«Portlandia» (IFC)
Portland im US-Bundesstaat Oregon ist etwas anders als die restlichen Vereinigten Staaten. Als eine der progressivsten Städte des Landes ist sie Lebensmittelpunkt von zahlreichen Künstlern, Avantgardisten und Umweltbewussten. So erscheint das Stadtbild mit all seinen Parks deutlich grüner als in vielen Städten der USA, außerdem hat sich eine nachhaltige und auf Bio bedachte Lebensmittel- und Esskultur entwickelt. Ein gut vernetzter ÖPNV und zahlreiche Fahrradfahrer prägen das grüne Image von Portland – und auch der Comedyserie «Portlandia», die meint: Wenn eine Stadt so verrückt anders ist als der Rest der USA, dann müssen es ihre Einwohner erst recht sein.
Die Hauptrollen im Satire-Format beim Kabelsender IFC werden, ähnlich wie bei «Little Britain», von zwei Darstellern verkörpert, die in verschiedene wiederkehrende Rollen schlüpfen: beispielsweise den aggressiven und Auto-hassenden Radfahrer; die ultrafeministischen Buchverkäuferinnen; die mitfühlenden Restaurantgäste, die erst die Hühnerfarm auf ihre artgerechte Tierhaltung überprüfen, bevor sie einen der Vögel verspeisen. Anders als «Little Britain» glänzt «Portlandia» mit Subtilität, mit frischen Ideen, mit deutlich weniger Redundanz – und passt in den Zeitgeist des nachhaltigen Lebensgefühls, das auch in Deutschland wunderbar parodiert werden könnte. Ein besonderes Highlight sind die Promi-Gastrollen, darunter jene von «Twin Peaks»-Star Kyle MacLachlan: Er spielt den Bürgermeister von Portland, der selbstredend keinen normalen Bürostuhl in seiner Amtsstube benutzt. Sondern – wie sollte es in dieser Stadt anders sein – auf einem altmodischen Sitzball Platz nimmt. Und so könnte auch «Portlandia» beschrieben werden: Die Serie ist der Sitzball unter den US-Satiren.
«Soul Food» (Showtime)
Die Serie ist eine der ersten Drama-Produktionen des Bezahlsenders Showtime, der später Hits wie «Dexter» und «Homeland» landen sollte. «Soul Food» knüpft inhaltlich an den gleichnamigen Film von 1997 an und erzählt die Geschichte der Familie Chadway, die sich nach dem Tod ihrer Matriarchin neu finden muss, und in der alle Familienmitglieder ihre Rollen und ihre Verantwortung neu ordnen müssen. Es ist die Erzählung von Hinterbliebenen, die einen Menschen verloren haben und die ihrerseits mit dieser Leere auf ganz unterschiedliche Art umgehen. Bis das Leben wieder seinen etwas geregelteren Lauf nimmt: Kinder werden geboren, Freundschaften werden geschlossen, Liebende werden zusammengeführt, Streitende werden entzweit.
«Soul Food» spricht die grundsätzlichen Fragen und Themen des Lebens afroamerikanischer Menschen an, die sich in der Gesellschaft der USA weiterhin ihren Platz erkämpfen und mit Vorurteilen leben müssen. Das Thema der Hautfarbe wird immer wieder thematisiert, grundsätzlich aber ist «Soul Food» hervorragendes Drama-Fernsehen für jeden Zuschauer. Dies erkennt man allein daran, dass die typischen Tropen, die sonst gern in Serien mit afroamerikanischen Protagonisten verwendet werden – Gewalt, Drogen, Ghettos – hier kaum eine Rolle spielen. Die verzerrte Sicht, die Film und Fernsehen mit Schwarzen oft produzieren, wird bei «Soul Food» zurechtgerückt – umso wichtiger vielleicht, dass erst recht Menschen anderer Hautfarbe die Serie entdecken.
«Oz» (HBO)
Auch vor den vielgerühmten «Sopranos» hatte HBO eine Serienvergangenheit. Bereits 1997 startete die Pay-TV-Plattform mit «Oz» ihre erste eigene Drama-Serie und bestach auf Anhieb mit jenem Merkmal, das später selbstverständlich für viele HBO-Formate werden sollte: dramaturgische Qualität. «Oz» spielt in einem Hochsicherheitsgefängnis und dokumentiert den Alltag von Insassen und Wärtern, die oft nur um ihr eigenes Wohl – teilweise um ihr eigenes Überleben – kämpfen. Umgeben von Drogen- und Warenhandel, von Gruppenkämpfen, von rauer Gewalt, versucht Tim McManus das Gute in den Menschen zu erkennen: Als Leiter einer experimentellen Gefängnisabteilung setzt er auf Rehabilitation und große Eigenverantwortung seiner Insassen. Und damit auf ein großes Risiko.
