Hingeschaut

Die Wahl im US-TV, inszeniert wie in Hollywood

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ABC, NBC, CNN - Manuel Koch schreibt für Quotenmeter.de über die große Election-Night im amerikanischen TV.

Ein Kopf-an-Kopf-Rennen wurde uns von den Umfragen die Tage zuvor versprochen. Gehalten hat das schon am Nachmittag ein Mini-Dorf names Dixville Notch nicht weit von der kanadischen Grenze im Bundesstaat New Hampshire. Ganze zehn Bewohner wählten dort. Das Ergebnis war ein Unentschieden 5:5. Genau das, was wir nicht sehen wollten.

Für die vielen US-Fernsehsender kommt diese Spannung gerade recht, um eine große Show zu inszenieren. Mit meinem übergroßen Yankee-Cola-Becher - den der New Yorker Bürgermeister Bloomberg gerade erst verbieten ließ - sitze ich ab 18 Uhr auf der Couch: ABC, NBC oder CNN. Ich zappe hin und her.

Optisch bleibe ich gleich bei NBC hängen. Der Sender, dessen Studios im Rockefeller Center auch für Touristen zugänglich sind, inszeniert die Wahl-Sendung aus dem Hauptquartier mit einem Aufwand, den wir vielleicht von einer Samstagabend-Show von RTL gewohnt sind. Eine Kamera fliegt über das rot- und blaugefärbte Rockefeller Center, die Eisfläche davor ist in eine US-Karte verwandelt und überall wehen natürlich US-Flaggen. Inhaltlich höre ich gar nicht zu, weil ich mich einfach von der Show berieseln lasse, ein paar Chips esse und mich wie im Kino fühle.

Also schalte ich zu CNN. Dort sehe ich drei grauhaarige Herren. Kompetenz-Team pur. Mit einem Touchscreen erklären sie die immer schneller eintreffenden Vorhersagen. Das gefällt mir, die Zahlen wie 3D sind einfach zu verstehen. Ich fühle mich trotzdem ein wenig wie beim Eurovision Song Contest, nur diesmal ohne eine dicke Sängerin aus Malta. Star-Moderator Anderson Cooper führt durch die Sendung. Auch er steht für ein offenes Amerika, hat er sich doch vor kurzem erst als schwul geoutet. Für viele Konservative noch immer etwas Unschickliches. CNN setzt außerdem auf ein virtuelles Studio, in dem die Sitzverteilung in den verschiedenen Kammern anschaulich erklärt wird. Ich bin überzeugt!

Bei ABC sehe ich zuerst eine Reporterin im Hubschrauber über New York. Sie erklärt, dass es durch viele späte Wähler am Abend zu Staus gekommen sei. Außerdem könne in New Jersey wegen der Auswirkungen durch Hurrikan Sandy noch bis Freitag per E-Mail gewählt werden. Zurück im Studio sehe ich eine helle, kühle Kulisse. Alles wirkt sehr steril. Vor einigen Jahren hätte man gesagt, dass es öffentlich-rechtlich aussehe. Aber heute machen ARD und ZDF auch ein richtiges Event aus Wahlsendungen.

Etwas zäh vergehen die Stunden, es treffen immer mehr Ergebnisse ein. Ich habe mittlerweile ganz zu CNN gewechselt. Um 23:17 Uhr dann plötzlich eine Eilmeldung von Bloomberg auf meinem iPad: Obama gewinne Ohio und sei damit wiedergewählt. Eine Minute später verkündet CNN, dass Barack Obama für eine zweite Amtszeit von vier Jahren genug Wahlmänner auf sich vereine.

Meine Nachbarn nebenan jubeln ziemlich laut, am Times Square freuen sich Tausende und sogar in Kenia springen die Menschen auf und ab. Auch ich freue mich. Denn auch wenn der Friedensnobelpreisträger Obama keine super Bilanz bisher erreicht hat, steht er für ein modernes, offenes Land. Hier in der Blase New York möchte ich so leben - frei! Mitt Romney war auch kein schlechter Kandidat, hätte er nur nicht die rückwärtsgerichteten Ansichten seiner republikanischen Partei vertreten müssen. Noch einmal wird er nicht antreten. Obama muss jetzt beweisen, dass er Erfolg haben kann. Er muss Jobs schaffen, das fiskale Kliff genauso wie die Staatsschulden in den Griff kriegen. Auch die Finanzmärkte wissen nun, woran sie sind und viele Regulierungen bleiben werden. Nach gut sechs Stunden schalte ich den Fernseher endlich aus. Meine Cola ist leer, die Show ist aus. Das Empire State Building leuchtet in blau - der Farbe der Demokraten.

Manuel Koch ist Moderator und Reporter für den Wirtschaftssender Deutsches Anleger Fernsehen in den USA. Zu sehen ist er außerdem täglich in der «Börse am Abend» bei N24 live vom Börsenparkett an der Wall Street oder der Nasdaq am Times Square. Er schreibt auch für das Börsenmagazin "Der Aktionär" jeden Tag einen Marktbericht. Der 30-Jährige hatte Tag und Nacht über den Hurrikan Sandy in New York berichtet. Der DAF-Korrespondent ist selbst betroffen und kann nicht mehr in seine Wohnung zurück.

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