Erinnerungen an Spiegel-Berichte aus den Jahren 2009 und 2010 werden wach, laut denen Bundeskanzlerin Angela Merkel an der Absetzung von Nicolas Brendner, damaliger ZDF-Chefredakteur, beteiligt war. Ganz so weitreichend ist dieser Fall nicht, dennoch handelt es sich um einen, vorsichtig ausgedrückt, kuriosen Moment der Interaktion zwischen Politik und Medien: Wie die Süddeutsche Zeitung unter Berufung auf Mitarbeiter der ZDF-Nachrichtensendung berichtet, erhielt die «heute»-Redaktion am Sonntagabend einen Anruf von CSU-Parteisprecher Hans Michael Strepp, in dem versuchte, auf die Nachrichteninhalte einzuwirken.
Strepp verlangte vom diensthabenden Redakteur, dass in der 19-Uhr-Ausgabe der «heute»-Sendung nicht über den SPD-Parteitag und die Wahl des Münchener Oberbürgermeisters Christian Ude zum Spitzenkandidaten für die Landtagswahl 2013 berichtet wird. Die «Tagesschau» würde laut Strepp auch auf einen Bericht verzichten, und solle sich das ZDF diesem Gesuch widersetzen, so werde dies "Diskussionen nach sich ziehen".
Die «heute»-Redaktion ignorierte dieses Telefonat und berichtete sowohl in der 19-Uhr-Sendung als auch im «heute-journal» planmäßig über den SPD-Parteitag. Auch in der «Tagesschau» kam es zu einer Berichterstattung. ZDF-Sprecher Jörg Berendsmeier kommentierte den Vorfall gegenüber der SZ nüchtern: "Es gab zwar einen Anruf, aber der blieb wirkungslos." Intern sei man beim Sender laut anonymen Quellen der SZ allerdings über die Aktion des CSU-Vertreters erschüttert und spreche von einem "Versuch der politischen Einflussnahme".
Strepp unterdessen streitet zwar nicht ab, bei der «heute»-Redaktion angerufen zu haben, behauptet jedoch, dass die öffentliche Darstellung des Gesprächs "nicht den Tatsachen" entspräche. Gleichwohl hüllt sich Strepp in Schweigen über die tatsächlichen Inhalte und Intentionen seines Telefonats. In einem Brief an den stellvertretenden ZDF-Chefredakteur Elmar Theveßen, den Strepp der SZ zukommen ließ, lobt er derweil die Souveränität des öffentlich-rechtlichen Senders: "Die Berichterstattung des ZDF ist bekanntermaßen von einer Unabhängigkeit geprägt, bei der sich bereits jeder Gedanke an eine Beeinflussbarkeit verbietet." Mittlerweile bezog auch der Deutsche Journalisten Verband Stellung zur Thematik. Der Bundesvorsitzende Michael Konken sieht in Strepps Handeln den "Versuch der CSU-Pressestelle, beim ZDF einen Informationsboykott des politischen Gegners zu erwirken" und betont, dass dies nicht "mit dem Gebot der Staatsferne des öffentlich-rechtlichen Rundfunks" vereinbar sei.