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Sat.1: Paalzows Daytime-Rochade hat nichts gebracht

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Die Verschiebungen im Mittagsprogramm haben die Quoten nicht bessern können – im Gegenteil: «Richter Alexander Hold» verlor auf dem neuen Sendeplatz um 14 Uhr sogar noch mehr an Boden. Ein Grund dafür ist VOX, das quotentechnisch stark aufgeholt hat – und Sat.1 nicht selten den Rang abläuft.

Wohin soll die Reise für Sat.1 gehen, Herr Paalzow? Mit bislang im Schnitt 9,9 Prozent Marktanteil in der Zielgruppe dürfte der Privatsender im November zwar mit ziemlicher Sicherheit nach langer Zeit wieder einen zweistelligen Monatsmarktanteil erreichen, doch das dürfte man wohl auch nur dem unglaublich starken «The Voice of Germany» zu verdanken haben. Denn abseits davon häufen sich die Baustellen: An mehreren Abenden in der Woche, am Vorabend, aber auch im Tagesprogramm. Also dort, wo Sat.1 zwar immer wieder mal beim Gesamtpublikum gut fährt, aber eben keine jüngeren Zuschauer mehr anspricht.

Die Verhältnisse sind mehr oder weniger klar geregelt: RTL ist mit seinen Scripted-Realitys erfolgreich, kabel eins und ProSieben mit ihrem Kontrastprogramm, bestehend aus US-Serien und Sitcoms. In diesem Jahr fand dann aber noch ein weiterer Sender in die Erfolgsspur: VOX. Die Marktanteile von «Verklag mich doch!» (14 Uhr) schossen in der vergangenen Zeit dermaßen durch die Decke, dass der vergleichsweise kleine TV-Sender sogar Sat.1 überholen konnte. Nach Jahren des Misserfolgs am Nachmittag scheint VOX endlich das richtige Rezept gefunden zu haben. Wie RTL setzt man auf erfundene Geschichten. Darauf greift Sat.1 zwar auch zurück, den gewünschten Erfolg brachte das bisher aber nicht.

Das ist schlecht für die Quoten, insbesondere für die Monatsmarktanteile, die über mehrere Monate hinweg unter zehn Prozent lagen. Um dem entgegenzuwirken, nahm Sat.1 kleinere Operationen am Programm vor; vielmehr waren es Not-OPs, die dafür sorgen sollten, dass die Quoten wenigstens für eine kurze Zeit besser werden. Seit dem 8. Oktober läuft «Richter Alexander Hold» nicht mehr um 16, sondern zwei Stunden früher um 14 Uhr. «Zwei bei Kallwass», das bisher auf diesem Sendeplatz zu sehen war, wurde im Gegenzug auf 12 Uhr verlegt. Über etliche Jahre hinweg hat sich nichts an den Sendeterminen beider Sendungen geändert, Sat.1-Chef Nicolas Paalzow hat sich dennoch an eine Änderung gewagt. Aus Quotensicht hat sich das für Sat.1 nur gar nicht gelohnt – im Gegenteil.

In den ersten Wochen tat sich die Gerichtsshow sehr schwer. In der Zielgruppe pendelte der Marktanteil zwischen 6,9 und 10,1 Prozent. Nur einmal kam das Format auf einen zweistelligen Wert. In der Zeit danach blieben die Marktanteile weiter einstellig, nur am 15. Oktober konnte noch einmal ein zweistelliges Ergebnis verbucht werden. Am schlechtesten schnitt Hold übrigens einen Tag später (am 16. Oktober) ab: Mit lediglich sechs Prozent Marktanteil bei den Umworbenen ging das Format sang- und klanglos unter.

Der Schuldige war schnell ausgemacht: VOX. «Verklag mich doch!» holte dort zur selben Uhrzeit tolle 10,9 Prozent Marktanteil. Zwar lag Sat.1 im Rennen beim Gesamtpublikum mit durchschnittlich 1,25 Millionen Zuschauern weiterhin deutlich vor VOX (0,79 Mio. Zuschauer), doch das dürfte den Sender kaum getröstet haben. Schließlich gingen im Vergleich zum 16-Uhr-Slot viele Zuschauer verloren. Und selbst da war schon von einem Abwärtstrend die Rede.

Im Schnitt erzielte «Richter Alexander Hold» auf dem alten Sendeplatz in diesem Jahr rund 1,9 Millionen Zuschauer sowie zehn Prozent Marktanteil. Bei den Umworbenen standen circa 10,5 Prozent auf der Uhr. Seitdem die Sendung allerdings schon zwei Stunden früher zu sehen ist, konnten nur noch 1,38 Millionen Zuschauer sowie 0,30 Millionen 14- bis 49-Jährige generiert werden. Immerhin: Während der Marktanteil bei den jungen Leuten auf 8,4 Prozent sank, lief es bei allen mit 14,2 Prozent sogar einen Tick besser.

Kurios: Ausgerechnet in der Woche, in der «Verklag mich doch!» bei VOX durch «Hilf mir doch!» ausgetauscht wurde, stiegen Holds Quoten leicht an – zumindest an den ersten beiden Tagen. So holte die Sat.1-Show am Montag und Dienstag solide 10,7 und 10,4 Prozent Marktanteil. Und das, obwohl VOX auch mit «Hilf mir doch!» starke elf bzw. ordentliche 7,5 Prozent Marktanteil verzeichnen konnte. Anders sah das dann wieder Mittwoch und Donnerstag aus: Bei VOX wurden 10,6 und 12,5 Prozent gemessen, bei Sat.1 gerade mal noch 7,7 und 5,6 Prozent. Ein Aufwärtstrend ist demnach nicht in Sicht.

Und «Familien-Fälle»? Die auf dem ursprünglichen Sendeplatz von Hold gezeigte Scripted-Reality schwächelt ebenfalls. Mit Doppelfolgen erzielte Sat.1 hiermit zuletzt nur noch Werte von teils unter sieben Prozent - aktuell laufen von dem Format aber alte Ausgaben. Noch dazu hat sie nicht einmal ansatzweise das ältere Publikum, das «Richter Alexander Hold» vor die Bildschirme locken konnte: Während die Gerichtsshow öfters mal über 20 Prozent klettern konnte, verharrte «Familien-Fälle» zuletzt bei Werten um zehn bis 13 Prozent.

Blickt man über VOX hinaus, so sind natürlich auch nach wie vor die RTL-Programme erfolgreich. Sie holen zwar auch nicht mehr wie früher jeden Tag Top-Marktanteile von über 30 Prozent, mit regelmäßig über 15 Prozent Marktanteil ist hier jedoch noch alles im Lot. Selbiges gilt für ProSieben und kabel eins, wo man quotentechnisch zurzeit wenig Grund zum Meckern hat. Zum Leidwesen von Nicolas Paalzow hat einzig Sat.1 noch immer keine Nische gefunden, mit der es am Mittag ebenfalls Erfolg haben kann.

Für den Sender bleibt die Bilanz, dass man durch die Umstrukturierungen am Nachmittag kein Stück weitergekommen ist. Das Hin- und herschieben der Sendungen erwies sich als uneffizient. Es müssen vermutlich einfach neue Ideen her. Denn eines steht fest: So desolat, wie sich die Sat.1-Daytime derzeit präsentiert, kann und wird es mit Sicherheit nicht mehr lange weitergehen.

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