Kino-Check

Neu im Kino: Eine doppelte Portion Rost mit Knochen

von

Matthias Schweighöfer macht den Til Schweiger, Hannah Arendt echauffiert sich über Nazis und Rick Karvanian bekämpft Christoph Maria Herbst.

«Ritter Rost»
Ritter Rost (Stimme: Rick Karvanian) kann seinen Sieg über den ebenso starken wie selbstverliebten Prinz Protz (Christoph Maria Herbst) noch gar nicht richtig fassen, da ist die Freude auch schon wieder verflogen: Prinz Protz kann und will seine Niederlage nämlich nicht eingestehen und bezichtigt seinen Kontrahenten des Diebstahls und Betrugs. Rost bekommt umgehend seinen Rittertitel entzogen und wird überdies auch noch von Burgfräulein Bö (Carolin Kebekus) verlassen. In seiner Verzweiflung wendet er sich an seine einzigen verbliebenen Freunde, Drache Koks (Dustin Semmelrogge) und Feuerstuhl, sein treues Pferd. Die beiden helfen ihm so sehr aus seiner Lebenskrise, dass er wenig später sogar Mut fasst, seinen ramponierten Ruf wieder aufzupolieren - und Prinz Protz daran zu hindern, die Macht über ganz Schrottland an sich zu reißen...

Als recht solide bewertet die Mehrzahl der Kritiker diesen deutschen Animationsfilm, wobei Thorsten Krüger von kino.de betont, dass "der primär an Kinder zwischen sechs und zehn Jahren gerichtete Familienfilm wie handgezeichnet" wirke, jedoch trotzdem "in tadellosem 3D" daherkomme. Im Vordergrund stehe hierbei "Feel-Good-Stimmung und temporeiche Turbulenzen", wenngleich Krüger auch eine augenzwinkernde Agitation "gegen die Wegwerfmentalität" zu erkennen glaubt. Josef Lederle von film-dienst.de hält die erzählte Geschichte für "ausschweifend", wobei man "von Wendung zu Wendung eilt, ohne deren Potenzial auch nur annähernd auszuschöpfen". Auch sonst kann er dieser Verfilmung nicht allzu viel Positives abgewinnen, da der "ironisch-freche Ton, der die Vorlage(n) so wunderbar zwischen chansonhaftem Kitsch und brechtscher Verfremdung changieren lässt", hier fehle. Michael Meyns von programmkino.de sieht hingegen bei «Ritter Rost» bestechend starke Subtexte, die neben "wilden Verfolgungsfahrten, Kämpfen mit zweiköpfigen Drachen und anderen Rittertätigkeiten" den Film gerade für die Älteren zu einem erfreulichen Erlebnis machen. Somit bekomme man einen "unterhaltsamen Animationsfilm für Kinder" geboten, "der auch Erwachsenen Spaß macht".

OT: «Ritter Rost» von Hubert Weiland und Thomas Bodenstein; mit Rick Karvanian, Christoph Maria Herbst, Tom Gerhardt, Carolin Kebekus, Hartmut Neugebauer und Dustin Semmelrogge (alles Stimmen)


«Schlussmacher»
Paul (Matthias Schweighöfer) ist professioneller "Schlussmacher" bei einer Berliner Trennungsagentur und erwartet seine Beförderung. Nur noch wenige Paare muss er auseinander bringen, dann hat er endlich die nötigen 1.000 zusammen und kann sich nach nur zwei Jahren Arbeit über etliche Privilegien freuen. Pauls Aufgabe besteht darin, die Trennungswünsche seiner feigen Kunden an deren ungeliebte Partner zu überbringen - ob das beigelegte Paket bestehend aus Schokolade und Champagner wirklich zur Schmerzlinderung beiträgt oder nicht eher als zynisch empfunden wird, ist dabei letztlich egal. Nun hat es Paul mit Toto (Milan Peschel) zu tun, der sich besonders schwer damit tut, die Trennung von seiner Freundin Kati (Nadja Uhl) zu verkraften. Nach einem missglückten Selbstmordversuch nimmt sich Paul seiner an und führt ihn durch seine "Trennungstour" quer durchs Land. Doch als große Hilfe erweist sich Toto dabei nicht...

Ob der neueste Streich von Matthias Schweighöfer als Regisseur und Hauptdarsteller wirklich sehenswert ist, verrät Ihnen Quotenmeter.de-Redakteur Janosch Leuffen in seiner Kinokritik.

OT: «Schlussmacher» von Matthias Schweighöfer; mit Matthias Schweighöfer, Milan Peschel, Catherine de Lean, Nadja Uhl, Anna Bederke und Heiner Lauterbach


«Hannah Arendt»
Die deutsch-jüdische Philosophin Hannah Arendt (Barbara Sukowa) ist schon im Jahr 1933 vor dem nationalsozialistisch geprägten Deutschland geflohen, um anschließend in Amerika einen Job als Dozentin an einer Universität sowie die amerikanische Staatsbürgerschaft anzunehmen. Knapp 30 Jahre später bietet sie dem Magazin "New Yorker" an, den Prozess gegen den am Holocaust mitverantwortlichen Adolf Eichmann journalistisch zu begleiten. Ihre Artikelserie "Ein Bericht von der Banalität des Bösen" löst wenig später eine große Kontroverse aus. Arendt Beschuldigungen an Eichmann führen nicht nur zum Bruch mit Kollegen vom New Yorker Brooklyn College, sondern zerstören auch langjährige Freundschaften - auch die zu ihrem Weggefährten Kurt Blumenfeld (Michael Degen).