«Oz» besticht mit einer äußerst realistisch und ungeschönt anmutenden Atmosphäre; es sollte den Qualitätsanspruch vieler späterer HBO-Serien vorgeben. 1997 überraschte «Oz» als eine der ersten Pay-TV-Serien mit seinen visuellen und kreativen Freiheiten, die im normalen Fernsehprogramm bisher ungekannt waren. Als Parabel aufgebaut, wird jede Folge der Serie durch den Gefängnisinsassen Augustus Hill philosophisch kommentiert und in einen gesellschaftlichen Kontext gestellt. «Oz» hat es als erste HBO-Qualitätsserie in den USA mittlerweile zu einer relativen Bekanntheit gebracht, erfuhr aber im Vergleich zu vielen anderen Formaten des Senders nie die verdiente Würdigung. In Deutschland ist die Serie eher unbekannt, vor allem, weil es bisher weder eine TV-Ausstrahlung noch eine DVD-Veröffentlichung gegeben hat. Insgesamt existieren 56 Folgen in sechs Staffeln.
«Black Mirror» (Channel 4)
Produzent Endemol beschreibt die Serie als „twisted parable for the Twitter age“, sie gilt unter Fans als das Beste, das derzeit im britischen Fernsehen gezeigt wird: «Black Mirror» ist eine Anthologieserie im Stil der «Twilight Zone» und erzählt in jeder Episode eine andere Geschichte mit einem anderen Cast – in einer anderen Realität. Selbst zwischen den Genres wechselt «Black Mirror» munter umher, sodass der Zuschauer nie sicher sein kann, was ihn in der nächsten Episode erwartet: Vom politischen Thriller über die Entertainment-Satire bis zum apokalyptischen Survival-Horror ist alles möglich.
Eine zentrale Rolle in der Serie spielen die digitalen Technologien, mit denen wir uns im Alltag immer mehr umgeben: Serienerfinder Charlie Brooker will in «Black Mirror» die Nebenwirkungen dieser regelrechten Droge beleuchten; in den titelgebenden schwarzen Spiegel schauen wir tagtäglich und sehen uns selbst: im ausgeschalteten Fernseher, Smartphone, Tablet, Laptop. Von «Black Mirror» existieren bisher sechs Folgen, für eine hat sich Hollywood-Star Robert Downey Jr. bereits die Filmrechte gesichert. 2012 gewann die Serie einen International Emmy.
«Men of a Certain Age» (TNT)
Nach seiner erfolgreichen Sitcom «Alle lieben Raymond» startete Comedy-Superstar Ray Romano den Versuch einer eigenen Show im Kabelfernsehen. Heraus kam das Format «Men of A Certain Age», das 2009 beim Sender TNT startete und eine nur allzu gewöhnliche Prämisse hat: Drei langjährige Kumpels – der spielsüchtige Joe, der ständig gestresste Owen und der erfolglose Schauspieler Terry – erleben gemeinsam die Midlife Crisis.
Was sich liest wie eine dröge Buddy-Comedy, wie es sie zahllos im amerikanischen Fernsehen gibt, entpuppte sich bei TNT schnell als Geheimtipp – vor allem auch unter Zuschauern, die mit Romanos vorheriger Network-Sitcom nicht warm geworden waren. In «Men of A Certain Age» bewies er sein großes schauspielerisches Talent, ebenso die anderen Hauptdarsteller, die zuvor hauptsächlich im Drama-Bereich gearbeitet hatten und hier umso mehr überraschten. Was die Serie vom üblichen Einheitsbrei abhebt, sind die Drehbücher, die nicht nur witzige Momente bereithalten, sondern auch melancholische und dramatische – ähnlich, wie «Louie» diese Mischung später perfektioniert hat. «Men of A Certain Age» wurde nach nur zwei Staffeln abgesetzt, gilt bis heute als beste Produktion von TNT im komödiantischen Fach.