Liebe Fernsehgemeinde, heute gedenken wir des Beweises dafür, dass nicht jede Idee beliebig kopierbar ist.
«Na also!» wurde am 21. Oktober 1995 bei RTL II geboren und entstand zu einer Zeit, als sich die damaligen Platzhirsche RTL und Sat.1 ein großes Duell um die besten Moderatoren und Shows lieferten. Insbesondere Thomas Gottschalks millionenschwerer Wechsel von RTL zu Sat.1 und seine neue Sendung «Gottschalks Hausparty» gerieten in ein großes Medieninteresse. Von dieser allgemeinen Aufmerksamkeit wollte offenbar auch der Fernsehproduzent Holm Dressler profitieren, der gleichzeitig versuchte, den ZDF-Klassiker «Na Sowas!» - also jenes Format, das für Gottschalks endgültigen Durchbruch gesorgt hatte - zu reaktivieren.
Dressler, der in den 1980er Jahren als fester Redakteur bereits für das Original zuständig war, entwickelte ein Konzept, das inhaltlich eine schlichte Kopie des einstigen Kultformats war, was nicht zuletzt am ähnlich klingenden Titel deutlich wurde. Erneut sollten in der einstündigen Live-Sendung Gäste aus Sport, Musik und Politik sowie nationale und internationale Stars empfangen werden. Erneut sollten Menschen mit außergewöhnlichen Fähigkeiten ihre Talente zeigen. Erneut wurde dafür als Sendeplatz der Samstagvorabend ausgewählt. Und erneut wurde das Programm als „bunte Wundertüte“ beschrieben.
Das Problem bei dieser Idee war nur, dass es sich bei «Na Sowas!» hauptsächlich um eine Personality-Show handelte, die maßgeblich von Thomas Gottschalk lebte. Dieser stand für die Neuauflage aber nicht zur Verfügung. Auf der Suche nach einem geeigneten Ersatz glaubten die Verantwortlichen schließlich bei Dieter Moor fündig geworden zu sein. Er war zuvor durch seine satirischen Ansagen bei den Medienmagazinen «Canale Grande» und «studio/moor» aufgefallen. An seiner Seite sollte das ehemalige Sat.1-Gesicht Gundis Zámbó («Riskier’ was!», «Cluedo» ) durch die Spiele führen, die außerhalb des Fernsehstudios stattfanden.
Wie einst im ZDF versuchte auch das Remake mit Live-Aktionen die heimischen Fernsehzuschauer in das Geschehen einzubeziehen. Bei RTL II entwickelte sich dies zur „Jagd nach dem Handy“, bei der jeweils 50 einfache Bürger ein neues Exemplar gewinnen konnten. Dafür mussten sie verschiedene Aufgaben lösen. In der Premiere waren die Geräte beispielsweise in einem Acker versteckt, den unzählige Kandidaten daraufhin durchsuchten. Dahinter steckte ein großer Mobilfunkanbieter, der die damals noch neuen Telefone auf diese Weise bekannter machen wollte.
Die erste Ausgabe, in der unter anderem eine Frau auftrat, die ihre Hand um 360 Grad drehen konnte und ein Mann zu sehen war, der ein Feuer mit seinem Ohr ausblies, erhielt eher durchwachsene Kritiken. Bemängelt wurde hauptsächlich das Grundkonzept, das allzu angestaubt und unspektakulär wirkte. Zudem wurde die Handy-Aktion als misslungen eingestuft, weil sie zu Bildern führte, in denen gierige Menschen würdelos im Dreck wühlten. Der Gastgeber Dieter Moor wurde hingegen eher bemitleidet, weil er mit seiner bekannten ironischen Art tapfer versuchte, gegen die sonstigen Banalitäten anzumoderieren.
Eine ähnliche Einschätzung schienen die Fernsehzuschauer zu teilen, denn die Reichweite betrug zum Auftakt lediglich 770.000 Menschen. Als dieser Wert auf 460.000 Zuseher absank, kündigte Dressler eine vorläufige Produktionspause an. Offiziell wurden dafür Finanzierungsprobleme mit einem Sponsor und ausdrücklich keine inhaltlichen Schwierigkeiten genannt, aber angesichts der desaströsen Publikumsresonanz war dies nur schwer glaubhaft. Daher wurden Beratungen angekündigt, inwieweit das Format im kommenden Kalenderjahr fortgesetzt werden könnte. Es kehrte aus dieser Pause allerdings nie wieder zurück.
«Na also!» wurde am 11. November 1995 beerdigt und erreichte ein Alter von vier Folgen. Die Show hinterließ den Moderator Dieter Moor, der anschließend für eine simple Reihe über Las Vegas zum ZDF wechselte und später im Ersten in «Ex! Was die Nation erregte» an frühere Skandale erinnerte. Als er im Sommer 2006 die Vertretung für das 3sat-Magazin «Kulturzeit» übernahm, etablierte er sich schließlich wieder für anspruchsvollere Inhalte, was sich in seinen weiteren Verpflichtungen bei «Titel, Thesen, Temperamente» und «Bauer sucht Kultur» widerspiegelte. Gundis Zámbó widmete sich ab dem Jahr 1996 in ihrer «Vorher-Nachher-Show» bei tm3 eher seichteren Themen. Ihre Bildschirmpräsenz fand ein bisheriges Ende durch ihre Teilnahme am RTL-Dschungel von «Ich bin ein Star, holt mich hier raus!», an die sich keine weiteren nennenswerten Engagements fürs Fernsehen anschlossen.
Möge die Show in Frieden ruhen!
Die nächste Ausgabe des Fernsehfriedhofs erscheint am Donnerstag in zwei Wochen und widmet sich dann dem Höhepunkt der Samstagabend-Spielshows von RTL.