Cast von «Sleepy Hollow»
- Ichabod Crane: Tom Mison («Parade's End»)
- Abbie Mills: Nicole Beharie («American Violet», «Shame»)
- Cpt. Frank Irving: Orlando Jones («MadTV», «Dr. House»)
- Katrina Crane: Katia Winter («Dexter», «Arena»)
Nach diesem mörderischen Beginn setzt die eigentliche Story der neuen Fantasy-Crime-Serie «Sleepy Hollow» 232 Jahre später ein, in unserer Gegenwart: Ichabod Crane erwacht in einer Höhle von den Toten und erkennt bald, dass in einer fernen Zeit lebt, in einem veränderten Sleepy Hollow, das zur modernen Kleinstadt herangewachsen ist.
Die TV-Serie, vor mehr als zehn Millionen US-Zuschauern in dieser Woche gestartet, erzählt die klassische Kurzgeschichte „Sleepy Hollow“ von Washington Irving weiter. Im literarischen Original wird der Dorfschullehrer Ichabod Crane bei einer Feier in die Sagengeschichte um den Kopflosen Reiter eingeweiht, der in Sleepy Hollow sein Unwesen treiben soll. Auf dem nächtlichen Heimweg durch den Wald begegnet Crane dieser Gruselgestalt wirklich – und ist des Morgens spurlos verschwunden.
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Fast gleichzeitig wird Ichabod Crane von der Polizei festgenommen und des Mordes am Sheriff verdächtigt. Niemand weiß, wer dieser offenbar verwirrte Mann ist, niemand kann seine Aussagen verstehen. Die Gegensätze zwischen der Lebenswelt Cranes und der heutigen Realität werden mit einem Augenzwinkern dargestellt. So gibt es eine kleine, amüsante Unterredung zwischen Crane und der schwarzen Abbie Mills, nachdem dieser verwundert feststellt, dass Mills sich gar nicht wie eine Sklavin benimmt. Abbie klärt ihren Gefangenen darüber auf, dass die Sklaverei vor 150 Jahren abgeschafft wurde – „It’s a whole new day in America“, sagt die Polizistin selbstbewusst.
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Gegen ihre Vorgesetzten und Kollegen lässt sie sich auf Crane ein, die beiden entwickeln sich zum ungleichen Duo. Für Abbie ist er der einzige, der zur Lösung der Mordfälle beitragen kann, wenn auch auf unkonventionelle Weise. Auf den ersten Blick mag diese allzu langweilige und tausendfach gesehene Konstellation zweier gegensätzlicher Partner («Castle», «Sherlock» etc.) enttäuschen, in «Sleepy Hollow» wird sie durch die teils grandiosen Dialoge und die stimmige Chemie zwischen den Schauspielern gerechtfertigt. Tom Mison spielt seinen Ichabod Crane bodenständig und vielleicht etwas zu gewöhnlich, Nicole Beharie die Polizistin Abbie sympathisch und selbstbewusst.
Auch die leichte Selbstironie des Formats gefällt, die vor allem bei den wirren Reaktionen Cranes auf die Errungenschaften des 21. Jahrhunderts pointiert werden. Und trotzdem schafft es die Serie in ihrer Pilot-Episode, Spannung und Suspense aufzubauen – besonders bei den zahlreichen nächtlichen Szenen und der starken visuellen Inszenierung des mörderischen Antagonisten. Regisseur Len Wiseman («Underworld», «Total Recall») kreiert die passende Atmosphäre mit starken Bildern und überraschenden Kameraeinstellungen – beispielsweise, getreu dem Thema, auf dem Kopf.
Größter Pluspunkt aber ist der Fokus dieser ersten Episode auf die beiden zentralen Charaktere Crane und Mills – ihnen wird genug Platz eingeräumt, eigene Hintergrundgeschichten zu entwickeln und ihre Figuren mit Inhalt zu füllen. Bei Crane geschieht dies durch häufige Rückblenden in das 18. Jahrhundert, bei Mills durch Gespräche und Solo-Szenen, in der sie unter anderen von ihrer psychisch kranken Schwester erzählt. Trotz des engen Fokus werden – auch in den Flashbacks – genügend Andeutungen gemacht, dass es sich bei «Sleepy Hollow» um eine Geschichte epischen Ausmaßes handeln wird, mit einem geheimnisvollen Mysterium um das Jüngste Gericht, das mit dem Kopflosen Reiter seinen Anfang genommen haben soll.
Zwangsweise kommen andere Serienfiguren zu kurz; so erscheint Abbies Vorgesetzter mit seinen einfältigen Sätzen mitunter unfreiwillig komisch. Auch erweckt sich gegen Ende der leichte Eindruck, dass die Geschichte doch arg konstruiert ist – aber bei Fantasy-Serien wie dieser sind solche Makel nebensächlich. Insgesamt hat «Sleepy Hollow» mit seinem Auftakt die Befürchtung widerlegen können, dass das gesamte Format lächerlich und ‚cheesy‘ wirkt; und als Zuschauer ist man froh über jede neue US-Serie, die etwas anders daherkommt als typische episodische Krimi-Vertreter. Ist «Sleepy Hollow» kopflose Unterhaltung? Ja. Aber richtig gute dazu.
Unsere First Looks zu einigen Serien-Neustarts der US-Season gibt es ab sofort jeden Samstag bei Quotenmeter.de.