Die Kritiker

«Polizeiruf 110: Zwischen den Welten»

von

Bukow lässt wieder den Bad Boy raushängen - mit allen Klischees und dramaturgischen Unzulänglichkeiten, wie Julian Miller meint.

Hinter den Kulissen

  • Produktion: Filmpool Film- und Fernsehproduktion GmbH
  • Regie: René Heisig
  • Drehbuch: Michael B. Müller, Jens Köster und Thomas Stiller
  • Kamera: Peter Nix
  • Produzentin: Iris Kiefer
Inhalt
In einem Waldstück bei Rostock wird die Leiche einer jungen Frau aufgefunden - Julia, Jurastudentin und Mutter der kleinen Franzi. Ihre Tochter hat das Verbrechen überlebt und führt Bukow zu der Toten. Das Kind ist traumatisiert.

Warum gerade sie? Das fragen sich alle - der Lebensgefährte und Vater des Kindes, Stefan Wenning, wie auch die Nachbarn Hanna und Frank Freese. Julia sah gut aus, war klug und schaffte es neben ihrem zeitintensiven Jurastudium auch noch, sich rührend um die Erziehung ihrer Tochter zu kümmern. Bukow und König finden einfach kein Motiv für den Mord. Und was hat das Kind gesehen? Das Mädchen schweigt beharrlich.

Julias gesamtes Umfeld wird durchforstet. Ihr Mentor, Professor Meiners, malt das Bild einer vorbildlichen Studentin. Lisa, Julias Kommilitonin und einzige enge Freundin an der Uni, kann sich nicht erklären, wer ihrer Freundin das angetan hat. Allerdings haben Bukow und König das Gefühl, dass Lisa etwas zu verbergen hat.

Darsteller


Anneke Kim Sarnau («Dr. Psycho») als Katrin König
Charly Hübner («Ladykracher») als Alexander Bukow
Andreas Günther («Danni Lowinski») als Anton Pöschel
Josef Heynert («Der Dicke») als Volker Thiesler
Fanny Staffa («Die Boxerin») als Vivian Bukow
Alice Dwyer («Ein ruhiges Leben») als Lisa Schöning
Aurel Manthei («Kommissar Stolberg») als Frank Freese

Kritik


Da ist er wieder: Charly Hübner als Badass Cop Bukow, der das Herz auf dem rechten Fleck haben soll. Was beim Rostocker «Polizeiruf» so viel zu heißen hat, wie dass sein Diensthandbuch irgendwo ganz unten in der Schublade Staub ansammelt. Street Smart always wins, lautet die dramaturgische Devise, und wer Verbrechen aufklären soll, muss freie Hand haben und soll nicht von sowas wie einem Rechtsstaat behindert werden.

Vielleicht ein bisschen überinterpretiert. Aber diese Conclusio drängt sich einem in „Zwischen den Welten“ nun einmal auf. Dass als Gegenstück zum semilegalen Hands-on-Approach eines Bukow ein dubioser verkopfter Juraprofessor etabliert wird, der mit allerhand zwielichtigen Gestalten in Verbindung steht, kann man noch als narrative Unzulänglichkeit abtun. Spätestens wenn Bukow einen Strafverteidiger mit „Was sind 'n Sie für 'n Anwalt? Anwalt des Verbrechens?“ anraunzt, würde man den Autoren aber ganz gerne die ZDF-Serie «Verbrechen» empfehlen, wo man mit diesem Berufsstand deutlich differenzierter umgeht.

Bukow vertritt die Meinung, dass der Rechtsstaat vor der Verbrechensaufklärung in den Hintergrund zu treten habe, – und die Autoren lassen ihn.

Nicht nur das macht diese Figur so unsympathisch. Es ist auch diese unerträgliche Art, wenn er den Hinterbliebenen dafür verurteilt, dass seine ermordete Frau der Prostitution nachging, um ihre Familie zu ernähren. Bukow ist ein alter Reaktionär. Großartig debattiert wird das in „Zwischen den Welten“ nicht. Es ist so, Punkt. Dafür flechtet man eine dümmliche Liebelei zwischen seiner Frau und seinem Kollegen ein, schickt ihn auf Sauftouren, lässt ihn mit schlechten Kalauern („Lisa Schöning? Schöner Name!“) witzeln und Begriffe wie „gender-mäßig“ verwenden, um zu zeigen, dass er moderne Gesellschaftsformen nicht versteht und nicht verstehen will. Die Geschlechterrollen sind im Rostocker «Polizeiruf» ohnehin klar verteilt: Männer haben harte Schalen und Frauen sind hysterisch. Man will ein bisschen Wild West in Meck-Pomm und für den Anflug vom Künstlerischen versucht man, die Jurastudentin Lisa Schöning als noir-eske Femme Fatale zu inszenieren.

Überzeugen können allenfalls einige wenige Momente, etwa Bukows Szenen mit dem kleinen traumatisierten Mädchen, in denen sich zeigt, welche Klasse von Charly Hübners Spiel ausgehen kann. Doch der Rest ist zumeist alberner Stammtisch und der Ruf nach einer Verbrechensaufklärung, die sich gerne außerhalb der Rechtsordnung ansiedeln darf, wenn es denn der Sache dient. Die Guten brauchen die Strafprozessordnung nur im Groben zu kennen.

Jemand wie Bukow wäre für den Polizeidienst in der Realität vollständig ungeeignet. Hier präsentiert man ihn als das Ideal, das in einer gender-mäßigen Zeit aber nicht mehr existieren kann. Der neue «Polizeiruf 110» unterstreicht das mit einem suggestiven „Leider“. Dabei wäre ein „Gott sei Dank“ viel angebrachter.

Das Erste zeigt «Polizeiruf 110 - Zwischen den Welten» am Sonntag, den 25. August um 20.15 Uhr.

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