
Überhaupt hätte RTL besser daran getan weniger in einer derart inflationären Weise auf Effekte und Feuerwerke zu setzten. Selbst Gottschalk bemerkte beim ersten Kandidaten, dass seine interessante Persönlichkeit durch die zahlreichen Lichtspielchen und Bühnenfeuerwerke in den Hintergrund rückte. Denn was hier und da für Hingucker sorgt, stört beim übertrieben Gebrauch der Kölner. Während die Technik nicht immer so wie RTL wollte, funktionierte das Bühnenbild dafür umso besser. Schnell ist hier zu erkennen, dass in Köln absolute Profis am Werk sind. Ob eine Choreographie mit zahlreichen Tänzern, ein halbes Orchester oder mehrere Pferde: Die sehr große Bühne bietet Platz zum Spielen, was die Produzenten wirkungsvoll ausnutzen.
Am Showablauf hat sich unterdessen nichts geändert: Vor jedem Kandidaten zeigt RTL den obligatorische Einspielfilm, der kurz die Person vorstellt. Hierbei wird zunächst noch einmal kurz an den Castingauftritt erinnert, was ohne Frage gerechtfertigt ist. Unnötig ist hingegen der zweite Teil des Films, der oftmals nicht ohne tragisches Schicksal auskommt und für die Quote auf die Tränendrüsen drücken soll. Ein Negativpunkt, den Moderator Daniel Hartwich allerdings oftmals ausbügelt. Er nimmt das, was RTL oft bis über alle Maße dramatisiert, nicht so ernst, erlaubt sich ein Mal einen kleinen Hieb gegen Dieter Bohlen und seine vielmals kritisierte Musik und lockert mit lässigen Sprüchen die Atmosphäre auf. Einen Marco Schreyl braucht er nicht, der großen Bühne ist die neue RTL-Allzweckwaffe längst gewachsen. Überhaupt macht das Zusammenspiel zwischen ihm und der Jury Spaß (Hartwich: „Zwei Männer mit denen ich groß geworden bin, eine Frau mit der ich alt werden möchte.“)

Statt Gottschalk greift Bohlen lieber die Castingkonkurrenz an, von der sich die aus Quotensicht im freien Fall befindenden RTL-Formate langsam Angst bekommen sollten. So behauptet der Pop-Titan, dass im «Supertalent»–Publikum bessere Leute säßen als bei anderen Castingshows im Finale antreten würden. Da es sich anbietet nimmt Bohlen zugleich die Chance war, die Zuschauer zum Bewerben für die nächste Staffel zu motivieren. Nicht zuletzt Hartwich scheint das dann doch ein wenig zu abgehoben zu finden, bezeichnet Bohlen leicht ironisch als „Motivator einer ganzen Nation.“

Das Fazit nach einem fast fünfstündigen RTL-Abend: Gegenüber der Castingphase hat sich das «Supertalent» gesteigert. Am wichtigsten ist hierbei: Dadurch, dass die Show live übertagen wurde, wirkt sich nicht mehr wie eine wild zusammengeschnittenes Format, sondern vermittelt Showatmosphäre, die auch den Fernsehzuschauer mehr ins Geschehen hineinzieht. Natürlich ereigneten sich am Samstagabend keine Sternstunden des deutschen Fernsehens, da aber wirklich nur begabte Menschen auftraten und man auf ein Best-of oder ähnliches der schlechtesten Castingkandidaten verzichtete, tat das Anschauen der Show niemandem weh. An den groben Fehlern, wie vor allem der völligen Verneblung des dritten Auftritts, sollten die Macher der Show hingegen schleunigst arbeiten. Nochmals wird sich die Castingshow, die beim Thema Bühnenbild und Inszenierung schon seit Jahren Maßstäben im Deutschen Fernsehen setzt, so etwas nicht erlauben dürfen.