«Epic - Verborgenes Königreich»
- Kinostart: 16. Mai 2013
- Genre: Animation/Abenteuer
- Laufzeit: 104 Min.
- FSK: 6
- Kamera: Renato Falcão
- Musik: Danny Elfman
- Regie: Chris Wedge
- Sprecher: Josefine Preuß, Raúl Richter, Christoph Waltz, Reiner Schöne, Oliver Welke, Oliver Kalkofe
- OT: Epic (USA 2013)
Teenagermädchen MK (in der deutschen Synchronfassung gesprochen von Josefine Preuß) kehrt nach langer Abwesenheit in das Haus ihres Vaters, einem verrückten Professor, zurück. Schnell merkt sie, dass beide sich auseinandergelebt haben. Immer wieder spricht ihr Vater von kleinen Waldbewohnern, die man nur unter dem Mikroskop erkennen kann. MK tut diese Äußerungen als Spinnerei ab, bis sie sich eines Tages im Wald verirrt und tatsächlich auf die kleinen Wesen trifft. Einen unglücklichen Zufall später ist MK plötzlich zu einem Winzling geschrumpft und befindet sich mitten in einem Krieg zwischen Gut und Böse. Gemeinsam mit dem sympathischen Krieger Nod (Raúl Richter) und den zwei abgedrehten Schnecken Mub und Grub (Oliver Welke und Oliver Kalkofe) setzt MK alles daran, den Wald vor den Angriffen des fiesen Mandrake (Christoph Waltz – auf Deutsch und Englisch!) zu beschützen und sein empfindliches Gleichgewicht wieder herzustellen.
Während sich andere Vertreter des Animationsgenres darauf beschränken, immer spektakulärere, außergewöhnlichere Welten zu kreieren, besinnt sich «Epic – Verborgenes Königreich» auf die Faszination des Alltäglichen. Regisseur Chris Wedge («Ice Age», «Robots») suchte sich als Schauplatz für seine Fantasygeschichte bewusst einen Wald aus, der überall und somit auch beim Zuschauer direkt um die Ecke sein könnte. Dadurch macht er Magie und Mystik unweigerlich greifbar und erhöht die Chance, dass das Publikum zwangsläufig ins Schwelgen geraten muss. Mit viel Liebe zum Detail und einem Händchen dafür, fiktionale Kreativität mit Realismus zu kombinieren, gelingt es dem Regisseur mühelos, eine etwas andere Fantasiewelt zu schaffen, bei der das Staunen dennoch nicht zu kurz kommt,
So wundert das Fazit kaum, dass «Epic» jetzt schon zu den visuell beeindruckenderen Filmen des Jahres gehört. Und das, trotz eines miserablen 3D-Effekts. Denn leider beschleicht sich angesichts der dritten Dimension der Verdacht, die Macher wollten entweder schlicht mit dem Trend gehen, ohne weiter darüber nachzudenken, oder seien lediglich an den höheren Einnahmen aus den Ticketverkäufen interessiert. Weder in der Tiefe, noch bei den Pop-Outs lässt sich ein Sinn und Zweck in der 3D-Nutzung erkennen. Mehr noch: Erst durch den Effekt wirken die Bilder vor allem während schnellerer und um Tiefe bemühter Sequenzen leicht verwaschen und unscharf. Ärgerlich, wenn man bedenkt, dass dieser Schwachpunkt ohne die Nutzung von Hollywoods derzeit beliebtestem Trend leicht zu umgehen gewesen wäre.
Abgesehen von der Optik setzt sich die Handlung von «Epic» aus den üblichen Versatzstücken eines Fantasy-Abenteuermärchens zusammen. Gut und Böse sind klar definiert. Jeder Charakter lässt sich mühelos entweder der einen oder anderen Gruppierung zuordnen. Es gibt zwischenmenschliche Konflikte, eine sich entwickelnde, jedoch harmlose Liebesgeschichte und den bewährten Comedy-Sidekick. Letzterer besteht in diesem Fall aus dem Duo Oliver Welke und Oliver Kalkofe, die den beiden Schnecken Mub und Grub ihre Stimmen leihen. Die spürbare Dynamik zwischen den beiden führt dazu, dass die Comedians locker mit einem Synchrongenie wie Christoph Waltz mithalten können, sodass sie in der deutschen Fassung sogar das sprachliche Highlight bilden.
