Über die künstlerischen Vorzüge und Nachteile von Fortsetzungen werden von Filmliebhabern regelmäßig diskutiert, und auch wenn sich kein genereller Konsens finden lässt, ob Sequels nun dazu verdammt sind, nur in seltenen Ausnahmefällen ihren Ansprüchen gerecht zu werden, so herrscht weitestgehend Einigkeit über Folgendes: Prequels sind viel schlimmer als Fortsetzungen.
Die negative Sicht auf Prequels rührt teilweise vom altbekannten Hass vieler Old-School-«Star Wars»-Fans auf die Prequel-Trilogie. Doch auch viele weitere Prequels fielen qualitativ eher mau aus. Dennoch gibt es auch Vertreter dieser Gattung, die so manches richtig machen. Unter anderem ist Pixars aktuell gestartete Animationskomödie «Die Monster Uni», die zwar bei weitem nicht zu den stärksten Produktionen des Studios gehört, dennoch sehr vergnüglich ist und zu den frischeren Prequels der Filmgeschichte erzählt. Doch welche zwei Lektionen genau kann man aus diesem und anderen gelungenen Prequels lernen?
Verzichte auf De-Mystifizierung: US-Comedian Patton Oswalt erklärt seine Probleme mit den «Star Wars»-Prequels in einer Stand-Up-Routine wie folgt: Sie nehmen alles, was an den alten Filmen cool ist, und zeigen es in einer ungeahnt uncoolen Weise. Einer der denkwürdigsten Kinoschurken der Filmgeschichte? Zuvor war er ein zuckersüßer, naiver Bube! Das ist so, als würde man jemandem, der Angelina Jolie scharf findet ein Foto von Jon Voights Skrotum zeigen – es ist die Herkunft der Actrice, doch will man das sehen? Viele Figuren sind spannend, weil sie sind, wie sie sind, und die Vorgeschichte trübt nur ihre Wirkung. Erzählt man ein Prequel, muss man es also machen wie bei «X-Men: Erste Entscheidung», und eine eh bereits bekannte Vorgeschichte mit Humor, Stil und charaktergesteuertem Drama, neu erzählen, so dass die zentralen Figuren nicht an Ansehen verlieren – oder man nimmt Figuren, die nicht von irgendeinem Mythos leben. Mike und Sully aus «Die Monster AG» sind einfach nur zwei liebenswerte Kumpel – ein Film über ihr erstes Treffen ist da leichter zu verschmerzen als eine Erzählung unter dem Banner „Bevor geheimnisvoller, cooler Schurke böse wurde ...“
Sei dennoch unvorhersehbar: Das ärgste Problem mit Prequels ist, dass die Zuschauer wissen, dass am Ende der Status quo hergestellt werden muss, der zu Beginn des Originalfilms herrscht. Langwierige „Wird der Held dies überleben?“-Szenen sind wirkungslos, wenn der Ausgang eh bekannt ist. Im Falle von «Die Monster Uni» ist bekannt, das Mike und Sully später zu Freunden werden und Mike seinen Berufswunsch, ein Erschrecker zu werden, aufgibt. Doch die im Fokus der Filmhandlung stehenden Handlungsstränge sind dem Zuschauer unbekannt: Wie sieht das Collegeleben in der Monsterwelt aus? Gewinnen Mike und Sully ihre Wette gegen die Dekanin ihrer Bildungsstätte? Diese Fragen werden im Originalfilm nicht besprochen – und daher ist unklar, wie sie beantwortet werden, was wieder Spannung und größere Kurzweil ermöglicht.
Man sieht – es sind zwei offensichtliche, klar verständliche Dinge, die «Die Monster Uni» richtig macht. Daher sollte bereits lange vor Drehbeginn klar sein, ob ein Prequel (zumindest inhaltlich) akzeptiert wird. „Zerstört dies mein bisheriges Bild von X?“ und „Sind dem Zuschauer bereits sämtliche Storypunkte bekannt?“ sind die Leitfragen, die sich jeder Filmverantwortliche stellen sollte. Jedoch wissen wir alle, dass es auch in Zukunft Prequels geben wird, die diese Punkte ignorieren werden. Aber es ist ja schon ein Anfang, wenn sich das Publikum vor dem Kauf einer Kinokarte darüber Gedanken macht. Das erspart viel Frust – und gegebenenfalls gewinnt man dann beim Verzicht einer Filmsichtung Zeit, originellere Werke zu schauen ...