Hinter den Kulissen
- Produktion: H & V Entertainment GmbH
- Drehbuch: Alexander Buresch
- nach dem gleichnamigen Roman von Volker Klüpfel und Michael Kobr
- Regie: Rainer Kaufmann
- Produzent: Alban Rehnitz
Eigentlich sollte es ein schöner Sonntagsausflug werden, den Kluftinger da zusammen mit seiner Familie und Yumiko, der neuen Freundin seines Sohns Markus, am Alatsee unternimmt. Aber ein toter Taucher, der gar nicht tot ist, und auch sonst nicht der, für den man ihn hält, verhindert fürs Erste die Familienzusammenführung.
Da sich der Alatsee auf dem Terrain der Füssener Dienststelle befindet, ist Kluftinger bei diesem Fall gezwungen, mit der ungeliebten Kollegin Friedel Marx zusammenzuarbeiten. Und nicht nur, dass die Marx die eingespielten Kräfteverhältnisse in Kluftingers „G'schäft" aus dem Gleichgewicht zu bringen droht. Auch in seiner Familie sieht Kluftinger seine Gewohnheiten infrage gestellt. Mit einer Japanerin als Schwiegertochter in spe hat er nicht gerechnet. Kluftinger hat mit Ängsten und eigenen Vorurteilen zu kämpfen und mit seinen hilflosen Bemühungen, den weltoffenen Allgäuer zu geben.
Der verunglückte Taucher war Mitglied einer Forschergruppe der Uni München, die mithilfe eines wertvollen Tauchroboters die Purpurbakterienschicht des Sees wissenschaftlich untersucht. Er hatte sich dort unter falschem Namen eingeschmuggelt. Aber in der Forschergruppe um Prof. Bittner bleibt er nicht der einzige falsche Student, der hier noch anderes im Sinn hat als rote Bakterien. Neben den Studenten taucht in Kluftingers Ermittlungen schon bald eine Gruppe alter Männer auf, deren Bund in den Zweiten Weltkrieg zurückreicht. Damals betrieben die Nazis geheime Forschungen am Alatsee. Und es wurden schwere rätselhafte Kisten in aller Eile und Heimlichkeit im See versenkt. Wer sich an diese Zeit noch besonders gut erinnern kann, ist der alte Martl, dessen Bruder im Zusammenhang mit den Nazi-Machenschaften am Ende des Kriegs ermordet wurde. Hängt der Fall um Martls Bruder mit dem des untoten Tauchers von heute zusammen? Was haben die Alten mit den Jungen zu tun, und was ist tatsächlich in den Kisten, die auf dem Seegrund liegen?
Neben kraftraubenden Ermittlungen sieht sich Kluftinger auf der Suche nach dem Geheimnis, das auf dem Seegrund schlummert, den mysteriösen Kräften des Alatsees ausgesetzt. Das Gewässer hat sein Qi verändert. Das jedenfalls glaubt der Schamane und Wasserexperte Schnalke, der am See wohnt und ihn bewacht.
Darsteller
Herbert Knaup («Lola rennt») als Kluftinger
Catrin Striebeck («Gegen die Wand») als Marx
Stipe Erceg («Hell») als Schnalke
Johannes Allmayer («Vincent will Meer») als Richard Maier
Jockel Tschiersch («München 7») als Roland Hefele
Hubert Mulzer («Die Welle») als Lodenbacher
Joy Maria Bai («Hopfensommer») als Yumiko
Kritik
Kulturelle Offenheit ist nicht so sein Ding. Vor allem wenn er vor dem prachtvollen Neuschwansteiner Schloss steht und sich mit Bratwürsten vollstopft: da werden Asiaten mit Kameras zum Hassobjekt Nummer Eins. Sollen die doch ihre chinesische Mauer photographieren oder ihren Kilimandscharo. Ach, der steht in Afrika? Wuascht. Nicht nur China, Korea und Japan sind für diesen überkommenen Kluftinger so ziemlich ein und dasselbe – alles, was sich außerhalb vom Allgäu befindet, scheint für ihn unter fremd, andersartig und seltsam subsumiert zu werden.
Klüpfel und Kobr machen mit dieser engstirnigen Ausgangssituation das, was Autoren von Heimatkrimis sehr gerne machen: Sie versuchen, dieser Bigotterie etwas Charmantes abzugewinnen. Was an einem aufgedunsenen Bratwurstfresser aus dem kleinbürgerlichen Milieu charmant sein soll? Gute Frage. Vermutlich würde man das bei der ARD mit dem Schlagwort „authentisch“ beantworten.
Authentisch ist er nämlich, dieser Kluftinger. Das muss man ihm lassen. Dass er am Steuer über die „g'schissen Reisschüsseln“ aus Asien herzieht und seinem Sohn, der mit einer Asiatin liiert ist, ein debiles „Was willsch denn mit die ganzen Japaner“ an den Kopf wirft, ist durchaus nicht ganz so weit von dem entfernt, wie sich der alte Schlag im ländlichen Süddeutschland manchmal gibt. Nur: Charmant ist das nicht. Sympathisch sogar noch weniger. Was dieser Kluftinger aber doch irgendwie sein soll.
Allzu viel mehr als das Reaktionäre, das Aus-der-Zeit-Gefallene gibt es an dieser Figur nicht auszumachen. Im Sushi-Restaurant soll er mit Stäbchen essen. Mein Gott, was diese moderne kosmopolite Welt so von einem abverlangt, denkt er sich dabei. Und die Autoren denken sich: Boah, wie witzig. Der alte Mann versucht mit Stäbchen zu essen. Wenn das mal nicht der Gipfel der Situationskomik ist.
Ist es natürlich nicht. Aber das hat hier niemanden gestört. Stattdessen stellt sich wieder einmal die Frage: Wie sehr will der Heimatkrimi das bigotte Überkommene zum Charmanten, liebenswert Rückständigen verklären? Während Kluftinger sich mit seinen Stäbchen abmüht, fordert er Yumiko dazu auf, ruhig auf japanisch zu bestellen. „Sie soll sich ja ganz wie zu Hause fühlen“. Yumiko, die hervorragendes Deutsch spricht, kommt der Aufforderung aus (asiatischer?) Höflichkeit nach. Aber die Kellnerin versteht sie nicht. Sie ist Vietnamesin. Ein kleiner Disclaimer der Autoren, den man an dieser Stelle ausmachen kann: Ja, wir haben verstanden, und nein, wir sind nicht so drauf wie dieser altbackene Kluftinger, soll das bedeuten.
Ein bisschen spannend ist «Seegrund», der dritte Film der Allgäu-Krimi-Reihe, sogar. Ein bisschen witzig hier und da auch. Aber „hier und da“ heißt eben Stückwerk; der große Wurf ist das nicht im Entferntesten. Am Schluss ist man vielleicht authentisch – und wenn er sich nicht gerade an einer müßigen DeNiro-Persiflage („Schwätzsch du mit mir?“) verhebt, kann auch Herbert Knaup einen nicht geringen Teil dazu beisteuern. Aber wie unterhaltsam ist das schon, einem mosrigen alten Mann dabei zuzuschauen, wie er sich am Füssener Alatsee einen nach dem anderen ermittelt und die Welt nicht mehr versteht?
Das Erste zeigt «Seegrund» am Donnerstag, den 28. November um 20.15 Uhr.