Auch wenn er vielen TV-Zuschauern noch immer kein Begriff sein dürfte, arbeitete Lutz van der Horst in den vergangenen Jahren fast immer für qualitativ beachtliche Comedy-Formate. Unter anderem war er für die alte «Wochenshow», «Switch reloaded» sowie «Harald Schmidt» als Autor tätig, bevor er zuletzt des öfteren bei der «heute-show» auch vor der Kamera auftrat. Mit «Wie werd' ich?» moderiert er an diesem Donnerstag nach «Iss oder quizz» zum zweiten Mal ein Format auf ZDFneo und hat sich auch diesmal wieder weibliche Unterstützung gesucht. In der ersten von vorerst auf neun Episoden ausgelegten Dokutainment-Reihe geht er am Donnerstagabend gemeinsam mit der Junioren-Gedächtnisweltmeisterin Christiane Stenger der Frage nach, wie man "genialer" werden könne.
Das Prinzip der Sendung ist relativ einfach, denn der Ausgangsfrage, wie man genialer werden bzw. seine Hirnleistungen erhöhen könne, gehen die beiden Protagonisten schlicht insofern nach, dass sie verschiedene Möglichkeiten testen, die angeblich genau diese Wirkung entfalten soll. Die Selbstversuche reichen dabei von Live-Kinetik über dem gezielten Schlagen auf den Hinterkopf bis hin zur Stimulation durch Stromschläge und stellen viel eher eine unterhaltsame Aneinanderreihung skurriler Experimente dar, als dass die wirklich langfristige Steigerung der Gehirnaktivität im Vordergrung stünde.
Doch das Ziel, dabei zumindest unterhaltsam zu sein, erreichen van der Horst und Stenger problemlos. Nach einer kurzen und dem Format entsprechenden Vorstellung beider Personen geht es ohne großes Geplänkel auch gleich zur Sache, wodurch einiges an Kurzweil geboten ist. Neben einer angenehmen, unaufgeregten Aufmachung und der spaßigen Durchführung der Hirnakrobatik wissen vor allem die dezent in die Sendung integrierten Erkenntnisse über das Gehirn zu überzeugen, die dem Publikum in erster Linie durch zu Rate gezogenen Fachleute zu überzeugen. Hierdurch wird die Domination des Faktors Unterhaltung leicht ausgeglichen, ohne jedoch den Unterhaltungswert nachhaltig zu senken.
Auch das Moderationsduo weiß durchweg zu überzeugen, da es das ohnehin mit einem Augenzwinkern versehene Ziel des "Klügerwerdens" ebenso wenig ernst nimmt wie sich selbst. Gleichzeitig führen sie es allerdings auch nicht völlig ad absurdum und gehen den einzelnen Stationen ihrer kleinen Expedition entsprechend interessiert nach. Gerade Lutz van der Horst versteht es perfekt, die Menge an humoristischen Einschüben so zu dosieren, dass sie lustig bleiben und das Format nicht zu stören beginnen. Zudem funktioniert auch seine Interaktion mit Christiane Stenger gleich auf Anhieb perfekt, sodass der Moderation kaum etwas vorzuwerfen ist.
Dies gilt aber eigentlich nicht nur für die Moderation, sondern für «Wie werd' ich?» insgesamt. Die Sendung ist, wenn man sie mit der richtigen Erwartungshaltung angeht und sich keinen allzu hohen Mehrwert erwartet, wirklich ausnahmslos gut gelungen. Die kleinen Trips bis hin zur USA versorgen den Zuschauer mit allerlei Kuriositäten, die Moderation ist angemessen, sympathisch und dezent und wenn man bislang nicht gewusst haben sollte, dass Hitze oder Dehydrierung für Gedächtnisleistungen mindestens ebenso schädlich sind wie eine extreme Belastung durch dauerhaften starken Lärm, nimmt man sogar noch die eine oder andere Erkenntnis mit.
Ansonsten aber ist die Genreeinordnung Dokutainment in diesem Fall nicht ganz so angebracht wie im Falle des ebenfalls am Abend in eine neue Staffel gestarteten «Da wird mir übel». Denn während hier das Entertainment in der Tat groß geschrieben und wunderbar umgesetzt wird, vernachlässigt man den dokumentarischen Charakter doch ein wenig. Kann man hiermit allerdings leben und erwartet man schlicht eine kurzweilige, unspektakuläre Abendunterhaltung, ist man hier perfekt aufgehoben. Denn an sich sind den Programmverantwortlichen in diesem Fall kaum Vorwürfe zu machen. «Wie werd' ich?» ist ein durchweg angenehmes, kleines Format für zwischendurch ohne wirkliche Schwächen.