Dass im Fernsehen geklaut und kopiert wird, ist alles andere als neu. Bei einem Erfolgsformat gibt es schnell zahlreiche Nachahmer – in manchen Fällen löst die Flut ähnlich aussehender Serien oder Shows dann gleich einen ganzen Boom aus. Fernsehsender und Produktionsfirmen haben sich dieses Umstands angenommen und kreieren seit vielen Jahrzehnten ihre Ableger – im Englischen Spin-offs genannt – einfach selbst, bevor es jemand anderes tut. Die Vorteile liegen auf der Hand: Von erfolgreichen Formaten können Charaktere und Titel offiziell übernommen werden; die Cross-Promotion innerhalb des Serienuniversums, beispielsweise mit Gastauftritten, bindet die Zuschauer an das Franchise.
Die vergangenen Jahrzehnte sind daher, wenig überraschend, voll von solchen erfolgreichen Formatablegern. Man denke nur an die Spin-Offs von «Star Trek: The Next Generation» namens «Voyager» und «Deep Space Nine», oder an die «Stargate»-Serien. Die in den vergangenen Jahren wohl auffälligsten Ableger waren «CSI: Miami» und «CSI: New York», die den Erfolg des Originals zeitweise sogar übertrumpften. Das in den USA derzeit beliebteste Serien-Spin-off ist «NCIS: Los Angeles» mit regelmäßig über 15 Millionen Zuschauern.
Eine verbriefte Garantie für gute Quoten ist ein schnell produzierter Ableger aber nicht – im Gegenteil gibt es massenweise Beispiele für Serien, die nicht vom Erfolg des Originals profitierten. Eine solche startet nun wieder in Deutschland: «The Finder», das Spin-off der RTL-Serie «Bones». Dass RTL selbst – oder einer der Schwestersender – auf eine Ausstrahlung von «The Finder» verzichtet hat, lässt dessen geringen Stellenwert erahnen: Das Format feiert am Freitagabend um 22.15 Uhr seine Premiere bei kabel eins, bei der konkurrierenden Sendergruppe also.
In den USA wurde die Serie nach 13 Folgen und einer Staffel eingestellt, trotz des vielleicht besten Sendeplatzes: «The Finder» lief zum Großteil nach der Castingshow «American Idol», dem regelmäßigen Marktführer beim jungen Publikum. Doch nach der Show schaltete mehr als die Hälfte der Zuschauer ab, die Quoten brachen dementsprechend ein. Dass die Serie im Doppelpack mit dem Original «Bones» funktioniert hätte, ist daher fast ausgeschlossen. Inhaltliche Parallelen gibt es ohnehin nicht allzu viele: Der Hauptcharakter von «The Finder» wurde erst in der sechsten «Bones»-Staffel eingeführt und charakterisiert sich hauptsächlich durch seine schrulligen Macken – Monk und Gregory House lassen grüßen. Durch eine Kopfverletzung besitzt der „Finder“ Walter Sherman, einst US-Kriegssoldat, die Gabe, verschwundene Menschen und Dinge wiederzufinden. Paranoia und seltsame Ermittlungsmethoden inklusive.
Vielleicht wirkte die Formel des exzentrischen Hauptcharakters zu ausgelutscht und zu kopiert von den genannten Vorbildern – gepaart mit dem eigentlichen Status als Spin-off war dies wohl zu wenig Originalität. Viele andere Serienableger erlitten zuletzt ein ähnliches Schicksal: Überraschend erfolglos war das Spin-off von «Criminal Minds», obwohl klassische Crime-Serien geradezu prädestiniert für ein Franchise sind. Doch nachdem man vor mehr als 13 Millionen Zuschauern stark gestartet war, ließ das Interesse schnell nach. «Criminal Minds: Suspect Behaviour» (Foto) sahen gegen Ende der Staffel noch acht bis neun Millionen Menschen, das Finale fand nur noch vor gut sieben Millionen statt. Letztlich wurde die Serie auch Opfer des sonst sehr erfolgreichen Lineups des Senders CBS, dem genug Alternativen zur Verfügung standen.
Lang ist die Liste ähnlich unpopulärer Ableger, denen man auf den ersten Blick einen Quotenhit zugetraut hätte: Beispielsweise «Stargate: Universe», das nach den erfolgreichen Vorgängern das gesamte Franchise in eine Krise stürzte – bis heute gibt es keine Pläne zu einer weiteren Realserie im einst so beliebten Serienuniversum. Unter dem Namen «Law & Order» wurden bis heute satte zehn Ableger gestartet, einige davon aber ohne jeglichen Erfolg – zum Beispiel «Law & Order: LA», das dem angestaubten Franchise 2010 eigentlich neue kreative Impulse hatte einhauchen sollen. Und die Sitcom «Joey» wollte den Mega-Erfolg von «Friends» mit Hauptcharakter Joey Tribbiani zumindest ansatzweise fortführen. Heraus kam eine lasche Comedy, die in Staffel zwei so viele Zuschauer verlor, dass die finalen Episoden in den USA nie gezeigt wurden.
Auch skurrile, fast vergessene Ableger befinden sich in den Archiven der Sender: Wie «The Lone Gunmen», das als skurriles Spin-Off vom Serienphänomen «Akte X» in die Geschichte einging. Und nur wenige wissen, dass es von der Comedy «M.A.S.H.» – einem der erfolgreichsten Formate der 80er Jahre – einen Nachfolger namens «AfterMASH» gibt, der die Erlebnisse von Colonel Sherman Potter, Max Klinger und Pater Francis Mulcahy nach dem Koreakrieg schildert. Auch von «Baywatch» gab es den Ableger «Baywatch Nights», in der David Hasselhoff als Privatdetektiv sein Glück versuchte – und in Staffel zwei sogar Jagd auf Vampire und Dämonen machte.
Zu abgedreht oder zu langweilig: Meist scheitern erfolglose Spin-offs an einem dieser beiden Aspekte. Es scheint also doch eine gewisse Kunst darin zu bestehen, die Zuschauer eines populären Formats auch für dessen Ableger zu begeistern. Irgendwie aber auch eine gewisse Kunst darin, daran auch vollständig zu scheitern – wie bei «The Finder» und Co.