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Die Gewinner des diesjährigen Deutschen FernsehpreisesPro von Manuel Nunez Sanchez:
Dass der Deutsche Fernsehpreis nicht die letzte Instanz bei der qualitativen Bewertung des deutschen TVs ist, stellte er in diesem Jahr mit der Nominierung von «Berlin - Tag & Nacht» als Beste Unterhaltung Doku / Dokutainment unter Beweis. Somit ist die Referenz, auf deren Grundlage wir diese Diskussion führen, durchaus zweifelhaft. Auch wäre es zu einfach, nun eine verbale Schelte auf sämtliche Ergüsse privater Sendestationen zu starten, denn wer eifrig sucht, findet auch hier noch immer Sendungen, die mit großem Aufwand und viel Herzblut produziert werden: Im Showbereich sind hier allen voran «The Voice» und «Schlag den Raab» zu nennen, im Serienbereich kann man Produktionen wie «Pastewka» und «Danni Lowinski» anbringen, im Sektor Comedy wäre eine Nominierung für «Circus HalliGalli» nachvollziehbar und selbst im zuletzt eher vernachlässigten Genre Fernsehfilm zeigte «Der Minister» kürzlich, wie man Unterhaltung und Qualität unter einen Hut bringen kann.
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Deutlich nachgelassen haben insbesondere RTL und Sat.1 auch bei der Produktion kostenintensiver Event-Filme, mit denen die Sender noch vor wenigen Jahren ihre Reputation und Relevanz steigerten. Mit immerhin acht Millionen Euro ließ sich der Kölner Privatsender das vor wenigen Tagen ausgestrahlte «Helden» einiges kosten - leistete sich damit allerdings einen absoluten Fehlgriff, denn der aufwändige TV-Film präsentierte sich als ein unfreiwillig komisches Trash-Spektakel ohne jeden Mehrwert, dafür jedoch mit unterirdischen Schauspielleistungen und katastrophalen Dialogen. Ein Beispiel gefällig? "Ich bin nur Krankenschwester, ich kann nicht operieren." - "Doch, kannst du." - "Stimmt." Es ist bezeichnend, dass man auch hier keine Hemmungen hatte, dieses televisionäre Höllenfeuer auf die Zuschauer loszulassen - von derartigen Hemmschwellen scheint sich der Sender ohnehin bereits seit Jahren verabschiedet zu haben. Etwas besser sieht es in dieser Beziehung für Sat.1 aus, das mit «Der Minister» und «Nichts mehr wie vorher» zuletzt Achtungserfolge feiern konnte. Dafür hapert es in Sachen deutsche Serie, wo «Der letzte Bulle» und «Danni Lowinski» allmählich etwas in die Jahre kommen und Alternativen nach wie vor nicht in Sicht sind.
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Somit sieht es unterm Strich in Sachen Innovation in der Tat sehr düster aus für die deutschen Privatsender, die bereits seit Jahren immer stärker darauf fixiert sind, möglichst kostengünstige Unterhaltung zu produzieren. Wirtschaftlich mag dies legitim und nachvollziehbar sein, doch es schadet der Reputation der Sender gravierend. Und dass die kollektive Verweigerung von Substanz und Qualität einem Sender mittelfristig auch hinsichtlich seiner Einschaltquoten schadet, bekommt derzeit RTL eindrucksvoll zu spüren, das inzwischen sogar beim werberelevanten Publikum um seine Vormachtstellung bangt. Es wäre wünschenswert, wenn dieser Quotenverfall die Programmverantwortlichen des Senders dazu animiert, eine Innovationsoffensive zu starten. Doch so wünschenswert dies aus der Sicht eines Medienjournalisten ist, so unrealistisch scheint es aus der Warte eines in erster Linie profitorientierten Programmchef.
Contra von Fabian Riedner:
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Ein anderes extremes Beispiel ist «Ich bin ein Star - Holt mich hier raus», das RTL am Jahresanfang zeigt. Im Vordergrund dieser Show stehen eigentlich Prominente, die in der Wildnis überleben müssen. RTL hat den Spieß allerdings umgedreht und nimmt sich selbst nicht ganz ernst. Mit hervorragenden Gag-Autoren, weitläufigen Locations und einem symphytischen Moderatoren-Duo wird eine lustige und unterhaltsame Show produziert. Das muss nicht immer Grimme-Preis-verdächtig sein, ansprechend ist es aber dennoch.
Dennoch müssen TV-Sender auf ihre Kosten achten und können nicht in allen Bereichen hervorragendes Fernsehen produzieren. Eine Doku-Soap am Nachmittag muss eben günstiger sein als ein Vorabendmagazin. Wer sich mit dem Fernsehen am Nachmittag nicht identifizieren kann, der muss es schlichtweg nicht schauen. Menschen, die sich über «Trovatos», «Familien in Brennpunkt» oder ähnliches aufregen, die können zu Sitcoms bei ProSieben oder Drama-Serien bei kabel eins ausweichen.
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Es ist nicht besonders verwerflich, dass Privatsender, die gewinnorientiert sind, nicht Millionen für Krimiserien und -reihen investieren. Zuletzt hat Sat.1 mit der internationalen Koproduktion «Crossing Lines» ein inhaltlich gutes Ergebnis abgeliefert, wenngleich dieses nicht an «Verbrechen» heran reicht. Doch die öffentlich-rechtlichen Sender haben nun einmal ein größeres Budget, sodass große Tests erlaubt sind.