Klassiker zum Feiertag
Ostern vs. Weihnachten
Welches Fest den Sendern üblicherweise die satteren Quoten beschert, erfahren Sie hier.Wer seine Epen melodramatischer und etwas zeitgenössischer mag, kommt hingegen ab 1.40 Uhr im Ersten zu seinem Sehvergnügen. Dann zeigt der öffentlich-rechtliche Sender Anthony Minghellas mit mehreren Oscars prämierte Miramax-Produktion «Der englische Patient». Die Romanadaption, die dem Cutter Walter Murch fast ein Jahr Arbeitszeit raubte, ist ein ambitioniertes Mosaik, das die Themen Liebe, Krieg und Tod thematisch beeindruckend verbindet und trotz aller Melodramatik niemals pathetisch wird.
Geheimtipps am Karfreitag
Es überrascht zwar nicht, dass die Studio-Ghibli-Produktion «Arrietty – Die Welt der Borger» verflixt gut im Osterprogramm versteckt ist, dennoch stellt es eine Enttäuschung dar. Außerhalb seines Heimatlands konnte dieser bezaubernde Anime über ein kleines Völkchen, das sich überflüssige Dinge von den Menschen borgt, zwar die Kritiker begeistern, doch selbst die treue Fangemeinde des japanischen Traditionsstudios war ungewohnt träge, dem Film im Kino zu annehmbaren Besucherzahlen zu verhelfen. Am Freitagmorgen um 9.10 Uhr im ZDF wird das Publikum wohl leider weiterhin klein bleiben. Prominenter programmiert ist da schon der unerwartet gelungene Fernsehfilm «Krokodil», der ab 21.15 Uhr aus dem üblichen Kitschschema von Fernseh-Liebesgeschichten ausbricht und stattdessen Mario Adorf in einer durchdachten, glaubwürdigen Tragikomödie über einen die Lebensfreude wieder entdeckenden Autoren zeigt (mehr zum Film).
Schon um 18.30 Uhr können Interessierte auf EinsFestival das erst kürzlich mit dem Grimme-Preis prämierte Drama «Der letzte schöne Tag» nachholen. In dem berührenden Fernsehfilm spielt Wotan Wilke Möhring einen Mann, dessen Gattin Selbstmord begeht und der verzweifelt versucht, diesen Schicksalsschlag zu verarbeiten. Wut, Enttäuschung, Selbstvorwürfe, Ausflüchte – Möhrings lebensnah gespielte Figur durchläuft sämtliche Stufen der Trauerverarbeitung und dank der effektiven, nicht aber effekthascherischen Inszenierung hallt die Produktion beim Zuschauer noch lange nach.
Buntes Filmpaket am Samstag
Wer sich am Samstag die filmischen Rosinen herauspickt, erhält ein stilistisch überaus sonderbares, aber qualitativ durch und durch lohnenswertes Filmpaket. Den Anfang macht Sexikone Marilyn Monroe ab 11.55 Uhr im WDR, und zwar mit ihrer wohl besten Rolle: Sugar Kane Kowalczyk. Billy Wilders Komödie «Manche mögen's heiß» mischt munter Elemente der Slapstick-Komödie mit einer Screwball-Romanze, einer frechen Verwechslungsgeschichte und Persiflagen auf archetypische Gangsterfilme. Hinzu kommt ein guter Schuss Melodramen-Parodie und fertig ist die geschmacklich komplexe Zusammenstellung, die mit weniger fähigen Schauspielern und unter einem schwächeren Regisseur völlig konfus wäre, in dieser Form aber zurecht zu den besten US-Komödien aller Zeiten gezählt wird.
