Frau Scharf, früher arbeiteten Sie für Sport1, nun für den SWR. Wie unterscheiden sich die Arbeitsweisen in den Redaktionen?
Quantitativ unterscheiden sie sich. Bei der ARD arbeiten einfach mehr Menschen an einer Sache. Deshalb kann man beim Privatfernsehen manche Dinge schneller lösen, weil es dort auch flachere Hierachien gibt. Ich kann Ihnen gar nicht sagen, was mir persönlich besser gefällt. Sicherlich ist es aber nicht schlecht, bei den Öffentlich-Rechtlichen mehr Zeit und auch die Manpower zu haben, in die Tiefe zu recherchieren bzw. sich intensiver mit einzelnen Themen auseinander zu setzen.
Würden Sie mir zustimmen, dass es heutzutage sehr von Vorteil ist, wenn man eine junge Frau ist und gerade erste Schritte im Bereich Sportjournalismus vor der Kamera machen möchte?
Im Bereich Frauen im Sport tut sich aktuell sehr viel. Ich bin da aber schon wieder einen Schritt weiter. Vor zwei Jahren wurden Sportmoderatorinnen extrem gesucht. Es gab dann fast eine übermäßige Nachfrage. Ich erinnere hier an den Start von Sky Sport News HD. Ich fand das sehr schön damals. Auf der anderen Seite suchen momentan auch sehr viele junge und gute Männer – dass sie Schwierigkeiten haben unter zu kommen, finde ich schade. Genau deshalb ist es meiner Meinung nach auch ein gutes Zeichen, dass das ZDF dem jungen Jochen Breyer in der Champions League eine Chance gibt.
Wie haben denn die Spieler auf Sie als Frau reagiert, als Sie für Liga total! zum Beispiel die Field-Interviews geführt haben?
Ich glaube, dass die Spieler sich bei einer eher jüngeren Frau wohler fühlen. Wenn dort der älterer, arrivierter Kollege wartet, dann haben manche vielleicht Bedenken, dass dieser sie mit seinen Fragen in irgendetwas reinreiten würde. Bei Trainern ist das noch mal anders.
Jetzt haben Sportjournalisten natürlich immer auch breite Kontakte in ihre Branche. Gab es da schon einmal Spieler, die gesagt haben, die Julia Scharf heißt nicht nur so, die ist es auch…
Nicht wirklich. So etwas lese ich eher bei Facebook. Ich versuche mit den Sportlern professionell umzugehen. Natürlich geht die komplette Redaktion mit unseren Studiogästen nach der Sendung Essen – klar spricht man dann auch über verschiedene Dinge. Mehr aber würde ich auch nicht zulassen.
Welche Ziele haben Sie bei der ARD?
Das Schöne ist, dass die ARD einem viele Optionen bietet. Mein Sender, also der SWR, verantwortet zum Beispiel die Fußball-WM. 2014 dabei zu sein, das wäre schon sehr schön. Natürlich ist Olympia für mich auch ein Ziel. Es steht hier aber noch nichts fest, also sind das aktuell wirklich noch Ziele, die es zu erreichen gilt.
Sie werden bald nun auch den Sport in den «Tagesthemen» machen. Wo liegt dort für Sie der Reiz?
Allgemein ist Sportberichterstattung sehr arbeitsintensiv. Bei meiner Sendung «Sport im Dritten» muss man die Konzentration über 60 Minuten aufrecht erhalten. Ich habe viele Gespräche mit Studiogästen und Schalten mit Trainern und Managern, dazu noch das Studiopublikum. Auch wenn meine Einsatzzeit bei den «Tagesthemen» geringer ist, ist es etwas ganz besonderes, dort zu moderieren. Jeder sagt immer, er sei mit der «Sportschau» groß geworden. Viel mehr aber noch sind wir doch alle mit «Tagesschau» und «Tagesthemen» aufgewachsen. Dass ich gerade jetzt starten darf, ist für mich besonders spannend. Ich erlebe das alte Studio noch mit und bin aber auch beim Wechsel ins neue Set dabei.
Der Winter steht jetzt an – wo werden Sie in den nächsten Wochen wieder frieren?
Ich darf bei der Vier-Schanzen-Tournee wieder dabei sein. Matthias Opdenhövel moderiert die Springen, ich bin Interviewerin bei den Springern und Trainern. Mich freut es besonders, dass die ARD, die sich bei den Übertragungen wieder mit dem ZDF abwechselt, diesmal das Neujahrsspringen übertragen darf. Skispringen ist etwas Besonderes für mich und eine der Sportarten, die ich mir auch gerne privat ansehe. Außerdem werde ich für die ARD noch einige Welt-Cup-Springen begleiten.
Für Sport1 haben Sie damals auch Basketball moderiert – das ist jetzt weggefallen. Vermissen Sie die Sportart?
Da blutet mein Herz wirklich. Ich versuche so gut es geht die Ulmer zu verfolgen. Da ich ja noch in München wohne, will ich demnächst unbedingt auch ein Heimspiel des FC Bayern München sehen. Es ist schön, dass kabel eins in die Übertragungen eingestiegen ist – vielleicht kommen somit noch mehr Menschen in Berührung mit Basketball aus Deutschland. Um den Sport aber so zu verfolgen, wie ich es selbst vielleicht möchte, fehlt mir aktuell aber ein bisschen die Zeit.
Machen Sie selbst aktiv Sport?
Ich spiele leidenschaftlich gerne Golf. Da kann ich sehr gut abschalten. Aber oft steht mir da auch mein Perfektionismus im Weg. Aber man muss auf dem Golfplatz auch lernen, alles mal etwas lockerer zu sehen. Ansonsten gehe ich im Winter gerne Snowboarden und Langlaufen. Als Reporterin berichte ich natürlich sehr gerne über Fußball, aber auch anderes macht Spaß: Neulich war ich beim Turnen…
Wobei man sich auf solche Sportarten dann wohl wesentlich intensiver vorbereiten muss…
Das ist richtig. Ich habe ein Training angeschaut und mir heimlich gewünscht, wieder ins Fußball-Stadion zu können. Da weiß ich genau, was ich tue. Beim Turnen musste ich viel Neues lernen.
Frau Scharf, vielen Dank für das Interview.