Oscar-Experten durchleben eine verworrene Saison. Nach fünf sehr eindeutigen Rennen, höchstens der Zweikampf zwischen «The Social Network» und «The King's Speech» sorgte in den vergangenen Jahren für so manche Debatte, ist das Favoritenfeld bei den 85. Academy Awards so weit wie seit gefühlten Ewigkeiten nicht mehr.

«Argo» war lange einer der Mitfavoriten, verlor allerdings an „Glaubwürdigkeit“ als ernstzunehmender Oscar-Kandidat, als die Nominierungen bekannt gegeben wurden und Ben Affleck nicht zu den Hoffnungsträgern auf einen Regie-Oscar zählte. Bloß «Wings», «Menschen im Hotel» und «Miss Daisy und ihr Chauffeur» erhielten den Hauptpreis, ohne dass sie für ihre Regieleistung nominiert wurden.Außerdem befindet sich «Argo» nicht unter den drei meistnominierten Filmen im diesjährigen Oscar-Rennen, womit ein Gewinn nahezu ausgeschlossen scheint. Diese Hürde nahm bislang nur «Die Stunde des Siegers» von 1981.

Mit Spannung darf man deswegen die Auszeichnungen der Schauspielgewerkschaft erwarten. Mit Nominierungen in sämtlichen Schauspielkategorien erwies sich «Silver Linings» bei der darstellenden Zunft innerhalb der Academy als klarer Favorit. Da Schauspielerinnen und Schauspieler den größten Teil des Oscar-Abstimmungsblocks ausmachen, kann man beim Erstellen seiner persönlichen Oscar-Prognose «Silver Linings» und seine acht Nominierungen also getrost vergessen, sollte die Tragikomödie auch bei den Screen Actors Guild Awards durchfallen. Kommt es indes zum Erdrutschsieg, ja, dann wird man nach der Verleihung die Verzweiflungsschreie aller Oscar-Experten vernehmen, denn sichere Prognosen gibt es dann dank eines Kopf-an-Kopf-Rennens zwischen «Argo», «Lincoln» und «Silver Linings» endgültig nicht mehr.