
So werden für die Sendung keine unerfahrenen, jungen Mädchen gesucht, die zum Großteil ihren Traum vom Leben als gefeiertes Topmodel derart exzessiv leben, dass sie zugunsten der televisionären Vermarktungsmaschinerie erhebliche Teile ihres Charakters und ihrer Selbstachtung freiwillig hergeben, um bei Queen Klum und ihrer bedeutungslosen Gefolgschaft Eindruck zu schinden. Stattdessen begibt man sich auf die Suche nach Modedesignern, die in der Regel bereits deutlich mehr Erfahrung vorzuweisen haben und bei denen sich die Auseinandersetzung mit der Mode nicht darin erschöpft, die großen Stars frenetisch zu feiern. Entsprechend selbstbewusst treten die Teilnehmer auf.
Die Macht über die Zukunft dieser insgesamt 21 Personen (wovon jedoch in der Auftaktfolge nur zehn präsentiert werden) innerhalb des Formats obgliegt jedoch auch in diesem Falle einer Reihe von Experten. Auf der einen Seite gibt es da die drei Mentoren Schiffer, Uta Huesch und Sascha Lilic, die in erster Linie damit beschäftigt sind, in Kontakt mit den Designern zu treten und ihnen Tipps bezüglich der Präsentation ihres Angebots zu geben. Doch eine noch bedeutendere Rolle nehmen letztlich drei Vertreter der Modeketten Asos, Karstadt und S. Oliver ein, welche die Produkte der Kandidaten käuflich erwerben müssen - oder dies eben nicht tun und somit gegen die Ergüsse des jeweiligen Designers votieren. In dieser Bieterrunde sind die Mentoren nur insofern in die Entscheidungsfindung involviert, dass sie regelmäßig kund tun, wie spannend und speziell das Angebot ihrer Schützlinge doch eigentlich ist.

Okay, denkt man sich als Zuschauer, bislang ist das ja alles ganz nett. Die Vertreter der Kaufhäuser wirken ernsthaft an den Produkten interessiert, wissen ihre Entscheidung nachvollziehbar zu begründen, die Mentoren haben ein solides Repertoire an Plattitüden anzubieten, wenn es für die Designer nicht zum erhofften Deal kommt und die optische Aufmachung ist - wenngleich etwas effektüberladen - modern und stimmig. Gätjen setzt seine zuletzt immer ordentlichere Arbeit von «Schlag den Raab» in dieser Sendung fort, zeigt das eine oder andere mal sogar so etwas wie emotionale Regung in seiner Moderation, macht das Gesehene unterm Strich allerdings weder besser noch schlechter. Der Fokus liegt klar auf der Beurteilung der modischen Kreationen, inszenierte Dramen oder das Ausschlachten persönlicher Befindlichkeiten lässt die Sendung komplett aus.
Das ist alles angenehm, gut gemacht und bietet kaum Angriffsfläche. Doch das große Problem der Show ist, dass man sie bereits nach einer halben Stunde beinahe komplett durchschaut hat und sie fortan keinerlei Innovationen mehr bietet. Bei jedem Kandidaten spult man das Standardprogramm nach Schema F runter und wenn nicht zufällig einer der in doch recht üppiger Zahl vorhandenen Mode-Experten die eine oder andere amüsante Bemerkung fallen lässt, beschränkt sich der Unterhaltungswert des Zuschauers auf das Begucken der Kleidungsstücke sowie auf die Frage, ob diese bei den Käufern auf Interesse stoßen. Doch da man ein recht hohes Tempo vorlegt, haben die Designer kaum die Möglichkeit, sich beim Zuschauer beliebt oder unbeliebt zu machen - weshalb es ihm letztlich auch recht egal ist, ob er sich gleich das Weiterkommen sichert oder doch in den Showdown muss.

Insgesamt ist «Fashion Hero» ein deutlich angenehmeres und medienethisch weniger fragwürdiges Format als «Germany's Next Topmodel», aber im Gegensatz zur Klum-Show fehlen hier noch die großen Momente, die das Massenpublikum zum Einschalten bewegen. Schaut man diese Sendung, dann nicht, um sich an der Unfähigkeit junger Mädchen zu erfreuen oder um mehr oder minder authentische Zickenkriege mitzuerleben, sondern aus reinem Interesse an modischen Schöpfungen sowie der Beurteilung dieser. Damit ist man gegenüber dem gespenstisch öden «Das perfekte Model» noch immer deutlich überlegen, doch es bleibt zu bezweifeln, ob die gegenüber Heidi Klum deutlich nahbarere Claudia Schiffer mit dieser Show ohne große Highlights tatsächlich langfristig Zuschauer binden kann.