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Eine der Lektionen, die wir mit den Batman-Filmen gemacht haben, ist: Wenn man eine so ikonische Figur behandelt, ist es wichtig, den Kanon zu respektieren. Aber man muss auch einige heilige Kühe schlachten, um frisch zu bleiben.
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David S. Goyer über das Uminterpretieren Supermans
Also musste ein Reboot her. Zum Glück für Warner Bros. und DC Comics spielten Christopher Nolan und David Goyer während der Arbeit am Drehbuch zu «The Dark Knight Rises» in Gedanken durch, wie sie den Sohn von Krypton fürs Kino umwandeln würden. Die Verantwortlichen hinter der modernen, realistisch-düsteren Batman-Trilogie trugen ihr Konzept vor und erhielten den Zuschlag. «Da Vinci's Demons»-Serienschöpfer Goyer zwängte sein und Nolans Konzept in ein Drehbuch, der «The Dark Knight»-Regisseur dagegen sollte als Produzent sicherstellen, dass Superman in bestmöglicher Form über die Kinoleinwände düst. Die Regiepflichten hingegen gaben sie an Zack Snyder ab, der sich mit «300» und «Watchmen» als Mann für stylische Comicverfilmungen empfahl und mit «Sucker Punch» die Geister schied.

«Man of Steel» eröffnet bereits mit einer überdimensionalen Darstellung der letzten Stunden des Planeten Krypton, auf dem Wissenschaftler Jor-El (Russel Crowe) beschließen, sich gegen den despotischen General Zod (Michael Shannon) aufzulehnen. Kurz vor seinem Tod und der Implosion des technisch weit fortgeschrittenen Planeten entsendet Jor-El seinen neugeborenen Sohn mit einer Raumkapsel zur Erde, wo er nicht nur das Erbe seiner Spezies bewahren, sondern auch einer ehrvollen Bestimmung folgen soll. Das Kleinkind wird von einem gutherzigen Farmer-Ehepaar aufgefunden (Kevin Costner und Diane Lane), das sich liebevoll um das Findelkind sorgt. Unter dem Namen Clark Kent lernt der jüngste Kryptonier von seinen Adoptiveltern, sich an die seinen Körper zunächst überfordernden irdischen Umstände zu gewöhnen, und dass er besondere Fähigkeiten hat, denen er zwar gerecht werden soll, er aber auch die Feindlichkeit des Menschen gegenüber Andersartigen fürchten sollte. Als Erwachsener zieht Clark (Henry Cavill) daher durch die Welt, und jedes Mal, wenn er eine zu auffällige Wohltat vollführte, taucht er zu seiner eigenen Sicherheit unter. Als aber die toughe Spitzenjournalistin Louis Lane (Amy Adams) den Spuren Clarks nachgeht, erkennt er, dass die Menschheit vielleicht verständnisvoller ist als stets von ihm gefürchtet. Bald darauf startet General Zod, der das Universum auf der Suche nach Jor-Els Sohn durchkreuzte, eine ausgewachsene Attacke auf den Planeten Erde. Clark Kent steht vor einer schwerwiegenden Entscheidung: Vertraut er den Menschen genug, um ihnen vor den Augen der Weltöffentlichkeit zu helfen?

Diese impressionistische Beschäftigung dessen, wie ein mit übermenschlichen Fähigkeiten ausgestatteter Held in der realen Welt wohl handeln und wie es ihn in Mitleidenschaft ziehen würde, weicht mit dem Erscheinen General Zods einem megalomanischen Action-Inferno. Der plötzliche Überschuss an destruktiver, keinerlei Gefangenen machender Action steht jedoch nicht im Gegensatz zu den vorhergegangenen, ruhigeren Momenten. Dieser radikale Stilwechsel von „Zack Snyder emuliert Terence Malick“ zu „Zack Snyder emuliert Michael Bay“ sorgt zwar für ein ungleiches Kinoerlebnis, bedingt sich aber durch die Handlung, die Nolan und Goyer erzählen wollen. Durch Zods Feldzug gegen die Erde muss Clark Kent vom Gelegenheitshelden zum Superhelden aufsteigen – und bei einem Wesen mit seinen Kräften, und noch dazu mit der geringen Erfahrung im Heldentum, die diese Version Supermans hat, führt dies zwangsweise zu einer erschreckenden Schneise der Zerstörung.
Auch wenn es bedauerlich ist, dass «Man of Steel» die erdrückenden Folgen der von Snyder zu gleichen Teilen mit Freude und Schrecken dargestellten Zerstörungsorgie bloß impliziert, bestechen die weitreichenden Kampfsequenzen mit einer hypnotischen Kameraarbeit, effektvollen Sounds, solider Computeranimation und selbstbewusster Dramaturgie. Untermalt wird das XL-Actionfinale von einer treibenden, percussionlastigen und trotz ihrer getragenen Panik sehr harmonischen, emotionalen Filmmusik Hans Zimmers, die Superman akustisch völlig neu erfindet.

Die diversen Schnitzer in «Man of Steel» sowie seine duale Natur hindern diesen Neustart der Superman-Filmreihe sicherlich daran, ein moderner Klassiker wie «The Dark Knight» oder ein Popcorn-Publikumsliebling der Größenordnung von «Marvel's The Avengers» zu werden. Dennoch eröffnet Zack Snyders Bombastfilm dem geneigten Zuschauer eine ungewöhnliche, wundersam stimmige Mischung aus Spektakel und Superhelden-Sinnsuche, aus Christopher Nolans realistischer Superhelden-Dramatik und überwältigendem Thrillride.
«Man of Steel» ist ab dem 20. Juni 2013 in 2D und 3D in vielen deutschen Kinos zu sehen.