadt Starling City damit zu Geld verhelfen will. Immer nur wird marginal auf die mysteriösen Ereignisse verwiesen, die sich während seiner fünfjährigen Abwesenheit auf der Insel zugetragen haben sollen. Doch nicht einmal im Geringsten wird angedeutet, was dem einstigen Playboy dort passiert sein könnte. Mehr als eine Minute bekommt man von den Ereignissen auf der Insel im Pilotfilm nicht zu sehen – zu wenig, um irgendwie Spannung und Neugier für das aufbauen zu können, was wohl als Seriengeheimnis nach und nach gelüftet werden soll.

Ähnlich emotionslos nimmt der Zuschauer die Rückkehr Oliver Queens nach Starling City und zu seiner Familie hin – solche melodramatischen Elemente sind wenig sinnvoll, wenn der Hauptcharakter erst vor zwei Minuten eingeführt wurde. Dramaturgisch hätte sich angeboten, die in Rückblenden immer wieder gezeigten Szenen des einstigen Schiffsunglücks gleich am Anfang einzubauen, um der Figur zumindest ein wenig Tiefe zu geben und Empathie herzustellen. Die Kühle und Distanz Queens spielt Stephen Amell solide, aber ohne Witz und Esprit. Bester Darsteller der Pilotfolge ist Colin Donnell, ein Freund Olivers, der den einzigen Comic Relief in der sonst sehr düster und ernst gehaltenen Serie darstellt. Wenig überzeugend ist dagegen Katie Cassidy als Laurel Lance, Olivers frühere Freundin. Laurel macht ihn nach seiner Rückkehr – aus unerfindlichen Gründen – für den Tod ihrer Schwester verantwortlich, die ebenfalls auf dem gekenterten Schiff umkam. Doch nur 15 Serienminuten später verzieht Laurel ihrem früheren Lover – nur ein Beispiel für fehlende kohärente und glaubwürdige Charakterentwicklung.

Inhaltlich bleibt «Arrow» hinter den Erwartungen zurück. Charaktere sind größtenteils blass gezeichnet; die mysteriöse Grundstimmung um das Insel-Unglück wirkt nicht konsequent ausgearbeitet; Handlungsmotivationen werden nicht erklärt oder sind unglaubwürdig. Die Orientierung an Nolans Batman-Epos gelingt somit nur bei den stark inszenierten Action-Szenen und der kameratechnischen Visualisierung der Serie – besonders die Rückblenden sind optische Highlights. So bleibt die Pilotfolge von «Arrow» leichte, teilweise arg konstruierte Popcorn-Unterhaltung ohne Tiefe. Vermutlich reicht dies für einen Quotenerfolg – die meisten Superhelden-Kinohits machen es schließlich auch nicht besser.

VOX zeigt «Arrow» ab Montag, 16. September 2013, um 20.15 Uhr.


Dieser Artikel erschien bei Quotenmeter.de erstmals nach US-Start der Serie im Oktober 2012.

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