Das Portrait der bedeutenden Politikwissenschaftlerin wird bei der Kritik ziemlich begeistert aufgenommen. Tim Slagman von filmstarts.de lobt Regisseurin Margarethe von Trotta, die "sehr überlegt und sorgfältig an ihr Porträt herangegangen" sei und mit Julia Jentsch zudem eine Frau gefunden habe, die ihr Vorbild "als zarte und dennoch bestimmte junge Frau spielt, unter deren zurückhaltender Oberfläche die Sorge um die zunehmend unter Beschuss geratene Arendt durchscheint". Auch die "gut durchdachte und weitgehend überzeugende Inszenierung" trage das Porträt. Jörg Schöning von spiegel.de lobt auch "die im Studio gezimmerte Skyline New Yorks", da diese "zum gelungenen Produktionsdesign" beitrage sowie die "plausibel in die Handlung integrierten Originalaufnahmen des Eichmann-Prozesses". Vor allem aber die Glaubwürdigkeit des Filmes bewirke, "dass man «Hannah Arendt» gern und aufmerksam bis zum Ende folgt". Björn Helbig von kino-zeit.de sieht einige Schwächen, denn vor allem die Geschichte wirke - "obwohl sie sich doch schon auf so wenige Aspekte von Arendts Leben konzentriert - seltsam unkonzentriert". Dies merke man vor allem an den "fast schon zufällig wirkenden Rückblenden". Alles in allem sei das Porträt trotzdem gelungen, da es "dem Zuschauer ein wirksames Gegenmittel gegen das banale Böse zeigt: das eigenständige Denken".

OT: «Hannah Arendt» von Margarethe von Trotta; mit Barbara Sukowa, Axel Milberg, Ulrich Noethen, Michael Degen, Janet McTeer und Julia Jentsch


«Der Geschmack von Rost und Knochen»
Ali (Matthias Schoenaerts) ist Kampfsportler und hangelt sich darüber hinaus von einem Gelegenheitsjob zum nächsten. Eines Tages flieht er gemeinsam mit seinem fünfjährigen Sohn Sam (Armand Verdune) aus Nordfrankreich und findet Unterschlupf bei seiner Schwester Anna (Corinne Masiero) in Cannes. Er findet dort schnell einen Job als Türsteher einer Diskothek und fährt eines Tages die von einer Schlägerei verletzte Stephanie (Marion Cotillard) nach Hause - er kann zu dem Zeitpunkt noch nicht ahnen, dass die Dompteurin von Meeressäugern schon wenig später beide Beine verlieren wird. Zur gleichen Zeit findet Ali Arbeit als Untergrundkämpfer und lässt sich für eine stattliche Summe Geld auch gerne blutig schlagen. Als jedoch die nach ihrem Unfall unter Depressionen leidende Stephanie Kontakt zu Ali aufnimmt, entsteht eine sehr spezielle Freundschaft, die noch für einige Konflikte sorgen soll...

Die Presse nimmt diese spezielle Liebesgeschichte überwiegend sehr positiv auf. Laut Jose Garcia von textezumfilm.de seien "die wiederholten Sexszenen und der teilweise sprunghafte Schnitt" dem Filmrhythmus eher abträglich. Überzeugend sei der Film "trotz dieser Schwächen und eines gegen Ende arg konstruierten Drehbuchs, das sich zwischen Melodram und Liebesgeschichte nicht ganz entscheiden kann", zumindest "in der Darstellung menschlicher Zerbrechlichkeit" dennoch. Denis Sasse von filmtogo.net ist besonders von Hauptdarstellerin Marion Cotillard begeistert. Diese zeige "im gesamten Film eine hervorragende Leistung", vor allem wenn man bedenkt, "dass ihre Beine nur per Computer entfernt wurden und sie sich in diese tragische Situation hineinversetzen musste". Kerstin Decker von tagesspiegel.de sieht hierin "eine Variation auf «Ziemlich beste Freunde»", da "hier wie dort nur die Kühlen, die Mitleidlosen den schwerstbehinderten Helden noch helfen" können. Im Gegensatz zum französischen Kinohit "kommen Cotillard und Schoenaerts mit wenig Worten aus". Ihres Erachtens sei der Streifen "ein Faustschlag Poesie", das eine "ganz eigene Welt" hervorbringe, "in der wir vorher noch nie waren".

OT: «De rouille et d'os» von Jacques Audiard; mit Marion Cotillard, Matthias Schoenaerts, Celine Sallette, Corinne Masiero, Bouli Lanners und Jean-Michel Correia

Kurz-URL: qmde.de/61392
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