Inhalt
Loisach ist eine idyllische, vitale bayerische Kleinstadt. Aber leider hat die Verantwortungslosigkeit der "Geiz-ist-Geil/Ich-bin-doch-nicht-blöd-Gesellschaft" längst auch Loisach erreicht. Dagegen kämpft die junge Anwältin Sandra Koch. Sandra ist ziemlich attraktiv und stur ohne Ende. Aus Empörung über die Ungerechtigkeit in der Welt studierte sie Jura, konnte aber der theoretischen Seite der Juristerei wenig abgewinnen. Mit Ach und Krach schaffte sie die zwei Staatsexamina und ließ sich dann in ihrer kleinen Heimatstadt in Oberbayern als Anwältin nieder. Hilfe holt sie sich bei ihrer wöchentlichen Kartenrunde, in der das bayerische Spiel "Schafkopf" gepflegt wird. Außer Sandra spielen hier der zu Affären tendierende Staatsanwalt Christian, der ihr hoffnungslos verfallene Polizist Florian sowie ihr schokoladensüchtiger Bruder, Pfarrer Ingo. Alle drei sind wertvolle, wenn auch nicht immer willige Verbündete.
Folge 1 – Haslbecks Häuschen
Frau Haslbeck ist verzweifelt. Das Häuschen, in dem sie schon so lange wohnt, soll abgerissen werden. Damit säße sie auf der Straße. Kurzerhand kettet sie sich in der Wirtsstube von Hans Köblinger fest. Denn der will das Grundstück kaufen, das kleine Häuschen abreißen und darauf seinen Biergarten erweitern. Ihn lässt das Schicksal der sturen Frau völlig kalt. Aber Sandra hat Mitleid mit der armen Frau Haslbeck. Um zu überleben, muss sie das Obst aus ihrem Garten verkaufen. Und selbst der soll für den Biergarten Platz machen.
Ohne Häuschen und Garten müsste sie ins Obdachlosenheim. Auch wenn Ingo fest verspricht, sich um die alte Frau zu kümmern, setzt Sandra alles daran, Haslbecks Häuschen zu retten. Eigentlich gehört es ja auch dem Dichl. Der ist Besitzer des einzigen Dirndlgeschäfts in Loisach. Aber es läuft schlecht mit der Trachtenmode, und von dem bisschen Mietgeld, das Frau Haslbeck aufbringt, kann er sich auch nicht über Wasser halten. Ein Käufer für das Grundstück muss her. Aber wer kann mit dem Häuschen und dem Garten schon etwas anfangen, außer der Köblinger. Der will das Haus aber nur ohne Bewohner.
Folge 3 – Der Bischof kommt
Obermeiers Gnadenhof ist ein Paradies für Tiere. Hier können sie bis zu ihrem Tod in Frieden leben. Aber das Tierparadies ist bedroht. Besitzer Johann Obermeier will es verkaufen und sich zur Ruhe setzen. Lange hat er gesucht, um geeignete Nachfolger zu finden. Dabei ist er ausgerechnet an die Gottschlichs geraten. Die kommen für ihre windigen Geschäfte extra aus dem weit entfernten Frankfurt nach Loisach und geben vor, gute Christen und Tierfreunde zu sein. Eigentlich haben sie es aber lediglich auf das Grundstück abgesehen. Auf dem idyllischen Gelände soll ein Hotel gebaut werden. Was nicht niet- und nagelfest ist, wollen sie zu Geld machen, so schnell wie möglich. Die Tiere sollen ins Schlachthaus. Sie belagern den alten Mann mit ihren Lügen und schleimen sich bei jeder Gelegenheit ein.
Nur Obermeiers Gehilfe Ludwig durchschaut die beiden und bittet Sandra um Hilfe. Dabei rennt er offene Türen ein, denn Sandra hat ein großes Herz für Tiere - und auch für den ziemlich attraktiven Ludwig.
Darsteller
Marlene Morreis («One Bedroom») als Sandra Koch
Robert Joseph Bartl («Ausgerechnet Sex!») als Ingo Koch
Gunther Gillian («Geld.Macht.Liebe») als Christian Egger
Frederic Linkemann («Blaubeerblau») als Florian Meichsner
Gerd Anthoff («Unter Verdacht») als Jakob Gegenfurtner
Clara Gerst («Scheidung für Fortgeschrittene») als Bixi Huber
Katharina Schwarz («Aus gutem Haus») als Isabella Hundhammer
Kritik
Mit «Schafkopf – A bissel was geht immer» (Regie: Ulrich Zrenner) scheint es «Heiter bis tödlich» nun auch in den Vorabend des ZDF geschafft zu haben. Die grundsätzliche Ausrichtung ist jedenfalls dieselbe: schön leichtfüßig, gerne vollkommen an der Realität vorbei, so anspruchslos wie möglich und bitte mit recht vielen Feel-Good-Elementen. Heraus kommt, erwartungsgemäß, dieselbe zähe Soße.
