Inhalt
Hinter den Kulissen
- Regie: Florian Baxmeyer
- Buch: Christian Jeltsch
- Kamera: Marcus Kanter
- Musik: Jakob Grunert
- Kostüm: Astrid Karras
- Szenenbild: Detlef Provvedi
- Schnitt: Friederike Weymar
- Ton: Tina Schulte
- Lichttechnik: Claus Scheipers
Wiedervereint beginnen Inga und Stedefreund mit den Ermittlungen. Sie finden heraus, dass es sich bei der Frau um die Ärztin Marie Schemer handelt. Sie bezichtigt ihren Ex-Mann Joseph, sie zu verfolgen, zu bedrohen und die gemeinsame kleine Tochter und jetzt auch Leo umgebracht zu haben. Tatsächlich gibt es eine Verbindung: Leo leitete vor acht Jahren einen Fall, in dem es um den Tod der Tochter von Joseph und Marie ging. Damals wurde Joseph verurteilt, das Kind getötet zu haben. Wurde Leo deshalb ermordet?
Darsteller
Sabine Postel («Der Dicke») als Inga Lürsen
Oliver Mommsen («Faktor 8 – Der Tag ist gekommen») als Stedefreund
Camilla Renschke («Herz») als Helen Reinders
Matthias Brenner («Das Leben der Anderen») als Dr. Katzmann
Antoine Monot, Jr. («Die blaue Grenze») als Leo Uljanoff
Werner Wölbern («Der verlorene Sohn») als Joost Brauer
Annika Kuhl («Der Mauerschütze») als Dr. Marie Schemer
Heinz Lieven («This Must Be the Place») als Prof. Max Schemer
Peter Schneider («Die Summe meiner einzelnen Teile») als Joseph Wegener
Kritik
Nach dem am 24. Februar ausgestrahlten "Puppenspieler" legen Regisseur Florian Baxmeyer und Autor Christina Jeltsch mit "Er wird töten" erneut einen «Tatort» vor, der aus der Reihe üblicher Sonntagabendkrimis deutlich ausbricht. Während inhaltliche Bezüge zum Vorgänger unübersehbar sind, unterscheidet sich das neue Werk in Inszenierung und Dramaturgie deutlich. Das Entstandene fesselt den Zusehenden in seiner Beklommenheit in einem solchen Maße, dass er darüber vergisst, den Fernseher ursprünglich zu Unterhaltungszwecken eingeschaltet zu haben.
Baxmeyer liefert mit seinem sechsten «Tatort» weniger einen Krimi, als einen finsteren Thriller. Auch wenn darüber gestritten werden kann, ob die ARD-Reihe der beste Schauplatz für eine solche Interpretation des Genres darstellt, umgehen die Künstler vor und hinter der Kamera das mit steter Regelmäßigkeit in Anspruch genommene Fettnäpfchen, in Fragen der Gestaltung Kompromisse einzugehen. Die Vision der hauptverantwortlichen Kreativen spiegelt sich besonders gelungen in der Kameraführung wieder, die, ähnlich der Musik, auch die erschöpftesten Fernsehenden bis 21.45 Uhr wach hält.
Generell gelingt es «Er wird töten», keine Längen entstehen zu lassen und den Grad der Spannung nie so weit zu senken, als dass die eng gestrickte Erzählung für den Zuschauer Entspannungspausen böte. Die deutlich vom Kammerspiel geprägte Szenerie passt sich bis ins allgegenwärtige Schwarz der finsteren Stimmung der Narration an und lässt Nebenhandlungen kaum Platz – letztere Einschätzung bezieht sich in selbem Maße auf den Film, wie auch die unzweifelhafte Aufmerksamkeit des Publikums.
Getragen wird der Film vom Versuch, verschiedene Menschen, die Angehörige verloren haben, in ihrer unterschiedlichen Art der Trauerbewältigung zu verstricken und miteinander interagieren zu lassen. So trauert Lürsen um Uljanoff, kehrt Stedefreund traumatisiert aus Afghanistan zurück, kämpft Marie Schemer mit dem Verlust ihres Kindes, sieht sich Joseph Wegener seines eigenen Lebens beraubt – um nur einzelne Verbindungen zu nennen. In der Darstellung aller Facetten von Bestürzung gelingt dem Film ein glaubhafter Wechsel zwischen laut und leise, der sich mit Fortschreiten der Handlung intensiviert.
Insbesondere Peter Schneider gelingt es, seine Figur erschreckend realistisch zu entschlüsseln und von Monotonie in den emotionalen Ausbruch zu treiben. Obgleich es der Handlung sehr zuträglich ist, dürften zahlreiche Fans des «Tatort» mit um den von Antoine Monot, Jr. dargestellten Leo Uljanoff trauern – ihn der Narration nicht nur zu opfern, sondern vor laufender Kamera quallvoll sterben zu lassen, ist so ungewöhnlich wie mutig. Die grundsätzliche Kritik am bremischen Krimi lässt sich natürlich auch auf «Er wird sterben» übertragen – der Plot dehnt, wieder einmal, die zulässigen Grenzen der Logik, was dem Filmgenuss jedoch nur sehr bedingt Abbruch tut. So wüssten die Mitarbeiter eines realen Polizeistabs wohl zu verhindern, dass eine Traumatisierte nicht nur in einen blutigen Tatort stolpert, sondern im Revier auch noch dem Mann begegnet, der für den Mord an ihrer Tochter verurteilt wurde. Den Verantwortlichen sollte zu diesem Film, der die Durchschnittsqualität öffentlich-rechtlicher Eigenproduktionen deutlich übertrifft, in jedem Falle gratuliert werden.
Der Bremer «Tatort: Er wird töten» wird am Sonntag, den 9. Juni, um 20.15 Uhr im Ersten ausgestrahlt.