Inhalt
Die scheinbar heile Welt Altenhains gerät ins Wanken, als der aus der Haft entlassene Tobias Sartorius (Vladimir Burlakov) in das ruhige Dorf im Taunus zurückkehrt und alte Wunden aufreißt. Die Dorfgemeinschaft hatte die Geschehnisse bereits verdrängt: Vor sieben Jahren war der damals 19-Jährige in einem Indizienprozess als Mörder der gleichaltrigen Stefanie Schneeberger verurteilt worden. Die Dorfschönheit, die im Schultheater die Rolle des Schneewittchens gespielt hatte, hatte allen Männern in Altenhain den Kopf verdreht – unter ihnen war auch der damalige Deutschlehrer Gregor Lauterbach (Hartmut Volle). Dessen Leiche wird kurz nach Tobias’ Rückkehr im Wald gefunden. War es Mord oder Selbstmord? Oliver von Bodenstein und Pia Kirchhoff ermitteln und werden schon bald mit der düsteren Geschichte Altenhains konfrontiert.
Darsteller
Tim Bergmann («Mondscheintarif») ist Oliver von Bodenstein
Felicitas Woll («Berlin, Berlin») ist Pia Kirchhoff
Vladimir Burlakov («Ausgerechnet Sibirien») ist Tobias Sartorius
Michael Schenk («Wir wollten aufs Meer») ist Kai Ostermann
Florian Bartholomäi («Der Vorleser») ist Thiess Terlinden / Lars
Ulrike Kriener («Kommissarin Lucas») ist Christine Terlinden
und andere
Kritik
Wenn ein Trend im Fernseh- und Filmbereich derzeit nicht zu leugnen ist, dann ist es der zum Märchen. Ob sich im Kino Hänsel und Gretel oder Rotkäppchen die Ehre geben oder Fernsehserien wie «Grimm» und «Once Upon a Time» das TV-Publikum bespaßen: Die Geschichten der Gebrüder Grimm faszinieren nach wie vor und derzeit mehr denn je. Mit «Schneewittchen muss sterben» einfach nur auf den erfolgversprechenden Zug aufgesprungen zu sein, kann man Regisseur Manfred Stelzer («Balko», «Polizeiruf 110») nicht vorwerfen. Immerhin verfilmte er lediglich einen bereits im Jahr 2010 veröffentlichten Roman von Nele Neuhaus. Wenngleich er den Zeitpunkt für dieses Projekt nicht besser hätte wählen können. Umso enttäuschender mag es da für manch einen sein, dass es sich bei der Bestsellerverfilmung schlussendlich doch „nur“ um einen klassischen Krimi handelt, der sich keinerlei fantastischer Elemente bedient und das Märchen lediglich als Aufhänger für einen Mordfall nutzt. Als solcher funktioniert «Schneewittchen muss sterben» jedoch äußerst gut, auch wenn die Inszenierung eine gewisse Anlaufzeit braucht, um in Fahrt zu kommen.
Der Einstieg in die Handlung und die Inszenierung der Story erweisen sich zu Beginn als holprig. Hektische Schnitte und unübersichtliche Ortswechsel machen es dem Zuschauer nicht leicht, einen Zugang zur Geschichte zu finden. Viele Charaktere werden halbherzig in die Szenerie eingeführt, jedoch ohne sie näher vorzustellen. Vor allem die hohe Anzahl an Haupt- und Nebenfiguren verwirrt schnell, zumal die Charakterisierung der meisten lediglich am Reißbrett entworfen scheint. Die traumatisierte Ermittlerin, die sonderbare Eigenbrötlerin oder die Dorfbewohner, die sich allesamt verdächtig verhalten: Kreativ sind derartige Figurenzeichnungen nicht. Auch das Setting des winzigen Städtchens Altenhain entspricht einer sehr stereotypen Denkweise, denn bis auf die Dorfschenke, einen kleinen Krämerladen und die Wälder bekommt der Zuschauer kaum etwas zu sehen. Mit Ausnahme eines dekadenten Villenanwesens, das jedoch aufgrund seiner Andersartigkeit fast wie ein Fremdkörper in der beschaulichen Idylle wirkt.
Auch die Story, die vor allem in der ersten halben Stunde aus viel Dialog besteht, hat Anlaufschwierigkeiten. Stupide und anfangs ins Leere laufende Ermittlerarbeit mag das Publikum möglicherweise nicht sofort packen. Mit der Zeit kommt jedoch auch das Tempo und die vielen verschiedenen Indizien verdichten sich intensiver als in manch anderem Primetime-Krimi zu einem wirren Geflecht aus Motiven, tragischen Vergangenheiten und Geheimnissen. Dass die beiden Ermittler, solide verkörpert von Felicitas Woll und Tim Bergmann, dabei ebenso wenig verschont werden wie nahezu sämtliche anderen Figuren, sei dabei nur am Rande erwähnt. Bemerkenswert ist, dass sich im Laufe der Zeit etwas genauere Charakterisierungen der einzelnen Figuren ergeben. Diese bleiben zwar weitestgehend oberflächlich und provozieren so gar, dass sich einem der Ausgang des Streifens schnell erschließt, jedoch belässt man es dabei, sämtliche Figuren geerdet und realistisch darzustellen, sodass sich das Gefühl einschleicht, eine derartige Geschichte sei auch in der Realität gar nicht so abwegig. Besonders hervorzuheben sei an dieser Stelle die Schauspielerleistung von Florian Bartholomäi, der glaubhaft in die Doppelrolle eines Zwillingspaares schlüpfte. Hierfür verdient sich «Schneewittchen muss sterben» einen großen Pluspunkt, denn hat das Publikum erstmal einen Zugang zum Film gefunden, ist es schwer, sich der Sogwirkung der Plotentwicklungen zu entziehen.
Aufgepeppt wird der alles in allem trotzdem recht gemächliche Krimi durch ansehnliche Bilder, eingefangen von Johann Feindt («Bittere Kirschen»), der die dunklen, schemenhaften Aufnahmen ebenso gekonnt in Szene setzt wie fast künstlich anmutende Landschafts- und Detailbeobachtungen. So kommt stellenweise tatsächlich das Gefühl auf, hier vermischt sich die Realität gerade mit der Fantasie. Aus dem unaufdringlichen Soundtrack (verantwortlich: Moritz Freise und Biber Gullatz) wäre derweil weitaus mehr rauszuholen gewesen. So beschränkte man sich auf halbwegs aggressive Streicher, wenn die Szenerie mit etwas Spannendem aufzuwarten versucht und sämtliche ruhigeren Passagen durchziehen unauffällige Instrumentalklänge.
Fazit: «Schneewittchen muss sterben» rettet vor allem eine sich als sehr intensiv entpuppende Story, sowie ansehnliche Darstellerleistungen unter den Hauptfiguren. Ansonsten schaffen es sämtliche Charaktere nicht über eine eindimensionale Figurenzeichnung hinaus, zudem fehlt es der Inszenierung insgesamt an Pfiff und Einzigartigkeit. Dennoch erweist sich auch dieser Taunuskrimi als überdurchschnittlich und somit ansehnlich.
Das ZDF zeigt «Schneewittchen muss sterben» am Montag, den 25. Februar um 20:15 Uhr.