Auch wenn die Wahl des WDR-Rundfunkrats länger dauerte als geplant und die Entscheidung somit mit etwa einer Stunde Verspätung publik wurde – zur großen Überraschung kam es nicht. Reibungslos verlief die Wahl von Jörg Schönenborn zum WDR-Fernsehdirektor. Der TV-Journalist erhielt 34 der 40 möglichen Ja-Stimmen. Unter seiner Verantwortung sind eine Reihe erfolgreicher Informationsformate entwickelt worden – unter anderem «Hart aber fair» und der «Markencheck». Schönenborn folgt in dieser Position auf Verena Kulenkampff, deren Vertrag Ende April 2014 ausläuft. Und auch die heftig umstrittene bisherige Chefin des privaten Senders Antenne Bayern, Valerie Weber, wurde gewählt. Sie erhielt sogar 40 von 43 möglichen Ja-Stimmen.
Die Rundfunkrats-Vorsitzende Ruth Hieronymi lobte den Mut, den der neue Intendant des Senders, Ex-«Tagesthemen»-Mann Tom Buhrow beim Vorschlag von Weber aufgebracht habe. Eben diesen Mut habe auch der Rundfunkrat gezeigt. Und Valerie Weber, die nach wenigen Minuten der Frage-und-Antwort-Runde direkt zu ihren Kollegen gehen wollte, gab sie mit auf dem Weg, mit dieser Botschaft zu den Hörfunk-Kollegen zu gehen. Vor allem von den Redakteuren der Wellen war ihr in dieser Woche massiver Gegenwind ins Gesicht geblasen worden. Am Mittwoch musste Buhrow sogar auf einer außerordentlichen Sitzung die Gemüter beruhigen.
„Ich nehme das nicht persönlich,“ sagte Weber am späten Freitagnachmittag ruhig und gelassen. „Ich kenne niemanden hier im WDR und niemand kennt mich“, so die bisherige Chefin des erfolgreichsten Privatradiosenders, Antenne Bayern, und fügte an: „Zumindest nicht die, die über mich schreiben und posten.“ Sie sei nun beim WDR, um die Menschen zu gewinnen. Sie wisse, wie glücklich sie bisher bei ihren Stationen mit den Mitarbeitern zusammengearbeitet habe. „Das richtet sich somit auch nicht gegen mich.“ Und von Ärger seitens der Redakteure wollte Weber am Freitag ohnehin nicht sprechen. „Lassen Sie uns einer gewissen Überraschung reden“, sagte die 47-Jährige. Weber versprach viel von den bisherigen Abteilungsleitern lernen zu wollen und dass die Zusammenarbeit kreativ extrem befruchtend sein könne.
Angesprochen wurde sie natürlich auch auf die vielen Gewinnspiele, die sie bei Antenne Bayern ins Programm hob, zuletzt aber schon deutlich zurückgefahren hatte. „Ich bin tatsächlich jemand, der Interaktion im Radio für extrem wichtig hält“, erklärte sie und zitierte Berthold Brecht, der sinngemäß einmal sagte, dass Radio nicht nur senden, sondern auch empfangen und zum Sprechen bewegen solle. „Ich sehe den WDR durchaus als Sprachorgan“, so die neue Hörfunkdirektorin. Sie verwies zudem, dass bereits jetzt im Programm von WDR 3 gespielt werde. „Aber keine Sorge: Weder bei 1LIVE noch bei WDR5 werden Spiele künftig Teil des Programms sein,“ so Weber.
Sie malte bei der Pressekonferenz am späten Freitagnachmittag das Bild des fröhlichen WDR. Unglaublich viele lachendende Gesichter seien ihr am Freitag auf den Gängen begegnet. „Ich bin wirklich sehr neugierig auf meine neuen Kollegen“, erklärte sie, bevor die Fragen dann wieder an Intendant Buhrow gingen. Der wollte nicht von einem Bruch mit der Tradition sprechen, nur weil der Neuzugang von außen kommt. Weber sei etwas auf unfaire Weise entgegengerollt. „Als Peter Limbourg vom Privatfernsehen neuer Intendant der Deutschen Welle wurde, hat auch niemand diese Personalie angezweifelt“, so Buhrow. „Warum soll es dann eine Bedrohung sein, wenn es um den Hörfunk geht?“
Begeistert sei er von der Leidenschaft Webers für den Hörfunk, eine Leidenschaft, die Buhrow auch am Freitagnachmittag gesehen hat. „Sie bringt zudem einige Erfahrung aus dem harten Wettbewerb mit“, freute sich der WDR-Intendant. Wer derweil die nun offene Stelle des Programmchefs bei Antenne Bayern in Ismaning antritt, ist vollkommen offen. Dass der größte deutsche Privatradio-Sender allzu lange ohne Kapitän umherschifft, ist nicht anzunehmen.