Mit der Realität haben die Vergewaltigungen der Juristerei, die man hier zu sehen bekommt, natürlich überhaupt nichts zu tun. Sandra Koch, dumm wie die Nacht, aber trotzdem Anwältin, macht Fehler, mit denen sie eigentlich nicht einmal durch das erste Semester ihres Jurastudiums hätte kommen dürfen. Sie spricht schon einmal den Richter mit „Euer Ehren“ an, will in einem Strafverfahren Widerklage (oder „Gegenklage“, wie sie es nennt) erheben und sieht kein Problem darin, gleichzeitig die Verteidigerin und die Hauptbelastungszeugin zu sein, was der Richter glücklicherweise in letzter Minute noch verhindert. Währenddessen sind die beiden matschhirnigen Dorfpolizisten, deren IQ es gerade noch so zulässt, ohne Ausfälle Türen zu öffnen, damit beschäftigt, der feschen Anwältin, die ja immer die Moral auf ihrer Seite hat, in die Hände zu spielen, wofür sie allenthaben gegen geltende Gesetze verstoßen. Den stockbesoffenen Wirtshausgast ohne Führerschein lassen sie dann aber mit einem Lächeln auf den Lippen ins Auto steigen und losfahren. Macht er schließlich immer.
Die Praktiken der Polizisten, die hier, ohne mit der Wimper zu zucken, als gut und rechtschaffen dargestellt werden, entsprechen fast denen eines faschistischen Staates und würden sich eher irgendwo in Nigeria oder Nord-Korea vermuten lassen. Schon erstaunlich, mit welcher Verachtung des Rechtsstaats man am öffentlich-rechtlichen Vorabend so durchkommt. Denn nicht einmal in Bayern geht es auch nur ansatzweise so zu. Aber das kommt eben dabei heraus, wenn man einer Akademikerin mit Staatsexamen ein „Ich lass' nicht zu, dass süße Pferdchen und Eselchen ins Schlachthaus müssen“ als Handlungsgrundlage gibt.
Ein bisschen kann da nur noch Gerd Anthoff in seiner Rolle des arroganten, aber kompetenten Richters gegensteuern – schließlich ist seine Figur die Einzige, die in einem Haufen von Vollidioten den Rechtsstaat noch aufrecht erhalten kann. Denn nicht nur die Anwältin Koch stellt sich so doof an, dass man ihr nicht einmal den Hauptschulabschluss, geschweige denn ein erfolgreich beendetes Jurastudium zutraut, sondern auch ihr Bruder, der Staatsanwalt, hat so einiges an intellektuellen Defiziten. Es ist klar, worauf die Autoren Andreas Föhr und Thomas Letocha hier aus sind: Sie wollen all die Charaktere als liebenswürdig und gutherzig darstellen. Doch sie machen den Fehler, dass sie das auf Kosten der Intelligenz ihrer Protagonisten tun, wodurch die gesamte Bande stockdoof wirkt. Letztlich ist das auch der Hauptgrund, weswegen man sich auf all diese kleinen, manchmal in Ansätzen auch ganz netten Geschichten nicht einlassen kann. Denn was man hier sieht, ist keine komödiantische Überspitzung der Realität – es hat mit der Realität nicht einmal mehr im Entferntesten etwas zu tun. Gleichzeitig ist aber zu bezweifeln, dass jeder Zuschauer das auch weiß.
Angesichts dieser massiven dramaturgischen Probleme ist es erstaunlich, dass die bis auf einige Kurzfilme und Episodenrollen in ZDF-Prime-Time-Reihen vollkommen unbekannte Marlene Morreis sehr nett und charmant spielt, sogar überzeugen kann, wenn das in all dem Wust aus Kitsch, Verklärung und der Dummheit ihrer Figur noch möglich ist. Gerd Anthoff hat da eine deutlich dankbarere Rolle und spielt sie, wenig überraschend, sehr trocken und überzeugend. A bissel was geht also wirklich immer – sogar am Vorabend, wenn das Gesamtkonzept auf der juristisch-inhaltlichen Ebene noch perverser ausfällt als «Barbara Salesch» oder «Richter Alexander Hold». Bei Sat.1 können die Juristen immerhin Straf- und Zivilrecht auseinander halten. Am ZDF-Vorabend scheint nicht einmal das möglich zu sein.
Das ZDF zeigt «Schafkopf – A bissel was geht immer» ab Freitag, 23. November 2012 um 19.25 Uhr.