Hingeschaut

Das Finale von «Dr. House» - Everybody Lies

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War das Serienfinale der amerikanischen Kultserie, das am Dienstagabend in Deutschland zum ersten Mal bei RTL ausgestrahlt wurde, gelungen? Und wie hat sich die Serie um den schrulligen Mediziner über die Jahre verändert? Ein Kommentar von Julian Miller.

Trotz eines nach wie vor hohen qualitativen Niveaus und immer noch akzeptabler Einschaltquoten wurde Anfang des Jahres vom US-Sender FOX, den Produzenten und dem Hauptdarsteller Hugh Laurie die Entscheidung getroffen, die Produktion von «Dr. House» nach dem Ende der achten Staffel einzustellen. Eine nach unten zeigende Quotentendenz und die mit den Jahren exorbitant steigenden Produktionskosten dürften die Hauptgründe gewesen sein. Wenige Wochen vor der Bekanntgabe der Einstellung verkündete FOX-Unterhaltungschef Kevin Reilly noch, dass das Network ohne «House» schwer vorstellbar sei. Seit dieser Season muss es nun ohne die Serie mit der wohl markantesten Ärztefigur der amerikanischen TV-Geschichte gehen. Bei RTL rutschte man mit der Ausstrahlung der letzten beiden Staffeln jedoch sowohl beim Gesamtpublikum als auch in der Zielgruppe deutlich unter den Senderschnitt.

Viele Beobachter führten den Quotenrückgang in Deutschland wie in den Vereinigten Staaten auf einen dramaturgischen Paradigmenwechsel zurück, der sich vor einigen Jahren vollzog. Hauptfigur House und seine exzentrischen Verhaltensweisen waren natürlich von Anfang an der Dreh- und Angelpunkt der Serie, doch konzentrierte man sich in früheren Jahren auf dramaturgischer Ebene mehr als in letzter Zeit auf den immer kuriosen medizinischen Fall der Woche, während sich die Betrachtungsebene des persönlichen Umfelds der Hauptprotagonisten um ein bisschen „sexual tension“ zwischen House und der Gesundheitsmanagerin Lisa Cuddy und Houses schwieriges Verhältnis zu seiner Ex-Frau drehten, sowie seine Vicodin-Abhängigkeit als jahrelanges Dauerthema. Bis auf wenige Episoden war da nicht viel mehr.

In den letzten Staffeln der Serie konzentrierte sich die Narrative dagegen immer mehr auf den Cuddy-House-Konflikt und die persönlichen Lebensumstände der übrigen Hauptfiguren, die in den vorherigen Jahren nur am Rande beleuchtet worden waren. In den letzten Folgen der achten Season wurde zudem ein neuer tragender Plot eingeführt, der die Serie auf den Weg zu einem würdigen und emotional befriedigenden Ende führen sollte: Bei Wilson, Houses bestem Freund und in einer Ironie des Schicksals (oder der Autoren) Onkologe, wird Krebs diagnostiziert. Die letzten Episoden der Serie sind dramaturgisch von Wilsons Verzweiflung über diese herzzerreißende Diagnose geprägt. Zuerst entscheidet er sich mit House zu einer lebensbedrohlichen aber potentiell wirksamen Behandlung, die jedoch nicht von Erfolg gekrönt ist. Wilson beschließt darauf, sich nicht mit einer Chemotherapie zu quälen, deren Prognose ohnehin wenig vielversprechend klingt. Er will in Würde sterben und seine geringe Lebenserwartung von fünf Monaten auskosten.

House geht dies so nahe wie kaum ein Ereignis in den letzten acht Jahren. Die letzten Episoden der Serie sind eine Tour de Force, das dramaturgische Wagnis, den Charakter dieses sonderbaren und hoch komplexen Mannes in einer Extremsituation zu beleuchten – und es funktionierte, nicht zuletzt natürlich auch aufgrund des grandiosen Spiels von Robert Sean Leonard und Hugh Laurie hervorragend.

Dem von den amerikanischen Kritikern überwiegend positiv aufgenommenen Serienfinale gelang es dabei, alle Konflikte zu einem stimmigen Ende zu bringen und mit einer großen emotionalen Nähe zu den Protagonisten sowie einem narrativ ambitionierten Zugang zu erzählen. In der letzten Folge sehen wir einen House, der mit sich auf das Extremste hadert und selbst dann seinen beißenden Zynismus nicht ablegen kann – eine Konstellation, die für viele der besten Folgen der Serie gesorgt hat.

House täuscht schließlich seinen Tod vor und gibt nur Wilson zu erkennen, dass er noch am Leben ist. Ein neues Leben für House und erfüllte letzte Tage für seinen besten Freund. So viel Feel-Good, wie es die Ausrichtung des Formats, die immer von dem grenzenlosen Zynismus der Hauptfigur geprägt war, zulässt. Und damit ein Finale, das für die Serie stimmig ist. Everybody lies. And ultimately, everybody dies. That sucks. But we're just gonna have to live with it.

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