Senderaufteilung in den USA
Network TV (ABC, NBC, CBS, FOX, CW)Finanzieren sich fast ausschließlich über Werbung und sind damit stark abhängig von Einschaltquoten. Inhalte unterliegen der Prüfung durch die FCC und sind damit stark reglementiert. Die Sender sind frei empfangbar.
Basic/Standard Cable (z.B. USA Network, AMC, FX)
Finanzieren sich über Werbung und Gebühren der Kabelkunden. Da Inhalte nicht der FCC-Reglementierung unterliegen, dürfen die Serien generell authentischer und expliziter sein.
Premium Cable (z.B. HBO, Showtime)
Finanzieren sich zum großen Teil über Abo-Gebühren und sind damit am unabhängigsten von Einschaltquoten. Auch sie unterliegen nicht der Prüfung durch die FCC.
Gern wird in den USA vom „Golden Age of Television“ gesprochen, dank der zahlreichen Qualitätsserien, die uns Zuschauer Jahr für Jahr begeistern. Dieses goldene Zeitalter ist vor allem eines der Kabelsender: Fast ausschließlich sind sie für die starken Serien und Programme verantwortlich – ohne «Breaking Bad», «Game of Thrones», «Mad Men» und Co. hätte das Fernsehen vielleicht auch in den USA eine Relevanzdiskussion. Bisher bleibt sie aus, und wird es auch auf absehbare Zeit bleiben: Dank der Serien beweist Fernsehen im digitalen Zeitalter seine Stärke und zeigt, wo seine Zukunft liegt.
Dass die Zukunft vor allem nicht im Network-TV liegen könnte, wird in diesen Wochen eindrucksvoll bewiesen: Kürzlich erzielte «Breaking Bad», eine Serie beim Kabelsender AMC, mit rund zehn Millionen Zuschauern die beste Reichweite aller Zeiten – mit der Finalepisode. Umgekehrt läuft es derzeit bei den Networks: Nach starken Anfangsquoten verlieren fast alle neuen Serien massiv Zuschauer, es ist kaum ein neuer Serienhit bei ABC, CBS, NBC oder FOX zu erkennen.
Schon die Midseason verlief für die Sender äußerst schlecht, Absetzungen waren an der Tagesordnung – beispielsweise «Do No Harm», eine Jekyll-und-Hyde-Geschichte, die zwei Wochen durchhielt, oder «Zero Hour», eine Verschwörungsserie, die drei Wochen überlebte. Derzeit, in der neuen Herbst-Season, erleben wir kaum einen durchschlagenden Serienerfolg: Das Marvel-Format «Agents of Shield» ist auf dem besten Weg, seine Zuschauerzahl innerhalb weniger Wochen zu halbieren. Desaströs gestalten sich alle NBC-Neustarts, darunter auch solche prominenten wie der von Michael J. Fox. Wenige Ausnahmen bleiben die Regel, darunter «Sleepy Hollow», das fast als einziger Neustart einen Erfolg aus eigener Kraft schaffte.
Vorbei die Zeiten, in denen zahlreiche Formate locker zehn Millionen Zuschauer und mehr erreichten. Auch scheint es derzeit fast unmöglich, dass neue Hits entstehen, also Serien, über die gesprochen wird, die Trends schaffen und die ein Zeichen setzen würden gegen den vermeintlichen Niedergang des Network TV. Doch solche Hits – «Lost» (Foto), «Grey’s Anatomy», «NCIS» – sind im Drama-Bereich lange her. Stattdessen scheitert ein ambitionierter Neustart nach dem nächsten. Die Branchen-Website „TVbyTheNumbers“ veröffentlicht wöchentlich einen Index, in dem die Erfolgschancen von Network-Serien auf neue Folgen errechnet werden. Unter den 34 Serien, für die eine weitere Staffel wahrscheinlich ist, befinden sich derzeit gerade einmal sechs Neustarts – zwei davon sind Comedys, die im Anschluss an den Quotenhit «The Big Bang Theory» gesendet werden und damit die größtmögliche Schützenhilfe bekamen. Und zwei kommen von The CW, das sich mit geringen Reichweiten zufrieden gibt. 17 Neustarts dagegen sind in Absetzungsgefahr oder bereits eingestellt worden.
