Hinter den Kulissen
- Regie: Bill Condon
- Drehbuch: Josh Singer
- Musik. Carter Burwell
- Kamera: Tobias A. Schliessler
- Schnitt: Virginia Katz
- Mit: Benedict Cumberbatch (als Julian Assange), Daniel Brühl (als Daniel Domscheit-Berg), Anthony Mackie (als Sam Coulson), Moritz Bleibtreu (als Marcus) und David Thewlis (als Nick Davies)
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Der exzentrische Ex-Hacker und energische Kämpfer für mehr Transparenz und Freiheit ist es auch, der im November 2007 den Deutschen Daniel Domscheit-Berg als Mitarbeiter rekrutiert. Dieser aufgeweckte und integre Informatiker ist es anschließend auch, der Assange tatkräftig dabei unterstützt, zugespielte Dokumente auf ihre inhaltliche Genauigkeit zu überprüfen und WikiLeaks populärer sowie effektiver zu machen. Bald darauf überschlagen sich die von WikiLeaks verbreiteten Enthüllungen über Wirtschaftskorruption und fragwürdige politische Machenschaften, was Nick Davies, einen ambitionierten Reporter bei der britischen Tageszeitung Guardian, auf das Portal aufmerksam macht. Mit aller Macht will er eine Kooperation mit WikiLeaks in die Wege leiten, doch Assange blockt die Anfragen der seiner Ansicht nach veralteten, trägen Medienwelt ab.
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Aus diesen interpersonalen Konflikten zwischen Assange und seinem einst engsten Mitarbeiter einerseits, dem Wettstreit der vierten mit der fünften Macht andererseits, sowie aus den durchaus komplexen Wertefragen spinnt Regisseur Bill Condon mit «Inside WikiLeaks – Die fünfte Gewalt» ein facettenreiches Stück filmischer Zeitgeschichte. Basierend auf einem Drehbuch des «The West Wing»-Autoren Josh Singer, das Aspekte aus Domscheit-Bergs Enthüllungsbuch über WikiLeaks mit Passagen aus einem Tatsachenbericht der Guardian-Journalisten David Leigh und Luke Harding vermengt, erschafft Condon eine fesselnde Gegenüberstellung sämtlicher Blickwinkel auf die Webseite. Gelungen balanciert der von Assange vorab aufs Schärfste kritisierte Film Kritik, Ehrwürdigung und Indifferenz aus, ohne dadurch den Eindruck zu erwecken, er wolle es allen Zuschauern zugleich recht machen.
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Wenn Condons insgesamt sehr selbstsichere und galante Inszenierung oder Singers wortgewaltiges Drehbuch zwischendurch nachlassen, sei es während des halbseiden umgesetzten Romantik-Subplots oder den nicht voll ausgekosteten Visualisierungen der WikiLeaks-Arbeitswesise, kann sich die Produktion voll und ganz auf Hauptdarsteller Benedict Cumberbatch verlassen. Während das stilistisch zwischen «The Social Network» und «Die Unbestechlichen» angesiedelte Projekt in seiner Gesamtheit letztlich doch ein paar Plattitüden zu viel umfasst, um sich auf Augenhöhe mit seinen Vorbildern zu begeben, ist Cumberbatchs Performance makellos. Mit fast hypnotischer Präzision zeichnet er Assange als einen sensiblen sowie begabten Netzaktivisten, der seine Ambitionen und Traumata nicht unter Kontrolle hat. Als kühl-kalkulierender Despot mit unnachgiebigem Antrieb, für mehr politische Transparenz und Fairness zu kämpfen, ist Cumberbatchs Assange ebenso Held wie Fiesling, mit seinen durch nervöse Ticks unterstrichenen Unsicherheiten ist er genauso bemitleidenswert, wie er aufgrund seiner herrisch-abwertenden Blicke verabscheuungswürdig gerät.
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Der denkwürdigste Moment bleibt dennoch Cumberbatch alias Assange vorbehalten, der hier den bei Filmen über wahre Begebenheiten obligatorischen Texttafel-Epilog unterbricht. Es ist ein selbstreferenzieller Moment, der als kleiner Stilbruch mit dem vorher gesehenen Thrillerdrama ebenso effekthascherisch wie kongenial ist. Der semi-fiktionale, aktuelle Kommentar zum Film findet noch vor dem Abspann den Weg ins Kino – wäre Assange ob der bloßen Existenz dieser internationalen Koproduktion nicht dermaßen beleidigt, hätte er vielleicht sogar Gefallen daran.
«Inside WikiLeaks – Die fünfte Gewalt» ist ab dem 31. Oktober 2013 in vielen deutschen Kinos zu sehen.