Liebe Fernsehgemeinde, heute gedenken wir eines konzeptlosen Urlaubsspektakels von Sat.1, bei dem keine Ferienstimmung aufkommen wollte.
«Sommer, Sonne, Sat.1» wurde am 21. Juni 1997 in Sat.1 geboren und entstand zu einer Zeit, als die Fernsehmacher regelmäßig versuchten, das jährliche Sommerloch mit Sondersendungen aus beliebten Urlaubsorten zu füllen. Unter anderem produzierte Hans Meiser einige Ausgaben seiner Talkshow auf Mallorca, Arabella reiste mit ihrem Format regelmäßig durch Europa und die Promimagazine «Life! Die Lust zu Leben», «Blitz» sowie «Leute heute» entstanden zeitweise auf Ferieninseln. Was lag daher näher, als eine komplette Show rund um diese Idee zu kreieren?
Anstatt sich jedoch nur auf ein Ziel zu beschränken, nahm sich das Team der Produktionsfirma Tresor vor, live aus wöchentlich wechselnden Locations senden zu wollen. Dadurch stoppte die Sat.1-Karawane im Sommer 1997 in Warnemünde, am Gardasee, am Wolfgangsee, an der Adria und auf den Inseln Sylt, Kreta, Ibiza und Mallorca. Inhaltlich versprach man an den Orten zwar „spektakuläre Action, umwerfende Comedy und witzige Spiele“ darzubieten, verfolgte dabei jedoch kein konkretes Konzept. Vielmehr wechselten sich musikalische Auftritte, Gespräche mit Prominenten und Gewinnaktionen für „Urlaubs-Pechvögel“ unzusammenhängend ab. Das einzig verbindende Element innerhalb der Folgen stellte lediglich der jeweilige Austragungsort dar, zu dem auch die Gäste einen (mehr oder weniger stark ausgeprägten) persönlichen Bezug haben sollten.
So beteiligten sich beispielsweise auf Kreta Anthony Quinn, Vicky Leandros, Chris Rea, Kostas Papanastasiou an der Sommershow, während in Warnemünde und Sylt Roland Kaiser, Claudia Schiffer, Anna Nicole Smith, Karl Dall, WET, WET, WET und Mr. President auftraten. An der Adria waren hingegen Alberto Tomba, Milli Carlucci, Jovanotti und die Gruppe Nelk dabei, bevor Ornella Mutti und ihre Tochter Naike ins Open-Air-Studio am Gardasee kamen. Zusätzlich sollte die Reihe mit Aufsehen erregenden Aktionen wie eine Reck-Kür in 3000m Höhe oder ein Wettrennen zwischen einem Moutain-Bike-Fahrer und einem Rodelweltmeister aufgewertet werden. Kurz, irgendwie erinnerte die fortwährende Unentschlossenheit des Programms stark an den «ZDF Fernsehgarten».
Der langjährige Sportmoderator Jörg Wontorra wurde mit der undankbaren Aufgabe betraut, durch den chaotischen Ablauf zu führen. Dass ausgerechnet er Urlaubsstimmung verbreiten sollte, erschien bereits im Vorfeld eher zweifelhaft, denn mit seinen steifen Auftritten bei «Bitte melde Dich», «Erben gesucht» und als Schwangerschaftsvertretung von Margarethe Schreinemakers hatte er zwar journalistisches Potential, aber wenig Unterhaltungswert bewiesen. Wahrscheinlich fiel die Wahl vor allen aus vertraglichen Gründen auf ihn, denn sein damaliger Arbeitgeber sicherte ihm neben der Moderation seiner etablierten Sendungen auch die Präsentation von einigen Specials pro Jahr zu, die mit der Sommershow vollständig abgegolten werden konnten.
Wontorra selbst zeigte sich anfangs begeistert von seinem neuen Engagement, weil darin vor allem Menschen im Vordergrund stehen würden. Zudem hätte er an der Entwicklung des Konzepts mitgearbeitet und sich für größere Talkelemente eingesetzt. Auch die Tatsache, dass es trotz aller damit zusammenhängenden Herausforderungen live ausgestrahlt wurde, schrieb er sich in einem Interview selbst zu. An seiner Seite sollten Daniela Noack und das deutsch-römische Busenwunder Manuela Weber retten, was noch zu retten war. Doch bereits nach drei Folgen gab Weber auf und verließ die Produktion kurzfristig.
Geholfen haben all diese Bemühungen dennoch nicht. Das zweistündige Event konnte am Samstagabend zur besten Sendezeit mit Reichweiten um 2,5 Millionen Zuschauern nicht überzeugen, sodass ihm keine Verlängerung für die folgende Urlaubssaison vergönnt war. In einem späteren Interview mit der Hamburger Morgenpost machte Wontorra dramaturgische Schwächen für den Misserfolg verantwortlich: „Das Konzept stimmte nicht, es gab keine klare Linie, war ein einziger Mischmasch.“
«Sommer, Sonne, Sat.1» wurde am 09. August 1997 beerdigt und erreichte ein Alter von acht Folgen. Die Show hinterließ den Moderator Jörg Wontorra, der noch bis zum Jahr 2003 für Sat.1 als Sportjournalist tätig war und dann den Fußballtalk «Doppelpass» im DSF übernahm. Seine Co-Moderatorin Daniela Noack präsentierte zunächst das Datingformat «Bzzz – Singles am Drücker» und für einige Monate das Boulevardmagazin «Blitz», bevor sie zur Assistentin von Marco Schreyl in der Neuauflage von «Der große Preis» wurde. Manuela Weber war später kurzzeitig als Naddels Nachfolgerin bei «Peep!» im Gespräch, erhielt aber letztlich doch keinen Vertrag.
Möge die Show in Frieden ruhen!
Die nächste Ausgabe des Fernsehfriedhofs erscheint am kommenden Donnerstag und widmet sich dann der Mallorca-Ferienshow von RTL.
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