Das Verschwimmen von Fiktion und Realität ist sicherlich ein spannender Ansatz für eine TV-Serie. Das neue TheCW-Format «Cult», entworfen von Rockne S. O'Bannon und produziert von Josh Schwartzs Fake Empire Productions, versucht aus dieser Prämisse für ihr Publikum das Meiste zu machen – und erzählt dabei zwar ganz nett, doch weit unter den Möglichkeiten bleibend, die diese Einladung zur Meta-Madness eigentlich bieten würde.
„Cult“ ist auch der Name der fiktionalen Serie, um die sich in «Cult» (also nicht dem fiktionalen „Cult“, sondern dem TheCW-the-Real-Deal-«Cult») alles dreht: Sie handelt vom ominösen Sektenführer Billy Grimm, der einen festen Zirkel von Jüngern um sich schart, die für ihn über Leichen gehen würden. „Cult“ hat seit Sendestart eine große Gruppe an Hardcore-Fans erworben, die jeden Screenshot zu Tode analysieren und sich zu Reenactments treffen. Unter anderem auch Nate, einer dieser Josh-Schwartz-Nerds, gewissermaßen ein Seth Cohen mit Drogenvergangenheit. Nate vermutet mehr hinter „Cult“ und recherchiert so besessen, bis seine Wohnung reif für «A Beautiful Mind» aussieht.
Schließlich in einem vollkommen paranoiden Zustand angekommen, nimmt er Kontakt zu seinem Bruder Jeff auf, der kürzlich bei der „Washington Post“ rausgeflogen ist und sich nun bei einem Käseblättchen in Los Angeles verdingt. Jeff schenkt Nates wirren Erzählungen keinen Glauben – bis er erfährt, dass Nate gekidnappt wurde.
Daraufhin versucht Jeff, mit den Produzenten der Serie in Kontakt zu treten. Vergeblich. Bis auf die Rechercheurin Skye, die schon seit einiger Zeit Wind von den dubiosen Hardcore-Fan-Sekten bekommen hat, erhält er keine Unterstützung.
Konzeptuell hängt hier sehr viel in der Luft. Zwar kann man durchaus anführen, dass das von O'Bannon und Schwartz auch so gewollt ist und sich die Spannung daraus ergeben soll, dass das Bedrohungsszenario sehr vage bleibt und sich aus dem Meta-oder-nicht-Meta-Spielchen speißt. Doch das lässt leider all die Plots sehr ungriffig bleiben und es fehlt an einem stringenten Rahmen, der einem sinnvolle Anhaltspunkte liefern würde, woran man überhaupt sein könnte.
Natürlich liefert der Pilot von «Cult» auch durchaus ein paar spannende Szenen, die nicht zu gewollt auf die typische CW-Zielgruppe getrimmt sind. Im Gesamtkontext aus Psycho-Thriller meets Teenie-Fernsehen bleibt das aber Stückwerk.
Durch die Serie-in-der-Serie-Situation als zentralem Anker der Dramaturgie wäre es möglich gewesen, sich intensiv mit Themen wie Wirkungspsychologie und der wechselseitigen Beeinflussung von Medien und Realität auseinanderzusetzen. Natürlich auch gerne zielgruppenaffin und damit wohl nicht allzu intellektuell. Doch der Pilot verschenkt leider sehr viel Potential mit dem Abhaken billiger Ideen, etwa dem ständigen grinsenden Genöhle des Network-Executives, der ein paar ganz tolle kreative Einfälle zu haben meint und beim Showrunner vorsprechen möchte. Das lenkt von der eigentlich interessanteren Ausarbeitung der zunehmenden Verflechtungen zwischen dem Plot der Serie in der Serie und Jeffs Bemühungen, das Verschwinden seines Bruders aufzuklären, unnötig ab. Will man konsequent düster (und sinnvoll) erzählen, wird man in Zukunft auf diese aufgesetzten Methoden, die intrigante Fernsehwelt vorzuführen, verzichten müssen.
In einzelnen Momenten ist durchaus Potential vorhanden, auch wenn die typische TheCW-Ausrichtung mit all ihren von Brian Lowry aufgezeigten Anachronismen immer störend dazwischenfunkt. Die Prämisse als solche funktioniert – sie hätte nur nicht so schnörkellos auf soapig und vor allem in Bezug auf die Backstorys der beiden Hauptfiguren klischeehaft erzählt werden dürfen, auch wenn man sich mit flotten Sprüchen im Vergleich zu anderen Formaten des Senders schon deutlich zurückgenommen hat, um zumindest den Versuch zu unternehmen, ein Szenario der kontinuierlichen latenten Bedrohung zu entwerfen.
Angesichts der miserablen Quoten wird «Cult» aber wohl sowieso kein Cult-Following erreichen. These things just snap right off.