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Der Inhalt von «Wetten, dass..?» ist der eine Teil, doch der fast noch wichtigere Teil ist der Moderator. Spätestens seit Thomas Gottschalk die Show als Star derselben zu einem wesentlichen Teil mitgeprägt hat, liegt ein besonderer Fokus auf dem Gastgeber. Das weiß der Neue nur zu gut und vielleicht liegt es gerade daran, dass Markus Lanz in seiner Premierenstaffel zumeist farblos und unsouverän blieb. Lanz wird die Last des TV-Schlachtschiffes auf seinen Schultern spüren und konnte sich bisher noch nicht von ihr befreien. Die Frage ist aber auch, ob er überhaupt die Anlagen dazu hat, sich gekonnt „freizuschwimmen“, wie «Wetten, dass..?»-Erfinder Frank Elstner es ausdrückte. Lanz ist nun einmal kein Entertainer, der das Publikum mit Charisma und Glamour mitreißen und begeistern vermag. Er ist schlicht ein einfacher Moderator im Mittelmaß – und das reicht einfach nicht für «Wetten, dass..?». Da konnten in der ersten Staffel nicht einmal seine partiellen Showmaster-Qualitäten als Klavierspieler oder Stuntman etwas dran ändern, einfach weil ihr Einsatz zu gewollt wirkte. Wenn Lanz die Show ansonsten langweilig und ohne große Führungsqualitäten im besten Wortsinne nur moderiert, kommen auch spezielle Show-Einlagen künstlich herüber. Ganz nach dem Motto: „Eigentlich will der Markus ja nicht, aber um ihn etwas zu pushen und ihn präsenter zu machen, muss er jetzt mal wieder ran!“
Das ist dieselbe Wirkung wie bei der Lanz-Challenge. Der Gastgeber wollte gerne alles im Griff haben, hatte es aber faktisch meist nicht, weil ihn spritzigere Gäste überlagerten. Er war in der Regel zu zurückhaltend, zu leise, zu steif und zu nett. Überdies fehlt Markus Lanz generell etwas, was für einen «Wetten, dass..?»-Moderator eigentlich das A und O ist – die Fähigkeit zum Quatschen. Lanz kann, etwas böse und überspitzt gesagt, einfach nicht vernünftig reden. Sein manchmal auffälliges Einatmen und Stoppen in der Sprache sind bereits aus seiner Talkshow bekannt, doch am Samstagabend gesellten sich nun auch noch Kunstpausen dazu. Wenn der Gastgeber am Ende eines Gesprächs einfach mal kurz inne halten musste und gerade nichts zu sagen wusste, förderte das die Langeweile der Sendung. Durch die bei Lanz fehlende Wortgewandtheit und Schlagfertigkeit blieben leider auch von Gottschalk bekannte flotte Sprüche und unterhaltsames Kommentieren der Wetten aus. Typische Lanz-Phrasen wie etwa „Bedanke mich sehr, sehr herzlich!“, „Großer Spaß!“ oder „Spektakuläre Wette!“ trugen ihr Übriges dazu bei. Angesichts dieses schwachen Moderators ist es also kein Geheimnis, dass eine Co-Moderatorin, bzw. Assistentin der Show ganz gut tun würde, die Markus Lanz etwas unterstützt und Teile seiner Farblosigkeit ausgleichen könnte. Mit Cindy aus Marzahn war allerdings in der vergangenen Staffel eine Assistentin am Werk, die dabei den Bogen wiederum überspannt hat und als umstrittene Trash-Komikerin einige treue «Wetten, dass..?»-Zuschauer vergrault haben wird.
