Wenn am 1. November mit «Skyfall» nach einer vierjährigen Pause endlich Daniel Craigs James Bond wieder auf die deutschen Leinwände schreitet, bekommen Kinogänger einen der besten Filme des langlebigen Filmfranchises serviert. Gleichwohl hinterlässt das Leinwandabenteuer zum 50-jährigen Jubiläum Bonds einen leicht schalen Nachgeschmack im Bezug auf den Kritiker und Zuschauer polarisierenden zweiten Craig-Film «Ein Quantum Trost». Unter diesen beiden Filmen ist es nämlich «Skyfall», der sich tonal wie eine konsequente Fortführung von Craigs Agentendebüt anfühlt, selbst wenn «Ein Quantum Trost» inhaltlich direkt nach «Casino Royale» ansetzt.
Dass Craigs dritter Bond eine bessere «Casino Royale»-Fortsetzung ist als der eigentliche Nachfolger ist eine Nebenwirkung der ursprünglich so losen Kontinuität des James-Bond-Kinofranchises. Obwohl mit Craig ein loser roter Faden eingeführt wurde, entstanden die Agentenfilme bislang Stück für Stück, nicht etwa als vorab durchgeplante Kinosaga. Dies soll sich nun jedoch ändern: Wie vergangene Woche bekannt wurde, verfasst «Skyfall»-Autor John Logan im Alleingang die Drehbücher zum 24. und 25. offiziellen Kino-Bond.
Was aber, sobald Daniel Craig den Revolver an den Nagel hängt? Wo kann es für James Bond nach rauer Agentenunterhaltung, wilder Spionagefantasie, knalligem Popcornspaß und harsch-dramatischer Action noch hingehen? Hier einige, mal mehr, mal weniger ernst gemeinte Vorschläge:
1) Idris Elba übernimmt für Craig: Die heißeste Meldung der cineastischen Gerüchteküche war in den vergangenen Tagen das Gemunkel darüber, dass «Luther»-Star Idris Elba Gespräche bezüglich einer Übernahme der legendären Agentenrolle geführt haben soll. Idealerweise würde sich dann nichts ändern: Elba würde mit rauem Charme einen vergleichsweise bodenständigen, realitätsnahen Agenten geben, seine Hautfarbe würde keine inhaltliche Relevanz haben und der momentane Tonfall der Bond-Filme bliebe beibehalten. Anderweitig wäre es nur eine Verschwendung des Stars.
2) Die 180°-Wende: James Bond, das «Bourne»-Franchise, das «Jack Ryan»-Reboot ... Derzeit werden Kinogänger mit glaubwürdiger, harscher Agentenaction überfrachtet. Nach zwei weiteren Filmen mit Daniel Craig könnte diese Masche ausgelutscht wirken. Wohin die Produzenten Bond dann führen werden? Die Antwort liegt auf der Hand, man blicke nur auf die größten Actionhits der vergangenen Jahre: In Zeiten von «The Avengers» ist die wildere, mit Gimmicks ausgestattete Action, welche in den ersten Jahren nach dem 11. September als zu bunt betrachtet wurde, wieder fähig, massig Geld zu generieren. Der nächste Bond wird vielleicht nicht so abstruse Gadgets haben wie Pierce Brosnan in «Stirb an einem anderen Tag», doch explodierende Stifte und Jetpacks könnten wieder zur Ausstattung des MI-6 gehören ...
3) Craig im Quadrat: Mehr filmübergreifende Handlungsstränge, mehr Dramatik, mehr Kontinuität. Ein Autorenfilmer mit Händchen für große Action wird dafür engagiert, eine Trilogie zu entwerfen, die den Aufstieg und Fall eines talentierten Agenten skizziert, den das MI-6 auserkoren hat, die für Eliteagenten reservierte Kennziffer 007 zu erhalten. Im Zentrum der Produktionen stehen die Opfer, die dieser James Bond auf sich nimmt, Blofeld wird dem Joker in seiner «The Dark Knight»-Inkarnation gleich als Bonds böses Gegenstück entworfen, das Ende ist unvermeidlich bittersüß.
4) Christopher Nolan erfüllt sich einen Kindheitswunsch: Spätestens die tiefste Traumebene von «Inception» wirkt wie eine durch Nolans komplexes Storytelling gefilterte James-Bond-Actionsequenz. Der talentierte Autorenfilmer gab in Interviews auch mehrfach zu verstehen, dass er sich, obwohl ihn viele Kritiker für seine anspruchsvolleren Drehbücher feiern, sehr wohl für das reine Popcorn-Kino begeistern kann und großer Bond-Fan ist. Selbst einen Bond zu drehen, sei einer seiner Kindheitsträume. Nun, wieso nicht? Unter Craig wäre es zwar möglich, doch verschenkt, da die Grundlage für Craigs Ära schon gesetzt ist. Wenn Nolan an Bond rumtüftelt, dann sollte er bei Null anfangen dürfen.