Am Wochenende heulten die Formel 1-Motoren das letzte Mal in der Saison 2012 auf. 111 Tage müssen die Formel 1-Fans nun abwarten, bis im März 2013 das Auftaktrennen in Australien startet. Genug Zeit, um die Fernsehlizenzen für das neue Jahr auszuhandeln: Denn – wie auch im Vorjahr – beginnt fast obligatorisch nach der Saison das Rätselraten, ob Sky auch in der Folgesaison den TV-Vertrag verlängert. Gegenüber dem Medienmagazin Quotenmeter.de äußert sich Sky zu der Formel 1-Zukunft offen: «Wir sind stets in Gesprächen mit den Rechteinhabern. Wenn es in den kommenden Wochen oder Monaten zu einer Entscheidung kommt, werden wir Sie sofort darüber informieren.»
Knapp 600 Kilometer liegen zwischen der Sky Deutschland-Zentrale in München und der RTL-Mediengruppe in Köln. Das entspricht etwa zwei Grand Prix-Distanzen. Bis 2015 hält RTL die Free-TV-Rechte, wo sich der Großteil der Fans die Rennen anschaut. Das Team rund um Florian König verlängerte die Verträge ebenfalls um mehrere Jahre. Trotz seines neuen Mercedes-Engagements ist Niki Lauda weiterhin dabei. Der Ex-Formel 1-Fahrer wird zukünftig auch im Vorstand des Mercedes-Formel-1-Teams sein. Einen Interessenkonflikt gäbe es laut RTL und Mercedes nicht: Ausgewogene Experten-Analysen seien weiterhin sichergestellt, wie beide Arbeitgeber des Ex-Rennfahrers beteuern. Trotz leichten Zuschauerrückgängen im Vergleich zu Michael Schumachers Weltmeisterjahren, ist RTL an Grand Prix-Wochenende eine hohe Zuschauerzahl fast garantiert. Der knappe WM-Stand zwischen Sebastian Vettel und Fernando Alonso dürfte dazu ebenfalls beitragen haben.
Nach zwei Jahren in HD könnte demnächst eine weitere TV-Revolution folgen: Die Formel 1 in 3D. Sky Sports-Hauptgeschäftsführer Barney Francis und Formel-1-Chef Bernie Ecclestone seien laut «Times» bereits in Verhandlungen, nachdem bereits erste dreidimensionale Testaufnahmen gemacht wurden. Dabei könnte Sky sogar ein TV-Weltsignal produzieren, das dann weltweit auch bei anderen Sendern eingespeist werden könnte. Diese Aufgabe übernahm bisher eine TV-Produktionsfirma von Ecclestone selbst.
Obwohl das Pay-TV in Deutschland zu kämpfen hat, scheint der F1-Trend weltweit aber immer mehr zum Bezahlfernsehen zu gehen: In Großbritannien zeigt die BBC nur die Hälfte aller Rennen live. Der öffentlich-rechtliche Sender überträgt damit zehn Rennen nur zeitversetzt. Für Fans, die jeden Grand Prix live erleben möchten, bleibt nur der Pay-TV-Sender BSkyB. Als Experte ist der ehemalige Rennfahrer Martin Brundle dabei. Ex-McLaren-Fahrer David Coulthard bleibt Experte der BBC. In den USA verdrängt 2013 die NBC Sports Group nach 17 Jahren den Sender FOX von der Pole Position und überträgt damit in den nächsten vier Jahren die Formel 1 in den USA, wo die Rennklasse bisher keinen so hohen Stellenwert wie hierzulande in Europa genießt. Dennoch ist der riesige US-Markt für die Hersteller unverzichtbar, obwohl selbst das US-Heimrennen regelmäßig auf der Kippe steht. Dies wird sich vermutlich nicht so schnell ändern: Denn der neue Sender NBC plant bisher für 2013 mit der Übertragung von lediglich vier Rennen im US-Hauptprogramm – ganze zwanzig WM-Läufe umfasst der aktuelle Entwurf der Motorsport-Königsklasse in der kommenden Saison. Neben dem Großen Preis von Kanada im Juni 2013 sollen auch die letzten Saisonläufe im US-Hauptprogramm gesendet werden: Dazu zählt das Rennen in Abu Dhabi sowie das Saisonfinale 2013 in Sao Paulo. Zuvor wird auch das US-Heimrennen aus Austin gezeigt, welches Mitte November erstmals ausgetragen wurde. FOX zeigte dieses Jahr die meisten Rennen nur auf dem Spartensender SPEED. Neben dem üblichen «World Feed», welches zum Teil auch in Deutschland zu sehen ist, will die Sendergruppe auch auf eigene Inhalte setzen – zumindest teilweise. Dafür soll stets mindestens ein Reporter vor Ort sein. Die Kommentatoren sitzen hingegen weiterhin fernab der Rennstrecke im US-Studio – wie aktuell auch beim US-Spartensender SPEED. NBC Sports-Programmchef Jon Miller wolle alle Rennen und Trainings innerhalb der Sendergruppe live übertragen. Derzeit werde geprüft, inwieweit Sendezeit-Überschneidungen mit anderen Sport-Events wie der IndyCar-Serie vermieden werden könnten. Der Senderchef sehe insgesamt ein riesiges Zuschauer-Potenzial durch ähnliche Zielgruppen.
Im Ferrari-Heimatland hat sich Sky Italia die exklusiven Übertragungsrechte ab 2013 gesichert: Der Bezahlsender zeigt damit elf der insgesamt 20 Rennen exklusiv im italienischen Fernsehen. Beim frei empfangbaren Sender RAI laufen acht Rennen parallel live, darunter auch der Große Preis von Italien. Alle Highlights können die Tifosi dennoch ohne Sky-Abo genießen. Ähnlich wie RTL und Sky Deutschland, kämpft auch Sky Italia mit dem Free-TV-Sender RAI enorm um Zuschauer. Um den Pay-TV-Kunden mehr Exklusivität zu bieten, soll der Medienmogul Rupert Murdoch laut Branchenschätzungen angeblich rund 65 Millionen Euro pro Saison für diesen TV-Deal investiert haben – halb so viel wie der Free-TV-Sender RAI.
Formel 1-Boss Bernie Ecclestone gab bereits zu, dass womöglich auch andere TV-Kernmärkte auf diese Weise gesplittet werden könnten. Ganz auf das Free-TV wolle die Königsklasse aber auch zukünftig nicht verzichten. Immerhin drohten dann die Reichweiten zu sinken, was weder Teams noch Sponsoren glücklich machen dürfte. Davor warnte nicht nur der BBC-Experte und Ex-Rennfahrer Martin Brundle die Verantwortlichen bereits öffentlich. Unterdessen sei Sky Deutschland zuversichtlich, dass es zeitnah eine Pay-TV-Entscheidung gäbe – neben dem bestehenden Free-TV-Vertrag. Alles andere erscheint auch eher überraschend in dem TV-Land, aus dem der aktuelle Weltmeister kommt.
Quotenmeter.de-Tipp: Wer sich die Arbeit des britischen Bezahlsenders im Nachgang des brasilanischen Grand Prix ansehen will, dem sei folgendes Video empfohlen.