Ich selbst suche dann hier oft nach einer Verschmelzung von Fernsehen und Internet. Stattdessen weisen deutsche Formate meist nur auf ihre Fanpage bei Facebook hin und haben dort 200 Fans. Es ist so unterirdisch altbacken und kommt immer elendig gewollt rüber. Geht es nicht auch anders? Nach deutschen Maßstäben nicht. Wir kopieren lieber Jon Stewart und die «Daily Show», machen daraus die «heute-show», welche aber eigentlich nur ein Update der «Wochenshow» ist. Man tausche Ingolf Lück gegen Welke aus, subtrahiere die Sketche und lasse Gernot Hassknecht jede Woche die gleiche Wutrede mit einem aktuellen Thema einsprechen. Richtig cool und unique ist das trotzdem nicht.
Da lohnt sich ein Blick in das Umland. Die Schweiz hat bereits die Verschmelzung von TV und Netz geschafft. Kaum zu glauben, oder? Ich selbst habe mich seit kurzem mehr mit der Schweiz beschäftigt und wurde so auf Joiz aufmerksam. Ein junger Sender mit einer riesigen Spielwiese für neue Gesichter. Die Themen? Geradezu erfrischend für die eigene Generation. Es geht um Musik, Jobsuche, Gesundheit, Netz und sogar die schweizer iTunes-Charts werden von Ovomaltine präsentiert. Wer zu Joiz kommt? Rapper Cro zum Beispiel und wirkt im Talk total locker. Diese Leute machen Fernsehen ohne den Anspruch das klassische Fernsehmodell zu bedienen. Vielmehr wissen die Zuschauer von der gelebten Interaktivität. Es ist vollkommen normal und gewünscht, dass die Zuschauer sich über Facebook und soziale Kanäle einschalten.
Die Formate auf Joiz sind nicht vollkommen überdreht. Es gibt Reportagen über Mode und Musik. Kleines Team, hübsche Moderatorin und völlig gelöste Stimmung. Gelöste Stimmung? Es wird nicht krampfhaft versucht wie in Deutschland zu produzieren. Man schaut einfach bei den Leuten vorbei und kein Zuschauer müsste wohl Angst vor einem Kamerateam von Joiz haben. Vielmehr ist es anständig produziert, nah an der Kultur der Jugend und doch Fernsehen. Man spürt auch mitunter wie ein Moderator vor einem angepissten Musiker mit seinen Fragen versagt, aber man nimmt es ihm als Zuschauer nicht übel. Vielmehr lernen die Leute dort in der Praxis und das macht Spaß als Zuschauer. Es erinnert an die alten Zeiten von VIVA.
Genau durch diese Herangehensweise entstehen dann neue Highlights und Persönlichkeiten. Warum ich mir dieses Urteil erlaube? Ich habe in den letzten sechs Jahren so viele schlimme Versuche in der Hinsicht gesehen. Die Verbindung zwischen Fernsehen und Internet wirkte stets furchtbar in Deutschland. Dabei ist es eigentlich so einfach wie ein Taschenmesser aus der Schweiz. Anscheinend haben die Schweizer ein Talent für gute Kombinationen.
Auf die Schweiz!
Rob Vegas