Kälte. Schnee. Tristesse. Auf Dauer würde dabei wohl jeder depressiv werden. In Schweden-Thrillern spielen diese Zustände eine große Rolle und sorgen nicht erst seit Tomas Alfredsons «So finster die Nacht» für schaurig-schöne Momente. Das deutsche Fernsehprogramm erfreut sich ebenfalls regelmäßig an den unterkühlten Krimis aus dem hohen Norden.
Lasse Hallström, der zuletzt in Hollywood unterwegs war und dort unter anderem «Lachsfischen im Jemen» und «Casanova» inszenierte, kehrte für «Der Hypnotiseur» nach über 20 Jahren in sein Heimatland zurück. Ganz spurlos scheint der Auslandsaufenthalt bei der Produktion seines neuesten Werkes nicht an ihm vorüber gegangen zu sein.
Schnee ziert die Dächer von Stockholm – Weihnachten steht vor der Tür. Ein plötzlicher Anruf reißt Erik Maria Bark (Mikael Persbrandt) schlagartig aus dem Schlaf. Kriminalkommissar Joona Linna (Tobias Zilliacus) bittet ihn, einen Jungen unter Hypnose zu verhören, dessen Familie kurz zuvor brutal ermordet aufgefunden wurde. Widerwillig lässt sich Bark auf die Sache ein. Was er dabei erfährt, lässt ihm das Blut in den Adern gefrieren.
Die klirrende Kälte und schneebedeckten Landschaften eignen sich hervorragend, um eine frostige Atmosphäre zu entwerfen. Das macht sich auch Hallström zu Nutze, um mit seinem Auftakt gleich jegliche Gedanken an positive Gefühle im Keim zu ersticken. In einer Turnhalle wird ein Lehrer abgestochen, kurz danach werden in einem Haus zwei weitere Leichen entdeckt. Blutüberströmt liegt eine Frau quer über dem Küchenstuhl, ein junges Mädchen mit weit aufgerissenen Augen auf der Couch im Wohnzimmer. Diesen düsteren Grundton versucht Hallström über die gesamte Laufzeit beizubehalten. Allerdings hält das Drehbuch keine ausreichende Spannung bereit.
So gibt es zwar stimmige und ansehnliche Bilder zu sehen, die aufkommenden Längen können diese aber nicht vertuschen. Die Suche nach dem Mörder entwickelt sich dadurch zu einem nur mäßig interessanten Thriller, der eine nachvollziehbare Charakterstudie vermissen lässt. Gerade dem Hypnotiseur fehlt das gewisse Etwas, um ihn von anderen abzuheben. Seine Ehe geht in die Brüche, schlafen kann er nur noch mit starken Tabletten. Dazu schränkt ein Vorfall aus der Vergangenheit, der am Rande touchiert wird, seine Handlungsfreiheit als besonderer Ermittler ein. Zunehmend beschäftigt sich die Geschichte mit dem Leben des „Hypnotiseurs“ und dessen Problemen, als mit dem eigentlichen Mordfall. Eine Figur wird dadurch in den Mittelpunkt gerückt, die im Zusammenhang nicht viel hergibt.
Würde der Regisseur nicht Lasse Hallström heißen, wäre das Krimidrama wahrscheinlich im Nachtprogramm vom ZDF gelandet. Über Fernsehfilm-Niveau kommt der neue Schweden-Export nämlich nicht hinaus. Dafür mangelt es an einer fesselnden Handlung und – noch viel wichtiger – an interessanten Figuren. Eingebaute Konflikte entpuppen sich als Mittel zum Zweck und lassen schon lange vor der Auflösung erahnen, mit was wir es gleich zu tun bekommen. Im Finale allerdings bricht Hallström komplett mit seinem bis dahin schlicht und ruhig gehaltenen Stil. Der Schlussakt gerät völlig aus den Fugen und versucht durch plötzliche Action die schwache Dramaturgie zu kaschieren. Die letzte Glaubwürdigkeit geht somit im wahrsten Sinne des Wortes im eiskalten Nass baden.
Die Romanadaption besticht mit grauen, kalten Bildern, schafft es aber kaum wirklich zu fesseln. Die anfänglich schockierenden Impressionen machen im weiteren Verlauf Platz für ein Familiendrama, das in einem unnötig übertriebenen Chaos endet. Da hätte man sich vom offiziellen Oscarbeitrag Schwedens für den besten ausländischen Film wesentlich mehr erwartet.
«Der Hypnotiseur» startet am 21. Februar in den deutschen Kinos.