Und die Kabelsender? Während des tumultigen Jahres 2013 für die Networks gibt es hier kaum Absetzungen zu beklagen, im Gegenteil: Der Fernsehfilm «The Bible» stellte im März neue Quotenrekorde für das Cable-TV auf, Serienstarts wie «Vikings», «Ray Donovan», «Masters of Sex», «The Americans» und «The Bridge» schlugen ein und wurden größtenteils bereits für weitere Staffeln verlängert. Nicht zu vergessen bleibt «House of Cards», das zwar nicht bei einem Kabelsender ausgestrahlt wird (sondern im Internet), das aber ebenfalls zeigt, dass herausragendes Fernsehen wieder einmal nicht bei den Networks zu finden ist.
Gleichzeitig mit den vielen erfolgreichen Neustarts sind es gerade auch die etablierten Serien, die immer neue Zuschauer dazugewinnen: Nicht nur holte «Breaking Bad» in seiner letzten Staffel die höchsten Quoten aller Zeiten, das Phänomen ist ähnlich auch bei anderen Formaten zu beobachten: Das Drama «Sons of Anarchy» stellt regelmäßig neue Rekorde auf, ebenso «American Horror Story», das kürzlich mehr als fünf Millionen Fans unterhielt – zuvor hatte der Bestwert bei nicht einmal vier Millionen gelegen. Ein Paradebeispiel ist «The Walking Dead», die derzeit erfolgreichste Drama-Serie im gesamten (!) amerikanischen Fernsehmarkt: 16 Millionen schalteten die Staffelpremiere jüngst ein. Gegenüber dem Serienstart vor drei Jahren hat sich die Zuschauerzahl damit verdreifacht – eine Erfolgsstory, die auf diesem Niveau nur (noch) im Kabelfernsehen zu finden ist.
Fakt ist: Viele der Kabelserien erreichen mittlerweile Zuschauerzahlen, die die meisten Networks gern hätten. Denn stark sind die Kabelprogramme in den werberelevanten Zielgruppen, vor allem bei den 18- bis 49-Jährigen. Hier schlug «The Walking Dead» sogar kürzlich ein Live-Footballspiel der NFL. Zum Vergleich: Gibt es in Deutschland irgendeine Serie, die nur annähernd an die Einschaltquoten von den Spielen der Fußball-Nationalelf herankommt?
US-Bürger zahlen mehr als je zuvor für Qualitätsprogramme, sie zahlen normale Kabelgebühren und zusätzlich für das sogenannte Premium-Bezahlfernsehen mit Sendern wie HBO und Showtime. Auch Modelle wie Netflix oder Lovefilm, die mittlerweile in die Serienproduktion eingestiegen sind, werden immer beliebter. Kurz: Unser „Golden Age of Television“ ist zum großen Teil auch durch die Konsumenten finanziert. Das Vertrauen, aufgebaut durch unzählige Qualitätsserien, ist mittlerweile so groß, dass die Menschen gern zahlen. Und zwar im Voraus und in gespannter Erwartung auf das, was in sechs Monaten oder einem Jahr auf die Bildschirme kommt.
Das Verhältnis von Konsumenten und Produzenten ist damit inniger denn je. Schauen wir auf 2007, als HBO die letzte Folge der «Sopranos» ausgestrahlt hat: Medien schrieben über das Ende des HBO-Booms, über sinkende Abonnentenzahlen und mindere Qualität. Trotz solcher Flops wie «John from Cincinnati» erholte sich HBO mit neuen, starken Serien wie «True Blood» und zuletzt «Game of Thrones»; andere Sender wie Showtime holten währenddessen auf. Die Kabelsender lieferten sich immer mehr ein Wettrennen um die beste Story, um die meisten Preise.
Heute, sechs Jahre später, würde niemand mehr auf die Idee kommen, sein Abo wegen einer auslaufenden Serie zu kündigen. Oder das Kabelfernsehen abzubestellen, nur weil das «Breaking Bad»-Finale über die Bildschirme geflimmert ist. Nein, Kabelfernsehen hat sich eine Reputation erarbeitet, die von der Erwartung lebt: Kunden wissen, dass in Zukunft neue Serienhits kommen werden. Und denken daher kaum noch daran, Geld einzusparen. Im Gegenteil: Sie geben für TV-Unterhaltung mehr aus als je zuvor. Und haben mehr davon als je zuvor. Es ist wahrlich ein Modell, das dem Fernsehen eine Zukunft gibt.