Kaum einer hasst die Einschaltquoten so sehr wie ein Kritiker. Nicht selten treibt es einen schier in den Wahnsinn, wenn man sehen muss, wie strunzdumme Billigformate in den siebten Quotenhimmel aufsteigen dürfen, während das manchmal intellektuelle, manchmal feingeistige, und manchmal auch nur angenehm, aber mit ehrlichem Anspruch an Qualität unterhaltende Fernsehen vom Publikum nicht angenommen wird, obwohl es großartig ist.
Und dann kommt da Volker Weicker mit seinem Leitmotiv „Fuck you, Quote“. Sogar ein Allzeittiefstwert von sechseinhalb Millionen Zuschauern zwingt diesen Mann nicht in die Knie. Was für ein Regisseur. Es war 'ne geile Show in Leipzig, äh, Halle, was interessieren da die Wasserstandsmeldungen der Branchendienste. Man sieht sich in Augsburg, suckers! Ein Regisseur mit Stehvermögen, wie man ihn sich für's deutsche Fernsehen nur wünschen kann.
Tatsächlich war das eine der besseren «Wetten, dass..?»-Shows der Lanz-Ära. Gut, da wusste Lanz kurz nicht mehr, in welcher Stadt er eigentlich ist, aber bei Gottschalk hätte man das nach einem „Ach, Wurschd“ als charmant eingeordnet. Ansonsten fiel unter die Kategorie „schwer erträglich“ nur Lanz' Gespräch mit Elyas M'Barek, in dem der Talker unbedingt einen Integrationsdialog lostreten wollte. Der Rest war wirklich so oder so ähnlich, wie ihn Weicker in seiner Rundmail an die «Wetten, dass..?»-Mitarbeiter beschrieb: gut, fehlerfrei, kurzweilig. Und die Sitzecke fuhr, dass es eine Freude war.
Die grauen Haare kriegen andere: Thomas Bellut und Norbert Himmler. Denn die müssen die sündhaft teure Show vor dem Gebührenzahler rechtfertigen – und werden deswegen sicherlich nicht zusehen, wie der Leuchtturm der Unterhaltungsabteilung vor sich hin schrumpft. Den neuen Negativrekord wird man vielleicht noch zähneknirschend mitmachen. Doch wenn man sich weiter auf die Fünf vor dem Komma zubewegt – und dann vielleicht sogar noch weiter abrutschen sollte – wird «Wetten, dass..?» zumindest in der jetzigen Form Geschichte sein.
Trotzdem hat Weicker recht, wenn er den Quotendruck aus der Produktion der Sendung heraushalten und intern das Produkt in den Vordergrund stellen will. Das ist ein löblicher Ansatz, denn er schafft ein Klima, das geeignet ist, eine gute Unterhaltungssendung zu produzieren. „Fuck you, Quote“ ist da ein passendes Leitmotiv. Für das ZDF kann es aber nicht gelten.