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Zum silbernen Jahrestag schenkt das «Stirb langsam»-Franchise seinen Liebhabern nun jedoch einen fünften Teil, und dieser ist Anlass für eine weitere konsensfähige Meinung. Was für ein verseuchtes Geschenk die Produzenten den Kinogängern da machen, denn «Stirb langsam – Ein guter Tag zum Sterben» schießt sich ohne mit der Wimper zu zucken bis zur roten Laterne dieser Actionreihe durch.
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Drehbuchautor Skip Woods, der bereits die kritisch aufgenommenen «X-Mens Origins: Wolverine» und «Das A-Team – Der Film» verantwortete, legte sein Skript zu John McClanes fünften Kinoeinsatz von Beginn an als «Stirb langsam»-Skript an. Umso rätselhafter, dass die daraus entstandene Produktion das geringste «Stirb langsam»-Feeling versprüht, obwohl sämtliche vorhergegangenen Teile auf eigenständigen Drehbüchern oder verworfenen Fortsetzungen anderer Reihen basieren. So gesehen haben Skip Woods und Regisseur John Moore («Max Payne») das Unmögliche möglich gemacht: Nach nur wenigen Minuten breitet sich der fade Geschmack eines 08/15-Actionstreifens ohne jede eigene Identität aus, den Bruce Willis zwischen zwei wichtigen Projekten abfilmt, um sich Langeweile zu vertreiben. Der Vorspann kündigt einen neuen «Stirb langsam» an, doch der Film liefert nur unkonzentrierte, seelenlose Grabbeltischware der Qualitätsgüte von «The Cold Light of Day», «Catch .44» oder «Set Up» ab.
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Schädlicher als die halbseidene Handlung ist jedoch, dass die Verantwortlichen hinter «Stirb langsam – Ein guter Tag zum Sterben» aus den Augen verloren, was diese Filmreihe von den Actionern abhebt, die vor dem Erstling das Kino dominierten. «Stirb langsam» überraschte 1988 in einer Zeit, in der Arnold Schwarzeneggers und Sylvester Stallones Leinwand-Alter-Egos unbeschadet als Ein-Mann-Armee ganze Staaten auseinandernahmen, mit einem Normalo als Helden. John McClane war kein Supermann, seine Pläne schlugen zwischenzeitlich fehl und am Ende des Films war er ein körperliches Wrack. Auch die Fortsetzungen waren zwar nicht gezwungenermaßen hyperrealistisch, so kommt McClanes Tänzchen mit einem Kampfjet in Teil vier in den Sinn, trotzdem blieb McClane ein leidender, an die Grenzen seiner körperlichen Kräfte gehender Held. Und damit hatte er stets die Sympathie des Publikums sicher: McClane ist nicht besonders klug oder herausragend stark – und dennoch gewinnt er mit Willen und Glück den Tag.
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Mancher Kinogänger wird diese Kritikpunkte womöglich abwiegeln. „Dann ist «Stirb langsam – Ein guter Tag zum Sterben» halt seinen Vorläufern gegenüber untreu. Egal, Hauptsache er rockt für rund 90 Minuten als Actionfilm!“ Bloß enttäuscht McClanes fünfter Einsatz nicht nur, wenn man ihn mit «Stirb langsam»-Maßstäben misst, sondern auch, wenn man ihn als alleinstehenden Film betrachtet. Die dynamischste der zentralen Actionszenen des 97-Minüters ist die mit starkem, handgemachten Krawall aufwartende Verfolgungsjagd, bei der allen einfallsreichen Stunts zum Trotz keine Spannung aufkommen will. Regisseur John Moore und sein Stamm-Kameramann Jonathan Sela fangen die ausführliche Sequenz in verwackelten Bildern und zahlreichen Close-Ups ein, die dem Zuschauer aufgrund des schnellen Schnitts durch Dan Zimmerman («Spy Kids 4D: Alle Zeit der Welt») jegliches Gefühl für Übersicht rauben. Hinzu kommen amateurhafte Zooms wie aus einem 70er-Exploitationfilm, die kein Flair aufbringen wie ihre pointierte Verwendung in Quentin Tarantinos «Django Unchained», sondern einfach bloß von Faulheit zeugen.
All diese Komponenten zerstören zusammengenommen die Wucht dieser massiven Actionsequenz, die somit künstlich und undramatisch erscheint – aber noch immer nicht stylisch und hektisch genug ist, um an den schieren Bombast eines Michael Bay zu reichen. Das wäre zwar uncharakteristisch für einen «Stirb langsam»-Film, aber immerhin wieder mitreißend. Was Moore, Sela und Zimmermann verbrechen, fällt dagegen zwischen zwei Stühle. Und dennoch ist die Verfolgungsjagd durch den Moskauer Rush-Hour-Verkehr der Action-Höhepunkt des Films, denn die restlichen Actionsequenzen sind völlig leblose, unbeeindruckende CG-Ungetüme ohne jede Wucht.
Den qualitativen Verfall während des Films muss offenbar sogar Komponist Marco Beltraimi («Scream 1 – 4») bemerkt haben: Lässt er anfangs vorantreibende, kraftvolle und eindringliche, nicht aber zu aufdringliche Begleitmusik erklingen, rutschen seine Kompositionen mit voranschreitender Laufzeit mehr und mehr in austauschbares B-Actionfilm-Allerlei ab.
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Bruce Willis macht auf der Pressetour zu «Stirb langsam – Ein guter Tag zum Sterben» bereits auf einen sechsten Teil heiß. Der darf gerne kommen. John McClane muss dringend einen weiteren Kampf gegen das Böse aufnehmen, denn mit so einem spannungsarmen, charakterlosen Film wie diesem sollte sich keine Leinwand-Ikone in den Ruhestand verabschieden.