Die Kritiker

«Bar 25 – Tage außerhalb der Zeit»

von

Club, Kommune, Parallelwelt: Wie die rund 90-minütige Doku zeigt, war die Berliner Bar 25 Partyhort und Zufluchtsort zugleich.

Die Bar 25 eröffnete 2004 und avancierte rasch zu einem der angesagtesten und bekanntesten Clubs Berlins – weit über die Stadtgrenze hinaus, denn der schrille Laden stellte mit seinem offenen Völkchen an Mitarbeitern und Fans mehr als einen bloßen Technoclub am Spreeufer dar. Um ihn bildete sich eine freigeistige Kommune, die Künstler aus aller Welt faszinierte. So besuchte Kultregisseur Quentin Tarantino während der Dreharbeiten zu «Inglourious Basterds» regelmäßig die alternative Partygesellschaft. Das Gelände, auf dem sich der Club befand, war Teil des Berliner Entwicklungsplans Mediaspree, der vorsah, an dieser Stelle Bürogebäude zu erbauen – Pläne, gegen die mehrfach von den Clubbetreibern und Kommunenmitgliedern protestiert wurde. Letztlich erfolglos, zeigt diese Doku: Im September 2010 feierte man noch eine letzte, fünftägige Party, dann musste die Bar 25 – womit sowohl der Club, das angeschlossene gehobene Restaurant, das Hostel mit Saunabereich und der an die Hippiezeit erinnernde Wohnbereich gemeint ist – ihre Pforten schließen.

Die Regisseurinnen Nana Yuriko und Britta Mischer lebten in der Wunderwelt für Ausgestoßene, Aussteiger und Andersdenkende, die hinter einem Bretterzaun begann – und widmeten ihr mit dieser Dokumentation eine letzte Liebeserklärung. Eine objektive Annäherung an die absonderliche, faszinierende Mischung aus Partygelände und Freigeistdörfchen darf man als Zuschauer da selbstredend nicht erwarten. Jedoch ist «Bar 25 – Tage außerhalb der Zeit» kein Werbefilmchen mit abendfüllender Länge, sondern trotz der subjektiven Einfärbung eine mehrdimensionale Abbildung der letzten Tage der Bar 25 sowie den Versuchen ihrer Betreiber, sie am Leben zu erhalten.

Eingangs überwiegen die stylischen HD-Partyaufnahmen, mit denen Yuriko und Mischer ein tänzerisch geschnittenes, kunterbunt und spielerisch ausgeleuchtetes Mosaik der ausgedehnten Elektrobeat-Partys schöpfen. Die Exzessimpressionen werden durch kurze Portraits ergänzt, in denen die Mitglieder der Bar-25-Parallelwelt ihre Weltsicht erläutern, über ihre Faszination für die Bar 25 philosophieren und auch nachdenkliche Zwischentöne vermelden. Fast der Entwicklung des Clubs zu einem Symbol für weniger bürgerliche Lebensstile gleich, verschiebt die Doku allmählich ihren Fokus auf das tägliche Leben auf dem Bar-25-Gelände. Die darin eingestreute, unkommentierte Darstellung von Debatten darüber, was den Clubleitern wichtiger sein sollte (der kommerzielle Discobetrieb, das Errichten einer apolitischen, in sich geschlossenen Enklave oder die Öffnung gegenüber Touristen, Neugierigen und Gleichgesinnten), bietet Raum für Anschlussdiskussionen und tut auch den ideellen Aspekten des Clubs ihren Dienst.

Im letzten Abschnitt der Doku bilden die Regisseurinnen ab, wie die Clubbetreiber gegen die geplante Schließung angehen. Der Kampf gegen die bürokratischen Windmühlen wird in all seiner Tristesse geschildert, wodurch dieses Kapitel den Flair einer „Fish out of Water“-Tragödie gewinnt. Die Langatmigkeit dessen mag Methode haben, nach Partywelt und Hippieidylle können Bürokratie und Politik nur verlieren, wirkt inszenatorisch aber auch aufgesetzt – die Bar-25-Gemeinde in der Realität zu zeigen wäre ohne subtile filmische Tricks authentischer.

Nachdem diese Dokumentation im Mai 2012 ins Kino entlassen wurde, nahm der Kampf um das Gelände der Bar 25 übrigens eine Wende: Die Betreiber konnten sich im Herbst in einem Bieterverfahren gegen andere Interessenten durchsetzen und planen seither ein Nachfolgeprojekt unter dem Namen „Holzmarkt“.

«Bar 25 – Tage außerhalb der Zeit» ist am Samstag, dem 29, Dezember, ab 22.10 Uhr auf ZDFkultur zu sehen.

Kurz-URL: qmde.de/61191
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