Hingeschaut

Wolke gegen die Wand gefahren

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Am Montag endet «Es kommt noch dicker» in Sat.1 und damit eine Geschichte, die es eigentlich nie auf mehr als einen Fernsehfilm hätte bringen dürfen.

Es gibt nur wenige deutsche Fernsehserien, die in der Vergangenheit einen derartigen Absturz verzeichnen mussten wie aktuell «Es kommt noch dicker». Für Wolke Hegenbarth im Fat-Suit kam es in diesem Herbst nämlich richtig dick. Es hatte den Anschein als ob sich Fernsehdeutschland wirklich auf neue Sat.1-Serien gefreut hatten - «Der letzte Bulle» und «Danni Lowinski» machten schließlich im Frühjahr auch in ihren dritten Staffeln noch viel Spaß. Gestartet war das Format mit 14,5 Prozent Marktanteil bei der zweiten Episode – also Werten, die auf dem Startniveau der beiden anderen Sat.1-Serien lagen. Binnen eines Monats krachten die Einschaltquoten aber um mehr als die Hälfte nach unten. Dass Sat.1 bei Producers at Work weitere Folgen bestellen wird, erscheint angesichts der vor einer Woche gemessenen 6,6 Prozent äußerst unwahrscheinlich.

Wenn ein Format dermaßen den anfangs stabilen Boden unter den Füßen verliert, Woche für Woche konsequent abbaut, dann sind die Gründe meist im Inhaltlichen zu suchen. Die Geschichten waren es auch diesmal, die der Produktion das Genick brachen. Wenn nun am Montagabend die finale Folge der ersten Staffel über die Bildschirme flimmert, ist in der Serie ein Jahr vergangenen. Vor einem Jahr hatten Jessica und Rike ihre Körper getauscht. Passiert ist in diesen 365 Tagen mit den beiden relativ wenig. Die dicke Jessica ist ihrem Traumprinzen Carl kaum näher gekommen. Die Episodengeschichten wurden von Folge zu Folge banaler, ähnlicher und somit austauschbarer.

Das wäre vielleicht noch zu kaschieren gewesen, hätte es interessante und spannende Nebencharaktere gegeben: Da blieb aber nur Bürger Lars Dietrich, der über die gesamte Staffel lang mit schlechtem polnischen Akzent nervte und das Antagonistenpaar, das eigentlich überhaupt keinen Auftrag hatte. Warum sich Julian Weigend für diese Rolle hergegeben hat, ist nicht erklärlich. Andere Figuren scheinen nicht einmal einen (vollständigen) Namen zu haben. Im Presseguide für die finale Folge ist beispielsweise von „Rikes Mann Klaus“ oder „Bester Kumpel von Klaus“ die Rede.

Wer die komplette Staffel der Serie gesehen hat, dem musste eigentlich klar sein: Aus diesem dünnen Stoff einen Zuschauerhit zu machen, der Woche für Woche fesselt, ist ein sehr abenteuerliches Unterfangen. Man will dem Format nicht abstreiten, dass es „ganz nett“ ist. „Ganz nett“ aber zieht vielleicht als TV-Movie oder auch noch in einer zweiten Woche, aber nicht mehr im zweiten Monat. Bestes Beispiel ist die internationale Vorlage «Drop Dead Diva», die in Deutschland nicht einmal bei sixx zum Erfolg geriet.

Man könnte nun nach diesem Montagabend das Kapitel «Es kommt noch dicker» einfach zuschlagen – und sagen: Schwamm drüber. So einfach ist es aber nicht: Produktionen wie diese machen ein bisschen was von dem kaputt, was sich deutsche Fiktion-Produzenten jüngst mit Formaten wie «Doctor’s Diary» und «Danni Lowinski» erarbeitet haben. Den Zuschauern wird es also größtenteils egal sein, wenn Wolke nun für immer aus ihrem Fat-Suit schlüpft. Deutschen Fiktion-Produzenten dürfte die Serie noch ein paar Tage länger Kummer bereiten.

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