Was Scrat für «Ice Age», Pascal für «Rapunzel» oder erst kürzlich der Affe Klammer in «Die Croods» war, sind in «Epic» die zwei possierlichen, grundsympathischen und tatsächlich urkomischen Weichtiere, deren Figurenzeichnung sich allerdings nicht nur darauf beschränkt, Stichwortgeber oder Lückenfüller zu sein. Mit viel Interpretationsanstrengung lässt sich um Mub und Grub sogar die wirklich wahre Heldengeschichte spinnen. Die zwei unterschätzten Außenseiter durchwandern während der gut 100 Minuten die deutlichste Entwicklung vom Taugenichts zum Helden. So fühlen sich beide von Anfang an zu Höherem berufen und sehen dieser „Tatsache“ mit einem extremen Ego entgegen. Doch anstatt, dass sich beide darauf verlassen, dass am Ende immer der Gute die Prinzessin bekommt, mühen sich die Freunde ab, an ihren Schwächen zu arbeiten und werkeln aktiv daran, ihre Umgebung von ihren Qualitäten zu überzeugen. Leider löst «Epic» diese Situation nur insofern durchwachsen auf, als dass beide am Schluss das Fazit ziehen können, dass im Herzen jeder ein Held ist, dennoch hebt sich der Umgang mit zwei derartigen Nebenfiguren überraschend von ähnlich gelagerter Animationskost ab, sodass dieses kleine Detail «Epic» aus der Masse herausragen lässt und mühelos über den ansonsten eher durchschnittlichen Handlungsaufbau hinwegtröstet.
Die Riege der Synchronsprecher liest sich von bodenständig (Raúl Richter, Josefine Preuß) über spritzig-komisch (Welke und Kalkofe) bis zu überragend und damit fast ein wenig fehl am Platz (Christoph Waltz). Waltz mag auf den ersten Blick nicht ganz in eine Reihe mit seinen anderen Kollegen passen und vor allem in der deutschen Fassung spielt sich der zweifache Oscar-Preisträger merklich in den Vordergrund. Im englischen Original hingegen fühlt Waltz sich hörbar wohler und gibt in seinem gewohnt von sich überzeugten Duktus den perfekten Bösewicht ab. Womit sich auch die Frage beantworten lässt, was aus Christoph Waltz werden würde, wenn sich Quentin Tarantino ab sofort nur noch darauf konzentrierte, Animationsfilme zu machen.
Musikalisch wäre angesichts der imposanten Bilder ein weitaus epischerer Soundtrack für «Epic – Verborgenes Königreich» drin gewesen. Da Danny Elfman («Die fantastische Welt von Oz») jedoch ohnehin nicht für große Orchesterklänge sondern vielmehr für die leisen Töne bekannt ist, möge dieser Kritikpunkt nicht allzu sehr ins Gewicht fallen. Insgesamt ist es sogar löblich, dass sich Chris Wedge nicht ausschließlich auf Optik und Akustik verlässt, sondern auch dem Stoff, basierend auf dem Roman „The Leaf Man and the brave good Bugs“ von William Joyce («Triff die Robinsons»), genug Aufmerksamkeit einräumt.
Fazit: «Epic – Verborgenes Königreich» ist nicht ganz so episch wie der Titel es vermuten lässt. Es lassen sich durchaus einige Kritikpunkte finden, gleichzeitig aber auch das Fazit ziehen, dass der Streifen das Publikum für 104 Minuten in eine Welt abseits der Realität entführt, die zum Träumen einlädt, Spaß macht und sich qualitativ vielleicht nicht ganz mit Filmen aus dem Hause Pixar messen kann, aber immerhin ein gutes Stück näher an das Optimum heranreicht, als es viele andere Animationsblockbuster der letzten Zeit tun.
«Epic – Verborgenes Königreich» ist ab dem 16. Mai in den deutschen Kinos zu sehen – auch in 3D!