Mit mehr als einer Milliarde Dollar weltweitem Kinoeinspiel und massenhaft DVD- und Blu-ray-Verkäufen hat der ab 20.15 Uhr auf Sat.1 laufende Abenteuer-Blockbuster «Pirates of the Caribbean – Fluch der Karibik 2» wohl nicht die dringendste Not, an dieser Stelle empfohlen zu werden. Die meisten Fernsehzuschauer werden die Jerry-Bruckheimer-Großproduktion sicherlich bereits kennen. Doch da zahlreiche Internetkritiken des Films aufzeigen, dass sich viele Kinogänger vom Bombast des Films abschrecken ließen und die leichtfüßige Frische des Originals vermissten, sei trotzdem auf dieses Piratenepos hingewiesen. Denn die Autoren Ted Elliott und Terry Rossio sowie Regisseur Gore Verbinski (Oscar-prämiert für seinen Trickwestern «Rango») nahmen die Herausforderung an, ihren Überraschungshit «Fluch der Karibik» für die Fortsetzung zu reevaluieren und aus dem übernatürlichen Piratenspaß einen dramatischen Abenteuermythos mit selbstironischem Popkultureinfluss zu spinnen, der Genrekonventionen ad absurdum führt und dennoch seine Inspirationsquellen respektiert. Je nach Erwartungshaltung zweifelsfrei ein seltsames Sehvergnügen, aber wenn man sich erstmal an diese leicht verschobene Perspektive gewöhnt hat, kann es passieren, dass man sich enorm mitreißen lässt und sich eines Tages dabei erwischt, lange Absätze über diesen Film zu verfassen und zur Beschreibung dieses Effektspektakels Vokabeln wie „reevaluieren“ und „Genrekonventionen“ benutzt …
Die gehobene französische Filmkunst kommt dann ab 21.45 Uhr bei EinsFestival zu ihrem Recht, genauer gesagt in Form von «8 Frauen», dem mehrfach ausgezeichneten Genremix aus dem Jahr 2002. François Ozon vereint in seinem Überraschungserfolg Kriminalfilm, Musical, Melodram , Groteske und anspruchsvolle Komödie zu einem leicht verdaulichen, thematisch wohl aber komplexen und anregenden Kinoexzess. Ein Exzess der ganz anderen Sorte wartet dann ab 22.05 Uhr bei VOX auf das Publikum: Quentin Tarantinos «Pulp Fiction» dürfte zwar spätestens 1995 als Geheimtipp ausgedient haben, aber die Popkultur-Granate beinhaltet so viele Ideen, Referenzen und inszenatorische Geniestreiche, dass man sich enorm anstrengen muss, sie sich zu oft anzusehen.
Der Metal- und Retro-Samstag
Wer sich am Ostersamstag als Filmmuffel betätigen und ein etwas anderes TV-Programm einschalten will, hat dank der ZDF-Digitalkanäle ausgiebig Gelegenheit dazu. So feiert ZDFneo das 50-jährige Bestehen des Muttersenders mit einem Retrotag voller Kultformate aus vergangenen Tagen. Höhepunkte der Programmauswahl sind «Die Knoff-hoff-Show» (ab 10.35 Uhr), die Taufpatin aller verrückten Experimenteshows, zwei «Wilsberg»-Ausgaben mit den Stargästen Harald Schmidt und Oliver Korittke (ab 20.15 bzw. 21.45 Uhr), Ilja Richters kultig-spaßige Musikshow «Disco» (ab 3.25 Uhr) und die unvergessene «ZDF-Hitparade» (ab 4.10 Uhr).
ZDFkultur widmet sich parallel dazu der Metalkultur und garantiert somit einen krawallig-lauten, wirklich starken Fernsehtag. Die Metal-Programmschiene startet um 13.50 Uhr mit der Reportage «Heavy Metal auf dem Traumschiff» und umfasst außerdem die zwar leicht überschätzte, dennoch aber sehenswerte Doku «Full Metal Village», die ab 14.25 Uhr einen Einblick in das Alltagsleben in Wacken gibt und zeigt, wie die Bewohner des Dorfes über die alljährliche Invasion der Metal-Jünger denken. Über den Tag verteilt zeigt der Digitalkanal außerdem die britische Dokureihe «Metal Evolution», die sich ab 16.55 Uhr, 17.40 Uhr, 18.30 Uhr, 21.15 Uhr und 22.00 Uhr jeweils einer Ära des Metal widmet. Mit «Judas Priest: Screaming for Vengeance» (ab 19.15 Uhr) und «Iron Maiden: En Vivo» (ab 20.15 Uhr) heizen zudem zwei Konzertzusammenschnitte von alteingesessenen Metal-Größen den geneigten Zuschauern ein. Wem das zu schwer(metallig)e musikalische Kost ist, ist derweil ab 23.15 Uhr beim WDR zur großen Retro-Nacht «30 Jahre Formel Eins» eingeladen, in der die Popmusik der Achtziger gefeiert wird.
Die Tipps für den Sonntag und Montag finden Sie auf der nächsten Seite.