Es ist offensichtlich, dass der ZDF-Klassiker mit all diesen inhaltlichen und äußerlichen Mängeln nicht auf Erfolgskurs bleiben wird. Blickt man auf die Zuschauerzahlen, die sich in der ersten Staffel nach Gottschalk von anfangs über 13 Millionen auf zuletzt gut sechs Millionen halbiert haben, bestätigt sich dieser Eindruck umgehend. Das kann nicht der Anspruch von Europas größter Fernsehshow sein, zumal ZDF-Intendant Thomas Bellut vor dem Lanz-Einstand im Oktober 2012 acht Millionen als Mindestmaß ausgegeben hatte. Im Zuge der sinkenden Werte und der fast einhelligen Kritik von Presse und Zuschauern, die jedoch zuletzt teilweise schon etwas zu übertrieben hart ausfiel, droht «Wetten, dass..?» auch immer mehr an einstiger Relevanz und Größe zu verlieren. Das ist zwar bei einem Format, welches schon gut drei Jahrzehnte auf dem Buckel hat, generell kein Wunder, doch dass der Verfall so schnell in einer Staffel sichtbar wurde, ist schade und sollte beunruhigen. Das tut es ganz offenbar auch, denn das ZDF hat nach dem Mallorca-Tiefpunkt im Juni Veränderungen für die neue Staffel ab Samstag angekündigt.
So sollen zum einen die Stargäste wieder prominenter werden. Das ist gut so, denn die Auswahl der Wettpaten war tatsächlich auch qualitativ schlechter geworden, sodass die Show billiger wirkte. Leute wie Paul Panzer, Joey Heindle oder die Geissens haben einfach nichts bei «Wetten, dass..?» zu suchen. Mit ihnen wäre das Ansehen der Sendung weiter gesunken. Außerdem sollen die Stars wieder einzeln auftreten. Das tut zwar dem Glamour gut, ist aber abträglich für das Konzept, denn so können die Wettpaten nicht mehr bei allen Wetten einer Show Geld für ihre Kandidaten ertippen. Die Lanz-Challenge soll, zumindest vorerst, gestrichen werden. Das war überfällig. Die Couch soll wieder fest auf einem Teppichboden stehen und einen neuen, gemütlicheren Tisch und größere Kissen erhalten. So etwas war nicht zwingend nötig, dürfte aber auch nicht abträglich sein. Neue Autoren und der erfahrene ZDF-Veteran Oliver Heidemann als neuer Redaktionsleiter sollen die Inhalte besser auf die Show und Lanz abstimmen, was in der Tat dringend vonnöten ist. Zudem soll Markus Lanz künftig ohne Assistentin auskommen. Das ist aus besagten Gründen nicht gut, aber immerhin sind die Zuschauer die unpassende Cindy los und wird Michelle Hunziker wenigstens einmal als Assistentin fungieren, weil sie noch eine Wettschuld aus Mallorca einzulösen hat. Eventuell wird da ja mehr draus. Zuletzt sollen, man kennt es irgendwoher, die Kandidaten und ihre Wetten wieder stärker im Mittelpunkt stehen. Hoffentlich klappt das diesmal mit mehr Willen des Moderators.
Dieser Moderator soll jedoch auch in der neuen Staffel wieder Markus Lanz heißen. Gerade dieser Umstand wird wohl alle inhaltlichen Veränderungen neutralisieren. Es ist kaum davon auszugehen, dass Lanz in seiner zweiten Staffel auf einmal seinen Charakter hin zum glänzenden Showmaster ändern wird, wenn er das in den sieben Folgen der ersten Staffel schon nicht geschafft hat. Insofern können die Macher von «Wetten, dass..?» inhaltlich tun, was sie wollen – solange Lanz bleibt, wird das alles kaum fruchten. Das Show-Flaggschiff braucht einen selbstbewussten Kapitän mit Elan, Ausstrahlung und Witz, der den Laden zusammenhalten und angemessen repräsentieren kann. Weil so eine eierlegende Wollmilchsau jedoch gerade in heutigen Fernsehzeiten nur schwer zu finden und auch sonst niemand Brauchbares heiß auf den Unterhaltungsthron ist, darf und muss Lanz wohl oder übel erst einmal weitermachen. Die bittere Wahrheit lautet: So schnell findet das ZDF einfach keinen anderen. Nun ist Lanz zwar auch kein Totalausfall, der tatsächlich so schnell wie nur eben möglich ausgetauscht werden müsste, aber er ist nach seiner ersten Staffel leider durchaus als Fehlbesetzung zu bezeichnen. Deshalb wäre das ZDF gut damit beraten, sich zumindest langfristig nach einer Alternative umzusehen. Kurt Krömer wartet schon...