Die Kino-Kritiker

«7 Psychos»

von

Drehbuchautor Marty hat eine Schaffenskrise und landet unversehens in einem blutigen Fiasko.

Was war das für ein Karrieresprung: nach lediglich einem halbstündigen Kurzfilm gelang dem britischen Regisseur Martin McDonagh mit seiner schwarzhumorigen Killerkomödie «Brügge sehen… und sterben?» ein Achtungserfolg. Bei einem geschätzten Budget von 15 Millionen US-Dollar spielte das Langfilmdebüt von McDonagh zwar nicht mal die Hälfte seiner Produktionskosten wieder ein, konnte sich aber recht schnell einen Fankreis aufbauen. In der Erinnerung verankerte sich vorsätzlich der häufige Gebrauch des Wortes „fuck“, das hier – angeblich – ganze 126 und somit 1,18 Mal pro Minute in den Mund genommen wird. Ein ähnlich hohes Ergebnis könnte auch McDonaghs neues Werk erreichen. Doch im Gegensatz zu «Brügge sehen…» geht dem Psychopathen-Ensemble am Ende deutlich die Puste aus.

Marty (Colin Farrell), erfolgloser Autor in Hollywood, braucht dringend ein paar Anregungen für sein neues Drehbuch, denn bisher steht nur der Titel. Durch seinen besten Freund Billy (Sam Rockwell) bekommt er allerdings mehr Inspiration als ihm lieb ist: Als Hundekidnapper mischt Billy die kriminelle Szene durch den Diebstahl eines Shih Tzu ordentlich auf. Sein Pech: Es ist der heißgeliebte Schoßhund des durchgeknallten Gangsters Charlie (Woody Harrelson).

Bevor Marty sich versieht, steckt er mitten in seinem eigenen Drehbuch und will nur noch eins: Überleben – und seine Geschichte zu Ende schreiben…

Sind wir nicht alle ein bisschen Psycho? Die einen mehr, die anderen weniger. Die einen durchgedreht, die anderen mörderisch. Somit mag auch in Filmemacher Martin McDonagh ein kleiner Psychopath stecken, der mit seinem Spielfilmdebüt unter Beweis stellte, dass Killer ein Herz und noch viel mehr Humor haben. Auf seine sieben Psychos trifft weitestgehend selbiges zu, darüber hinaus kommen aber noch eine stattliche Portion Brutalität und jede Menge Schimpfwörter dazu.

Wie auch schon in «Brügge sehen… und sterben?» wird geflucht, was das Wörterbuch hergibt. Anfänglich machen die zusammengeschusterten (unsittlichen) Kosenamen gehörig Spaß, doch McDonagh, der ebenfalls als Drehbuchautor fungierte, schießt gen Ende übers Ziel hinaus. Witze über „Schwuchteln“, die neuerdings lieber „Homos“ genannt werden möchten und vulgäre Wortaneinanderreihungen klingen irgendwann stumpf und abgenutzt.

Dabei konnte mit Sam Rockwell («Moon», «Cowboys & Aliens»), Colin Farrell («Total Recall», «Brügge sehen… und sterben?»), Christopher Walken («Hairspray», «Klick») und Woody Harrelson («Die Tribute von Panem», «Zombieland») eine ganze Riege an namhaften und erfahrenen Darstellern für das Projekt gewonnen werden. Gerade Rockwell sieht man die Freude an seiner Rolle als völlig durchgeknallter Möchtegern-Gangster merklich an. Farrell weiß als in der Krise steckender Drehbuchautor zu gefallen, während Walken als in die Jahre gekommener Hundeentführer für die emotionalsten Momente sorgt. Harrelson hingegen hätten wir mit seiner Figur des knallharten Charlies, der eine ganz besondere Liebe zu seinem Hund pflegt, gerne länger gesehen.

Abnutzungserscheinungen weist zudem die Handlung auf. Bereitet die erste Hälfte durch die chaotische Einführung und Auswahl der sieben Psychos mit ihrer Verrücktheit und Unangepasstheit noch richtigen Spaß, geht es nach der Halbzeit mit der Verlegung des Handlungsortes in die Abgeschiedenheit merklich bergab. Die Gespräche der „Freunde“ ziehen sich wie Gummi im staubigen Dreck und lassen nur noch vereinzelt große Szenen wie ein Massaker auf einem Friedhof aufblitzen. Der rote Faden zieht sich weniger sichtbar durch die Geschichte als in «Brügge…», was das Szenario zwischenzeitlich etwas holprig und konfus wirken lässt. McDonagh verfängt sich in seinem eigenen Wirrwarr und schafft es nur mit Ach und Krach, dieses irgendwie noch zu beenden.

Nach McDonaghs grandiosem Kinodebüt waren die Erwartungen hoch. Erfüllen kann der Brite diese leider nur zu einigen Teilen. In Sachen Flüchen legt er eine gehörige Schippe drauf, die Geschichte gerät dadurch allerdings fast schon zur Nebensache. Die skurrilen und wirklich guten Einfälle werden bereits ziemlich früh verpulvert, so dass für den finalen Akt außer Waffen, Alkohol und wüsten Beschimpfungen nicht mehr viel übrig bleibt. Ein durchaus sehenswerter, weil unkonventioneller und das Genre ironisch beleuchtender Thrillerkomödien-Beitrag ist «7 Psychos» letztendlich trotzdem, obwohl es McDonagh diesmal mit seiner gewollten Coolness und seinem böshaften Humor ein wenig übertreibt.

«7 Psychos» startet am 6. Dezember in den deutschen Kinos.

Kurz-URL: qmde.de/60776
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