Quoten von «Big Brother» USA
Zuletzt sahen rund sieben Millionen des Gesamtpublikums zu, damit lag man rund 15 Prozent über den Werten des Vorjahres. Beim werberelevanten Publikum erreicht das Format derzeit acht Prozent Marktanteil, einen Punkt mehr als 2012. Seit acht Jahren bewegen sich die «Big Brother»-Zahlen in den USA auf konstant gutem Niveau zwischen rund 6,5 und 8 Millionen Zuschauern im Schnitt. Die Reality-Show wird jährlich im Sommerprogramm von CBS gezeigt.Außerdem ist das amerikanische «Big Brother» in diesem Sommer nochmals erfolgreicher als 2012. Irgendeine Faszination muss dieses Format doch ausüben können inmitten der fast flächendeckend sinkenden Quoten für das amerikanische Reality-Fernsehen: Frühere Hits wie «The Biggest Loser» oder «The Apprentice» haben längst ihren Glanz verloren, selbst Castingshows wie «American Idol» verlieren Millionen Zuschauer – der „Große Bruder“ bleibt die positive Ausnahme. Aber warum?
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Rund acht Jahre ist es also her, dass ich bewusst vor dem Fernseher gesessen und «Big Brother» geschaut habe. Nach der elften Staffel im Jahr 2011 legte RTL II das Format vorerst auf Eis; seit rund zwei Jahren ist hierzulande keine Container-Staffel mehr ausgestrahlt worden. Mittlerweile hat sich Sat.1 die Rechte gesichert, zeigt im September eine Promi-Variante. Das originale, echte «Big Brother» aber, das ich aus früheren Staffeln kenne und das ich gern wiedersehen würde – ich hoffe es in der amerikanischen Version zu finden.
So also startet mein Selbstversuch, die Faszination von «Big Brother» in den USA zu ergründen. Ich beginne mit Episode 14, es ist das Ende der fünften Woche im Container. Im Vorspann wird mir nähergebracht, was zuletzt passierte: Bewohnerin Aaryn scheint ein intrigantes Spiel zu spielen, sie versucht andere in ihre Pläne einzuweihen. Worum es geht? Um Nominierungen, eine wichtige Währung im «Big Brother»-Universum. Schon immer war es so, dass die Bewohner sich untereinander nominieren, einer von den Meistnominierten muss am Ende der Woche das Haus verlassen – wer das letztlich ist, entscheiden in den USA ebenfalls die Bewohner selbst.
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Und einen weiteren Vorteil hat der Hausvorsteher: Er darf dem US-Konzept zufolge zwei Bewohner nominieren, die sich der Abstimmung stellen müssen – und ist damit die mächtigste Person in der ganzen Show. Diese Macht verleitet zum hinterlistigen Spiel, wie Aaryn es praktiziert: Sie schloss in der Vorwoche einen Deal mit ein paar anderen Bewohnern, um selbst im Haus zu bleiben. Wenn die Bewohner sie nicht rauswählen, dann muss Aaryn als Hausvorsteherin deren Nominierungswünsche befolgen. Die Situation ist nun eingetreten – und allmählich spricht sich überall herum, dass einige Bewohner einen Deal gemacht haben.
Schnell erkenne ich als neuer «Big Brother»-Zuschauer, dass sich im Haus längst ein sozialer Mikrokosmos gebildet hat – mehrere Feindlinien, mehrere Grüppchen, die gegeneinander intrigieren. Es fallen Sätze wie: „Wir sind Feinde“ oder „Ich hoffe, dass ich keinen Pakt mit dem Teufel eingegangen bin“. Das Konzept erscheint mir anfangs komplex, erschließt sich aber schnell. Und es bietet viel Freiraum für die Bewohner, untereinander mit Stimmen und Nominierungen zu handeln. Ein großer Vorteil der US-Version ist, dass die Bewohner nicht nur die Nominierten bestimmen, sondern später auch denjenigen, der endgültig das Haus verlässt. In der deutschen Version entschieden dies beispielsweise die Zuschauer per Telefon-Abstimmung, sodass der Handlungsspielraum für die Bewohner selbst eingeschränkt war.
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Im Gegenteil scheint man hier Wert auf eine ausgewogene Mischung an normalen Kandidaten zu legen, die nicht ins «Big Brother»-Haus einziehen, um eine Starlet-Karriere zu starten. Da gibt es besagte College-Studentin, einen jungen Professor, eine Polit-Beraterin, einen Arbeitslosen, einen Pizzaboy. Erstmals fällt mir auf, als ich diese Zeilen niederschreibe: Dieses «Big Brother» ist angenehm unaufgeregt, sympathisch, überraschend unskandalös. Und trotzdem spannend. Ich habe tatsächlich Spaß beim Zuschauen.
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