Hingeschaut

(Rund) 100 Sendeminuten, die die Musikwelt braucht

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Endlich wieder gutes Musikfernsehen auf einem Vollprogramm: Mit «100 Songs, die die Welt bewegten» präsentiert VOX eine niveauvolle, kurzweilige Musikdokumentation.

VOX hat Musik im Programm

Neben «100 Songs, die die Welt bewegten», wird VOX in dieser Saison noch das neue Format mit Xavier Naidoo, «Die besten Sänger» ausstrahlen. Darin begrüßt der Frontmann der "Söhne Mannheims" Musiker, redet mit ihnen und alle zusammen singen Lieder der anderen.
Wenn sich eines der Vollprogramme dem Thema Musik widmet, dann wird entweder im Ersten und im ZDF zünftig g'schunkelt und die schöne Heimat besungen, oder Oliver Geissen präsentiert bei RTL ein mehr oder weniger haarsträubendes Countdownthema, zu dem zahllose Promis in der Bluebox süffige Kommentare abgeben. Ansonsten dient Musik bloß als Lückenfüller in Unterhaltungsshows und kommt nahezu ausschließlich in Form aktueller, radiotauglicher Popmusik daher.

Mit der mehrfach verschobenen, neuen Musik-Dokureihe «100 Songs, die die Welt bewegten» bringt VOX Musikfreunden nun endlich wieder ein neues Format abseits der Spartensender. Entgegen der ersten Vermutungen, die der Titel vielleicht wecken mag, handelt es sich bei der Produktion der DEF Media GmbH nicht um eine weitere Rankingshow, sondern um eine kurzweilige, dennoch informative Musik-Retrospektive. Jede der acht Ausgaben widmet sich einem losen Überthema, zu dem eine Handvoll Songs ausgewählt wurden. So stand die am Dienstagabend ausgestrahlte Premierenfolge unter dem Motto „Die heißesten Hits“ und nahm dies als Sprungbrett, um sich ausführlich mit den Liedern „Like a Virgin“, „Sledge Hammer“, „Sex Machine“, „Y.M.C.A.“, „Can't Get You Out of My Head“, „Hound Dog“ und weiteren Titeln zu befassen.

Gemessen an der Sendezeit von nahezu zwei Stunden (inklusive kurzer Werbebreaks) fällt bei «100 Songs, die die Welt bewegten» die Auswahl an pro Episode thematisierten Songs angenehm klein aus. Die Bandbreite ist groß genug, um sämtliche Facetten des Themas auszuleuchten, doch überschaubar genug, um (anders als etwa bei der «ultimativen Chart Show») bei den einzelnen Titeln ins Detail zu gehen. Denn passend zu jedem vorgestellten Lied werden auch die Werdegänge der dahinterstehenden Künstler besprochen. Darüber hinaus wird ergründet, weshalb sich ein Song in der jeweiligen Ausgabe wiederfindet, denn die für die Titelauswahl verantwortlichen Musikexperten haben es sich nicht zu einfach gemacht.

Dass bei den „heißesten Songs“ das Thema Sex im Vordergrund steht, dürfte fast selbstredend sein, und es dürfte wenige Zuschauer überraschen, dass daher „Sex Bomb“ oder „Sex Machine“ schon allein aufgrund des Songtitels aufgegriffen werden. Kylie Minogues „Get Out Of My Head“ wiederum verdient sich seinen Platz in dieser Ausgabe mit seinem lasziven Musikvideo. Dass Lieder wie Chubby Checkers „The Twist“, vom US-Billboard-Magazin zum größten Hit aller Zeiten gewählt, aber ebenfalls einst die Sittenwächter erzürnte oder Peter Gabriels „Sledge Hammer“ voller Doppeldeutigkeiten steckt, dürfte sich nicht jedem Zuschauer auf Anhieb erschließen.

Doch es ist nicht nur allein die teils überraschende, doch stets nachvollziehbare Songauswahl, die «100 Songs, die die Welt bewegten» im Zusammenspiel mit den ambitioniert geschriebenen Künstler-Miniporträts, die dieses neue VOX-Format sehenswert macht. Auch die Auswahl der kommentierenden Promis macht vor, wie Bluebox-Kommentare aufgehen können. Während Musiker wie Mrs. Greenbird, Westbam oder Mousse T. oder Insider der Plattenindustrie für Kennerkommentare zuständig sind und zusätzlich zum redaktionellen Beitrag Informationen oder Einschätzungen liefern, dienen sonstige Promis als „Stimme des Volkes“. VOX-Moderator Jochen Schropp, Ruth Moschner oder Enie van de Meiklokjes mögen auf dem ersten Blick in solch einer Musikdoku mit hohem Selbstanspruch deplatziert sein, da aber alberne und nichts aussagende Kommentare wie bei der «ultimativen Chart Show» ausbleiben, erfüllen sie sehr wohl einen Zweck: Stellvertretend für das TV-Publikum erläutern sie, wie die einzelnen Songs auf Musikfreunde wirken, die weder Musikjournalist sind, noch selber Musik machen.

Alles in allem füllt «100 Songs, die die Welt bewegten» eine Lücke, die derzeit im Musik thematisierenden Fernsehen besteht: Nicht so knallig wie Dokus von MTV oder VIVA, nicht so intellektuell wie Reportagen bei ZDF.kultur und nicht so oberflächlich wie die üblichen Musiksendungen auf den Vollprogrammen. Für jeden Musikfreund, der nicht bereits alles weiß und daher auf kurzweilige Weise mehr lernen möchte, ist «100 Songs, die die Welt bewegten» daher ein löblich ausgewogener TV-Tipp.

«100 Songs, die die Welt bewegten» ist dienstags ab 21.15 Uhr auf VOX zu sehen.

Kurz-URL: qmde.de/66634
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