Hinter den Kulissen
- Produktion: FFP New Media
- Drehbuch und Regie: Thomas Bohn
- Kamera: Martin Schlecht
- Produzent: Michael Smeaton
In einer temporeichen Verfolgungsjagd kann das Erfurter Ermittlerduo Kriminalhauptkommissar Henry Funck und Kriminaloberkommissar Maik Schaffert den mutmaßlich mehrfachen Frauenmörder Roman Darschner festnehmen. Eine Frau scheint dem Mörder jedoch noch vor seiner Ergreifung zum Opfer gefallen zu sein: Die schöne Studentin Anna Siebert, 24, wurde erschlagen an der Gera aufgefunden. Gemeinsam mit der unerfahrenen Polizei-Praktikantin Johanna Grewel, die ihnen von ihrer Chefin, Kriminaldirektorin Petra „Fritze" Fritzenberger, sprichwörtlich vor die Nase gesetzt wurde, brechen die Kommissare zum Tatort auf.
Die ersten Ermittlungen deuten darauf hin, dass Anna, wie die anderen Frauen, gequält und umgebracht wurde. Doch warum hat Darschner sein Opfer diesmal nicht komplett ausgezogen? Sollte er gestört worden sein? Darschner selbst weist jede Beteiligung an allen Morden zurück.
Die Durchsuchung von Annas kleinem Studentenzimmer zeichnet ein ungewöhnliches Bild der Toten: Anna Siebert hatte nicht nur teure Klamotten, auch bereitete sie offenbar einen Umzug in eine große, neue Mietwohnung vor. Lisa Kranz und Valerie Bultmann, zwei Bekannte aus Annas Umfeld, beschreiben die Tote zudem als einen Menschen, der andere für seine Zwecke benutzte.
Woher hatte eine Studentin so viel Geld? Ein reicher Freund, ein „Sugar Daddy"? War Anna wirklich die letzte getötete Frau des Roman Darschner? Oder wurde sie Opfer eines anderen Gewaltverbrechens?
Darsteller
Friedrich Mücke («Add a Friend») als Kriminalhauptkommissar Henry Funck
Benjamin Kramme («Der Gewaltfrieden») als Kriminaloberkommissar Maik Schaffert
Alina Levshin («Kommissar Stolberg») als Johanna Grewel
Kirsten Block («Hauptstadtrevier») als Petra Fritzenberger
Henriette Confurius («Die Holzbaronin») als Lisa Kranz
Florian Bartholomäi («Der Vorleser») als Michael Danckert
Karoline Schuch («Der letzte Bulle») als Valerie Bultmann
Kritik
Die Junge Union hat es schon lange gefordert – und nun hat sie endlich bekommen, was sie so sehr wollte. Einen «Tatort» aus Thüringen. Der MDR hat aufgeräumt.
Jung sind sie, die neuen Ermittler. Und etwas steif, noch etwas ungelenk, etwas zu durchgeplant, zu berechnet und zu berechenbar. Kurz: richtig, richtig tatortig. So tatortig, dass es einen fast umhaut.
Henry und Maik heißen die männlichen Parts des neuen Teams und sehen so aus, wie sich öffentlich-rechtliche Fernsehredakteure den Geschmack etwas jüngerer Zuschauer eben so vorstellen. Der eine adrett, der andere etwas schlechter rasiert und etwas verschrobener, beide durchtrainiert, mit dem Herz auf dem rechten Fleck, aber manchmal auch mit einer etwas kurzen Zündschnur, wenn der Triebtäter aufgemuckt hat. Wirkt männlich, aber ideenlos.
Für's Schnuckelige hat einer der beiden, Henry, der Adrette, noch eine Tochter. Alleinerziehende Väter wirken modern in Krimis. Für den kleinen Sub-Plot-Arc hat er ein Auge auf seine (blöderweise verheiratete) Nachbarin geworfen. Ein Man's Man, aber nicht aus dem vorigen Jahrhundert, soll das wohl suggerieren. Dass er im Rahmen seiner Ermittlungen auch um ein Haar mit einer Zeugin im Bett landet, soll diesen Eindruck wohl noch weiter forcieren. Wenn da die Jungen nicht einschalten, wo sonst?
Um all dem bemüht modern-männlichen Testosteron etwas entgegenzuwirken, lässt man die beiden aber nicht allein auf den sonntagabendlichen ARD-Zuschauer los. Eine Frau muss her. Und weil wir schon zwei Kommissare haben und zwei Kommissare bei den meisten «Tatorten» ohnehin schon einer, manchmal gar zwei, zu viel sind, hat sie einen anderen Titel: Praktikantin. Background: ambitionierte Jurastudentin, die mal zur Staatsanwaltschaft will. Eine Akademikerin. Grandios. Und wie sind die so drauf, diese Akademiker? Richtig: Sie liegen einem immer mit schwer verständlicher Fachterminologie in den Ohren. Genau wie diese Johanna Grewel, die, nachdem sie der erschütterten Studentin gerade vom Tod deren Mitbewohnerin erzählt hat, irgendwas von Blutzirkulation und Schock faselt. Hochintelligent, aber lebensfremd. Unfassbar, diese Charaktertiefe.
Jung ist am neuen MDR-«Tatort» allenfalls das Lebensalter der Hauptdarsteller. Alles andere ist dagegen ziemlich altbacken, ohne Charme, ohne Esprit. Es fehlt an Einfällen, inhaltlich wie ästhetisch. Stattdessen werden die übliche Klischees abgehakt: Wenn junge Studentinnen über größere Geldreserven verfügen, heißt das beim «Tatort» Drogen, Prostitution oder Sugar-Daddy. Und wenn man die Ratlosigkeit der Figuren zeigen will (in „Kalter Engel“ ein Leitmotiv), lässt man sie mit betont nachdenklichem Gesichtsausdruck irgendwo rumstehen – was man hier fast schon auf einer Metaebene deuten könnte.
Am Schluss ist das jedenfalls kein junger «Tatort» geworden, sondern ein Altherrenkrimi mit jüngeren Darstellern. Was schade ist: Denn dieser Cast hätte mehr erlaubt. Und die Dortmunder Kollegen, die in zwei Wochen wieder ran dürfen, haben mit ihren bisherigen zwei Folgen gezeigt, dass das auch narrativ zu stemmen wäre.
Das Erste zeigt «Tatort - Kalter Engel» am Sonntag, den 3. November um 20.15 Uhr.