Wie sähe die Stimmenverteilung aus, wenn am Sonntag Wahl wäre? Im längerfristigen Vorfeld von Wahlen ist es üblich in Medien und besonders in ARD und ZDF Prognosen über ein mögliches Wahlergebnis zu erhalten. Nach bisheriger Überzeugung, dass dies die Wähler beeinflussen würde, wurden die Berichte in der Woche vor einer Wahl zurückgehalten.
Doch bei der Landtagswahl in Niedersachsen zeichnete sich ein Nachteil dieser Strategie ab. Denn nach Umfragen lag die FDP stets in der Nähe der 5-Prozent-Hürde. Bei der Wahl jedoch verdoppelte sich dieser Wert auf 9,9 Prozent, da durch diese kritische Prognose viele CDU-Wähler ihre Stimme dem erhofften Koalitionspartner gaben. Laut Cicero will das ZDF diesem "manipulativen Effekt", wie es der politische Redaktionsleiter Theo Knoll beschreibt, bei der Bundestagswahl im September durch die Veröffentlichung aktuellster Werte entgegenwirken.
Die ARD hingegen will bei der alten Sendeweise bleiben, da beispielsweise eine Last-Minute-Umfrage vor der Wahl, welche die FDP bei einem niedrigeren Wert anordnen würde als dem bisherigen, eine ähnlichen Wirkung haben würde. Schließlich könnten dann viele Wähler aus taktischen Erwägungen kurzentschlossen ihr Wahlverhalten ändern, was der demokratischen Meinungsbildung ebenfalls gegenläufig wäre.
Nun ist also abzuwägen, ob es bei der heutigen Dichte an Umfragen, die die politische Einstellung beeinflussen, sinnvoll ist vor der Konsequenz der Last-Minute-Prognose halt zu machen.